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Erkenne dich selbst. Der Rest kommt (fast) von allein.

29. November 2009

Retroflektion und Introflektion

In folgenden zwei Artikeln möchte ich mich mit den zwei aus der Gastalttherapie kommenden Begriffen Retroflektion und Introflektion beschäftigen. Ich mache das vor allem ausgehend von Peter Bluckerts Buch Psychological Dimensions of Executive Coaching. Beide Begriffe deuten auf Verhaltensweisen, die es uns erschweren, mit Konflikten abzuschließen. Diese Vermeidungsstrategien sind in Coaching-Situationen zu erwarten und bei Auftreten durch Bewusstmachung zu bearbeiten.

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Retroflektion und Introflektion I

Retroflektion
Wir wenden Sachen (z.B. Konflikte), die eigentlich nach Außen gehören, nach innen und erschweren es so, solche Sachen abzuschließen. Z.B.: Wir haben ein Problem mit einer Kollegin und anstatt dieses Problem mit ihr anzusprechen, unterlassen wir das, weil wir meinen, es wäre unklug oder gar schädlich, dort rumzustochern und eventuell Dinge zu verschlimmern. Als Konsequenz wenden wir den Konflikt nach innen und verhindern so, dass er gelöst werden kann. Statt dessen werden wir übervorsichtig mit der Kollegin oder manifestieren Vorurteile, die unser Verhalten dieser Kollegin gegenüber merkwürdig/unbegründet ablehnend erscheinen lassen kann.

Retroflektion und Introflektion II

Introflektion
Das Internalisieren von Überzeugungen, Werten und Anforderungen ist ähnlich wie die Retroflektion bereits ein Nebenprodukt des Lernens im Kindesalter. Bluckert bringt das Beispiel von der Überzeugung, dass man die Finger nicht in die Steckdose stecken soll als ein Beispiel solch einer nützlichen Introflektion. Überblickend betrachtet, halte ich die Introflektion jedoch für ein sehr virulentes Problem unserer Zeit. Die angeblichen Notwendigkeiten der Leistungsgesellschaft bauen zu einem großen Teil auf der ungefragten Übernahme von Überzeugungen, Werten und Anforderungen auf. Durch Introflektion unterwerfen wir uns leicht dem Common Sense und öffnen uns so verschiedenen Formen von Ausbeutung.

12. November 2009

Der Choleriker im Büro

Illustration: Martin Rathscheck

Auf Arbeit ist der Choleriker am wahrscheinlichsten auf der Chefetage anzutreffen. Er ist eine geborene Führungspersönlichkeit. Er hat wenig Skrupel Bleistifte zu zerbrechen, Untergebene anzuschreien oder auch mal mit einem Dossier zu werfen. Der Choleriker ist ungeduldig und will, dass die Dinge erledigt werden, sofort. Man darf den Choleriker nichts fragen. Er gibt gerne Anweisungen, aber nie Ratschläge. Ein typischer Dialog zwischen dir und dem Choleriker sieht so aus:

11. November 2009

Der Sanguiniker im Büro

Illustration: Martin Rathscheck

Auf Arbeit ist der Sanguiniker oft der Pausenclown und Freund des Cholerikers. Meistens trägt er schrille Hemden und Krawatten mit aufgedruckten Disney-Figuren. Er sei gut fürs Team, weil er Spaß bringe und die Leute bei Laune halte, glauben er selbst, sein cholerischer Chef und alle Managementseminaristen. Dass der Sanguiniker seinen Kollegen schier auf die Nerven geht, sehen sie nicht. Der cholerische Chef duldet den Sanguiniker neben sich, denn intuitiv weiß er, dass dieser Harlekin ihm keine Konkurrenz ist...

10. November 2009

Der Phlegmatiker im Büro

Illustration: Martin Rathscheck

Wenn er dürfte, käme der Phlegmatiker gern in Jogginghosen, Pantoffeln und weiten Sweatshirts zur Arbeit. Er nimmt immer den Lift in die zweite Etage zu seinem Schreibtisch. Dort angekommen sitzt der Phlegmatiker erst einmal regungslos vor dem Bildschirm. Seine Physiognomie zeugt dabei von totaler Motivationslosigkeit. Der Mund ist leicht geöffnet, der Blick geht glasig durch den Bildschirm hindurch, die Arme hängen herunter und das Rückgrat ist gekrümmt. Zeitweise zeugen nur das Blubbern und ein fauliger Geruch von Restvitalität tief im Innern des Phlegmatikers. Das kann bis zu 50 Minuten so andauern. Plötzlich erhebt sich der Phlegmatiker...

9. November 2009

Der Melancholiker im Büro


Illustration: Martin Rathscheck

Der Melancholiker ist der einzige, der anständig durchs Arbeitsleben kommt. Er ist pragmatisch und weiß, dass alles was er tut, letztlich sinnlos ist. Er arbeitet still vor sich hin, um es hinter sich zu bringen. Der Melancholiker braucht das Geld für Brot, Bett und Alkohol. Statussymbole sind ihm egal. Im Büro trägt er Turnschuhe aus der vorletzten Saison, ein T-Shirt und bequeme Jeans. Der Melancholiker braucht sportliche Kleidung schon deshalb, weil er täglich die 16 Stockwerke zu seinem Schreibtisch zu Fuß erklimmt. Der Gedanke 40 Sekunden mit seinen schwitzenden und plappernden Kollegen zusammen in einem Aufzug zu stehen und zum Small-Talk gezwungen zu sein, ist ihm ein Horror...