29. August 2015

Zurück auf den Baum: Alle machen alles

HR abschaffen oder mitnehmen oder was?

Hiermit beteilige ich mich an der Blogparade #BeyondDigitalHR. Ich mag solch Ketten-Bloggen nicht besonders, aber nach der Lektüre einiger Beiträge fühle ich mich doch herausgefordert.

Noch nie habe ich diese HR-Debatten besonders gut verstanden (HR: Human Resources, zu deutsch: Personalwesen). Vielleicht liegt das daran, dass ich nie "Personalwesen" oder HR oder irgend etwas auch nur entfernt verwandtes studiert habe? Ich bin zuallererst ein erfahrener Manager von Teams, der zufällig ein HR-Team leitet. Und ich denke, dass dieser Fokus auf das, was das Management braucht, um ihre Teams gut zu führen, der richtige ist. Nicht nur jetzt noch, sondern auch für eine ganze Weile noch. Das hat was mit Entlastung zu tun und wie man dahin kommt, effizient, digital, agil, das ist eine Methodenfrage.

Weil mir viele Beiträge zu diesen Themen etwas wie Trockenschwimmen vorkommen, wo von HR mitnehmen bis abschaffen geredet wird, aber keiner sagen mag, wie das in der Praxis aussieht, werde ich nun versuchen, etwas Fleisch ans Skelett bringen.

Alle machen alles? Um Gottes Willen!

Dr. Ralf Gräßler schreibt im Zuge der Blogparade von "kollaborativer HR" und meint: "Wer weiterdenkt, landet bei einer Kulturvision, die eine Arbeitswelt mit radikaler Eigenverantwortung, Demokratisierung und Auflösung von Strukturen propagiert." Auflösung von Strukturen ist natürlich genau das Gegenteil von Kultur und radikale Eigenverantwortung hilft in einer Leistungsgesellschaft denen nicht, denen die Resilienz fehlt oder denen es an Macht und Methoden mangelt, ihre Arbeitswelt den eigenen Erfordernissen anzupassen.

Insgesamt bin ich sehr nah an Guido Bosbach und seiner Auffassung einer wichtigen HR-Rolle: "Den Sinn zu klären und abzustimmen, die Menschen zusammenzubringen, die sich für die Erreichung dieses Ziels engagieren wollen, das ist eine deutlich vernachlässigte Komponente unternehmerischen Handelns." Aber wie genau geht so etwas?

Ich glaube das geht gerade nicht auf dem von Dr. Ralf Gräßler vorgeschlagenen Weg: "Vor dem Hintergrund der neuen, agilen Unternehmenskulturen und -strukturen machen 'alle Alles'. So verlagern sich zwangsläufig viele HR-Aufgaben zu den Mitarbeitern und Führungskräften (in neuer Rolle). Diese müssen befähigt werden. Sie brauchen HR-Kompetenz. Was sie nicht brauchen, sind vorgefertigte HR-Prozesse und Leistungspakete."

Jede Firma ist anders, hat andere Ziele und Kulturen. Sicherlich gibt es Firmen und Teams, die kein "People Management" benötigen. Auf der anderen Seite kenne ich aus eigenem Mitwirken sehr erfolgreiche Unternehmen, in denen HR eine enorm wichtige Rolle (und entsprechende Ressourcen) zugestanden wird. Wir nennen das dann nicht unbedingt HR, sondern z.B. People Services und der Fokus liegt zum einen darauf, den Mitarbeitern (inkl. Management) zu ermöglichen, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Die wollen nämlich nicht unbedingt rumsitzen und darüber abstimmen, welches Gehalt sie sich auszahlen wollen oder ob Team A jetzt noch jemanden einstellen soll oder nicht. Natürlich erlangen Führungskräfte und Mitarbeiter HR-Kompetenzen, aber sie werden eben keine Spezialisten sein.

Der zweite Fokus liegt darauf zu helfen, die Firmenkultur (dazu muss es jedoch eine vom C-Level getragene explizite Kultur geben) ins Handeln zu übersetzen. Z.B.: Unsere Geschäftsführung hat "Diversity & Inclusion" als eine Priorität in den Geschäftsplan 2015 geschrieben. Macht sich das deshalb von allein? Nein, wir müssen entsprechende Prozesse vom Recruiting über die Beförderung bis hin zu "equal pay" installieren. Das können und vor allem wollen die iOS Software-Entwickler gar nicht machen, die haben andere Kompetenzen und freuen sich trotzdem, wenn Kolleginnen dazu kommen und diese auch genauso fair bezahlt und befördert werden.

