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8. Januar 2012

Vampire, Werwölfe und Zombies

Wir zwischen Tier, Tod und Wissenschaft

Vampire sind diese unangenehmen Unzeitgenossen, die schönen jungen lebendigen Frauen in die weißen Nacken beißen und sich nach getaner Untat zurück ins Grab begeben. Werwölfe sind die tierischen Brüder dieser Zombies, oft wird berichtet, wie sich die Untoten in Tiere verwandeln und auf allen Vieren Menschen anfallen und mit dem Maul zu zerreißen versuchen.

Für Literaturwissenschaftler ist klar, was hier passiert: Wir sind uns unserer Stellung als Menschen im Verhältnis zu den Tieren nicht ganz sicher. Und das nicht erst seit Darwin. Wir haben schon immer animalische Instinkte, wir versuchen sie zu verdrängen, wenigstens im Zaume zu halten und nur im Privaten oder in der Phantasie auszuleben. Nicht immer gelingt das, wir tun anderen unmenschliches an und werden dafür dämonisiert. Wir können Krankheiten und Störungen haben, die uns wild und aggressiv machen. Das macht uns Angst und wir versuchen die Angst mit Geschichten zu bannen. Mit schönen Geschichten, Angstblüten geradezu. Oder der Tod: Schrecklich, diese brutale Endgültigkeit, das Nicht-mehr-Zurückkommen unserer Lieben oder gar von uns selbst. Was für eine furchtbare Vorstellung. Noch furchtbarer ist nur das Gegenteil: Wenn doch jemand zurückkommt, der eigentlich tot ist. Auf dem Friedhof der Kuscheltiere finden wir die ganze Ambivalenz unserer Gefühle zum Tod. All diese gruseligen Grenzgänger sind letztlich nur die Schatten unserer Ängste, die sich auf den Weg aus unserem Unbewussten in unsere Bücher und auf unsere Kinoleinwände gemacht haben.

Grenzgänger als Schatten unserer Ängste (gefunden bei Melraksha)

Auf dem Friedhof der Zombies
Aber wieso namen diese Ängste seit dem Jahrhundert die Formen von Vampiren, Werwölfen und dann Zombies an? Eric Michael Johnson erklärt in dem Artikel A Natural History of Vampires, das Zeitpunkt und Ort der Entstehung dieser Mythen nicht zufällig sind. In den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts kam es in Osteuropa zu einer Tollwut-Epidemie. Der Habsburger Dr. Johannes Flückinger beobachtete daraufhin in Serbien die Exhumierung und nachträgliche Verstümmelung und Verbrennung von Toten auf dem Friedhof. Die Legende wollte es, dass Untote des nachts von hier aus ihr Unwesen trieben. Die Dorfgemeinschaft, in der es immer wieder zu rätselhaften Krankheiten und Toden kam, hatte entdeckt, dass viele der längst begrabenen nach Monaten noch recht frisch waren und dass ihre Münder blutverschmiert waren, obwohl die doch mit sauberen Gesichtern begraben worden waren. Hatte man sie ausgegraben, trieb man zur Sicherheit auch hölzerne Pflöcke durch die Herzen der Untoten, woraufhin diese große Mengen Blut und andere übel riechende Flüssigkeiten verspritzen und dabei ein stöhnendes bis kreischendes Geräusch von sich gaben (wir kennen das aus From Dusk till Dawn). Man schlug ihnen die Köpfe ab, verbrannte die Leiber und entsorgte alle Reste im Fluss.

Tollwut oder Werwolf? Gefunden auf Upon Dragon's Wings

Die Krankheit, die der rasenden Verwandlung vom Mensch zum Tier zugrunde liegen könnte, ist schnell gefunden: Tollwut. Damals hatten besonders Bauern und Jäger noch viel Kontakt zu wilden Tieren wie Füchsen und Wölfen. Viele infizierten sich bei ihnen und fingen an, wild um sich zu schlagen oder zu beißen und eventuell die Virusinfektion so noch weiterzugeben. Die an Tollwut gestorbenen wurden oft mit dem Kopf nach unten beerdigt, damit sie nicht wieder ans Tageslicht kämen, sollten sie doch wieder aufwachen. Die niedrige Temperatur sorgte dafür, dass die Körper über Wochen und Monate kaum verwesten, jedoch löste sich die Lunge zusammen mit anderen Organen und Geweben in eine rötliche Flüssigkeit auf, die den mit dem Kopf nach unten begrabenen Leichen dank der Schwerkraft aus Mund und Nase lief. Damit war die Legende perfekt: Die von Wölfen gebissenen wurden selbst zu rasenden Tieren und wenn sie tot waren, kamen sie nachts aus den Gräbern, fielen über die Leute her und zogen sich vor Morgengrauen mit ihren Blutverschmierten Gesichtern wieder zurück in ihre Särge.

Bram Stokers hat am Ende des 19. Jahrhunderts diese Geschichte mit Dracula weiter gesponnen. Graf Dracula ist kein virusinfizierter und verrückt gewordener serbischer Bauer mehr, sondern ein Gentleman, elegant und verführerisch. Hier mischen sich nun die verschiedenen Kanäle, aus deren Quellen seit 1922, als Murnau den Nosferatu drehte, die ganze Horrorindustrie lebt: Ob George Romeros Dawn Of The Dead, Danny Boyles 28 Days Later / 28 Weeks Later oder Grindhouse von Quentin Tarantino und Robert Rodriguez - keiner dieser Filme wäre ohne die frühen Missverständnisse rund um Tollwut und Verwesungsprozesse zustande gekommen. Das zusammen gemixt mit ein bisschen amerikanischer Werwolf-Teenage-Romantik wird dann zu solchen eher harmlosen Erfolgen wie Twilight. Ob hier noch die Grenze zwischen Tier und Mensch oder Tod und Leben abgearbeitet wird oder einfach nur die Grenze zwischen Kuscheln und Sex, weiß ich nicht genau.

Aber was bedeuten Ihnen die Zombies, Werwölfe und Vampire? Ich freue mich über Ihre schaurigen Kommentare.

4 Kommentare:

  1. Der Wolf ist zurück! Er ist zurück nach Brandenburg gekehrt. Wie wunderbar und überhaupt gar nicht schaurig. Für die Allgemeinheit der Dorfbewohner stellt er sich als Mörder dar. Man sagt, er würde weidende Pferde und Ziegen und all das Viehzeug reißen. Das stimmt überhaupt nicht. Wenn uns etwas gefährlich erscheinen sollte, dann sind es die Eigenarten der Menschen, die des Homo sapiens, der mit sich brachte die Urbanisierung und die Diskretisierung der Fläche und des Raumes. Zum Glück ist das alles ein gespinntes Gewebe und überaus unwahr. Das Tierreich ist heute so vorbestimmt wie ihre Zombies - der Homo Sapiens. Oh wie schaurig - in unserer Macht steht EINBÜRGERUNG oder VERDRÄNGNIS - Verdrängnis durch Abschuss!

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  2. Wölfe mein freund wurde im wald vom wolf angegriffen super eh
    Mal gut das ich meine vampir zähne hab und mich wären kann ´-´

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  3. Antworten
    1. Ich glaub, "wehren" ist gemeint. Kleine Tippfehler können wir verzeihen, oder?

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