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Erkenne dich selbst. Der Rest kommt (fast) von allein.

27. Juli 2019

Nur ein Sternekoch kann diese Welt noch retten

Der Mensch – das kochende Tier

... biologisch betrachtet beginnt das Leben mit dem Wasser, kulturell jedoch mit dem Feuer. (Nikolai Wojtko, Die Philosophie des Kochens, S. 22)

Mit dem Übergang von Rohkost zu Kochkunst, steigt der Mensch aus der Nahrungskette aus und wird damit zum Kulturwesen. Der Verdauungsapparat verkleinert und das Hirn vergrößert sich, wir gewinnen Zeit, uns um anderes zu kümmern und können auch deswegen anfangen zu Sprechen, weil sich die Kauwerkzeuge verkleinern und Hals-Nase-Mund damit neue Funktionen aufnehmen können. Außerdem sollten wir zu schätzen wissen, dass wir nun selbst nicht mehr als Nahrung von größeren Tieren verfolgt werden und wir auf dem Weg zur Arbeit nicht versuchen müssen, irgend einem kleineren Tier das Genick durchzubeißen oder in der U-Bahn Wurzeln und Rinden knabbern. Der Ausstieg aus der Nahrungskette ist ein "massives Upgrade" (Louis CK), das außer dem Menschen bisher keinem Tier zuteil wurde.

Auf der anderen Seite, scheint unsere moderne Ernährung ganz neue barbarische Folgen zu haben: von gequälten Nutztieren bis hin zu vergifteten Böden, gerodeten Wäldern und dem resultierenden Massensterben in der wilden Flora und Fauna. Wir alle wissen das und machen uns in unseren Filterblasen darüber wohl auch zunehmend Sorgen, wenn man die Trends rund um regional, nachhaltig und vegetarisch betrachtet. Skepsis ist natürlich angebracht, ob diese Wohlstandssorgen wirklich globale Entwicklungen positiv beeinflussen können. Denn die Mehrheit der bald neun Milliarden Menschen auf diesem Planeten muss sehen, wie sie satt wird und wird daher nicht den Luxus haben, ihre Wahl der Nahrung unter ethischen Gesichtspunkten zu hinterfragen.

1. Juli 2019

„We are nature defending itself“

Auf dem Weg zu einem neuen Naturverhältnis

Dieser Text von Christoph Sanders und Martin Krobath erschien zuerst in der Ausgabe 2/2019 des philosophischen Wirtschaftsmagazins Agora42.

Die Kamera wackelt und zoomt näher an eine erschöpfte junge Frau im Wald. Eine Stimme bittet sie: "Magst du erzählen, was gerade passiert ist?" Winter, so steht ihr Name unter dem Videoclip, ist offensichtlich gerade von Polizisten aus ihrem Baumhaus im Hambacher Forst geräumt worden. In voller Kampfmontur, die Frau an Körpergröße weit überragend, stehen zwei Polizisten neben ihr. Sehr bewegt und mit großer Bestimmtheit erklärt sie in die Kamera, warum sie sich gegen die Rodung des Waldes einsetzt:

Aktivistin Winter UP22 berichtet von Räumung im Hambacher Wald (Quelle: Politische Bildung)

In diesem Statement wird klar, dass Winter nicht wegen abstrakter Messungen zum Klimawandel einen Baum besetzt hat, sondern dass es ihr vielmehr um die Frage geht, wer wir als Mensch sein wollen und wie wir uns zur Welt und zur Natur in Beziehung setzen. Damit wird ein Aspekt sichtbar, der bislang in der Diskussion um Klima und Natur wenig präsent ist: Wie wir mit Natur umgehen, hat direkt etwas mit uns selbst zu tun, mit unserem Bild von der Welt und unserem zwischenmenschlichen Umgang.