Prozesse oder die Macht der Institutionen

Beides - den Leuten zu ermöglichen, sich auf das zu konzentrieren, was sie gut können bzw. tun möchten und die Kultur in die Praxis zu übersetzen - geschieht vor allem durch gut gestaltete, schlanke Prozesse. In der Philosophie nennt man so etwas "Institutionen" und die haben neben ihren Nachteilen (siehe Entfremdungsdebatte) den enormen Vorteil der Entlastung. Entlastung vom "Niederen", Befähigung zum "Höheren". Als Beispiel hier eine Verkehrsampel als Ausdruck der Kultur des Menschen. Die Institution Ampel entlastet uns zum einen davon, hektisch hin und her zuschauen, ob ein Auto kommt, ob sich eine Lücke auf tut. Diese Kapazität, die damit frei wird, können wir zum Beispiel in ein Gespräch investieren, das wir haben, wenn wir zusammen an der Ampel warten. Oder wir können küssen, singen, ein Foto machen oder die Zahl Pi lernen. Zum anderen entlastet die Ampel uns vom Recht des Stärkeren und stellt eine Art Chancengleichheit zwischen Auto und Fußgänger oder Auto und Auto usw. her. Die von uns allen gehasste Ampel erweist sich also als durchaus zerebralstimulierend und kulturfördernd. Ich möchte einen Aspekt hinzufügen: Solche Institutionen haben ihren größten Nutzen, wenn man sie in geeigneten Situationen (z.B. als Fußgänger nachts Unter den Linden) missachten kann, sich jedoch dann auf sie verlassen kann, wenn der Verkehr zu dicht ist.

Wenn ich an Prozessgestaltung herangehe, dann denke ich also an eine Ampel und frage mich: Ist der Prozess einfach und schlank, entlastet er alle (inklusive HR), weist er kulturell in die gewünschte Richtung und ist er durchlässig und offen für Ausnahmen? Schafft er Rahmenbedingungen dafür, dass jeder er oder sie selbst sein kann (ein Motto dort, wo ich arbeite)? Dass wir dabei mit entsprechenden digitalen Tools vorgehen, das Business kennen müssen und alle Sachbearbeitung möglichst den Maschinen überlassen, versteht sich doch beinahe von selbst.

Übrigens: "Alle machen alles" ist eine zutiefst romantische Idee, mit der Rousseau und auch Marx geliebäugelt haben. Denn wenn alle alles machen, dann gibt es keine Entfremdung, sondern so etwas wie natürliche Arbeit. Und damit erkennt man auch die Richtung: Weg von der Moderne der Arbeitsteilung und Spezialisierung (Institutionen) zurück zur natürlichen (Un-)Ordnung und Freiheit.



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6 Kommentare:

  1. Schade, dass der Post für sich genommen komplett unverständlich ist. Was ist HR? Eine kleine Definition zum Start, ein Link zu einer Erläuterung - das wäre sehr hilfreich gewesen!

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    1. Danke für den Hinweis. Ich hab oben ergänzt, wofür HR steht. Der Link zur Blogparade #BeyondDigitalHR sollte den restlichen Zusammenhang klären.

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  2. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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    1. Hallo Frau Baumgartner, seien Sie nicht böse, aber ich musste Ihren Kommentar mit Link zu Ihren kommerziellen Angeboten entfernen. Geist und Gegenwart ist keine SEO-Plattform für Beraterfirmen. Ich lade Sie ein, einen neuen inhaltlichen Kommentar ohne Link zu verfassen. Mit den besten Grüßen!

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  3. "Alle machen alles" finde ich schwierig. Es geht ja tatsächlich schon lange klammheimlich immer mehr in die Richtung. Gemüse wiegen, Bank-Überweisungen, Flüge Buchen… also auch im Privatleben. Aber der Mensch ist begrenzt und wie ich so schreibe denke ich an all das, was ich als Jugendlicher mit meinem Vater früher selbst gemacht habe und heute nicht mehr mache: Wasserleitungen verlegen, Balken einziehen, usw. – man kann nicht alles selber machen. Als Musiker mache ich auch viel selber, was man früher entweder nicht gemacht hätte, oder einer Plattenfirma überlassen hätte (wir haben keine). Im Endeffekt habe ich mit einem meiner Projekte dieses Mal endlich für ein paar Dinge Profis beauftragt. Das Ergebnis zeigt: Es hat sich gelohnt.

    Wenn alle alles machen, kann es nicht so gut sein, wie man es gerne hätte. Wenn jeder nur seines macht, droht Entfremdung. Das ist der Fluch unserer komplizierten Welt voller Spezialisten.

    Naja, was soll's, ich hab jetzt jedenfalls Lust auf Knutschen an der roten Ampel bekommen.


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    1. Haha, vielen Dank!

      Ich sehe das wie du, diese Spannung müssen wir ausbalancieren, jeder selbst und damit am Ende wir als Gemeinschaft.

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