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Erkenne dich selbst. Der Rest kommt (fast) von allein.

8. Juli 2015

Das kontemplative Leben ist ein aktives Leben


Simone Campbell befragt. Campbell ist Nonne, Rechtsanwältin und sie praktiziert Zen-Meditation. Bekannt geworden ist sie in den USA durch "Nuns on the Bus". Diese Gruppe von Nonnen ist im Bus durchs Land gefahren, um auf Armut, Geringverdiener, Obdachlose und andere Benachteiligte aufmerksam zu machen. So richtig gefallen hat das dem politischen Amerika nicht, denn obwohl alle ständig Gott und Jesus im Munde führen, ist ihre Politik doch eher am Profit der wenigen ausgerichtet, als an den Tugenden und Leitsätzen irgend einer Religion.


 

Warum ein Mensch 10 Millionen im Jahr verdienen muss

In einer Runde von CEOs großer amerikanischer Firmen zitierte sie eine Statistik, nachdem das Durchschnittsgehalt der in der Runde versammelten ungefähr 10 Millionen Dollar pro Jahr betrage und das im nächsten Jahr mit Gehaltserhöhungen um 10 Prozent für sie zu rechnen sei. Sie fragte also in die Runde: "Wie ist das? Kommen Sie mit Ihrem Gehalt nicht aus oder warum müssen es im nächsten Jahr 11 statt 10 Millionen pro Person sein? Einer der CEOs sagte zu ihr: "Es geht doch nicht ums Geld, sondern um Anerkennung im Business und Geld ist eben die momentane Währung, mit der Anerkennung ausgedrückt wird." Was soll man davon halten? Nun, so sagt Campbell, vielleicht sagt uns das, dass wir als Gesellschaft unsere Währung für Anerkennung ändern müssten. Denn Geld ist eigentlich dazu da, Brot zu kaufen und für ein Dach über dem Kopf zu sorgen. Und die ungleiche Verteilung macht das für immer mehr Menschen immer schwieriger. Anerkennung jedoch kann auf viele Arten ausgedrückt werden und Geld ist einfach die unkreativste Art.

Diese Geschichte zeigt, wie Campbell agiert: Sie fragt und hört zu, sie urteilt nicht über die Menschen, mit denen sie redet, sondern ergründet, was ihre Bedürfnisse sind (manche CEOs fühlen sich durch Geld vielleicht auch nicht ausreichend geliebt) und entwickelt daraus Ideen, die uns weiterbringen können. Sie sagt, dass die Meditation dazu der Schlüssel sei. Denn anders als die heute übliche Wellness- und Anti-Stress-Meditation ist Zen für Campbell eine Übung der Loslösung von der Obsession mit sich selbst und den eigenen vermeintlichen Sorgen.

Egozentrik: White People Problems

Warum ist das wichtig? Diese wehleidige Egozentrik hindert uns daran, offen für unsere Umwelt und die Mitmenschen zu sein. Wir schließen uns ein in unsere eigenen Sorgen und wenn wir keine haben, dann beschweren wir uns über die schlechten Straßen oder darüber, dass wir nicht überall eine Internetverbindung haben. Das Loslösen von diesen "White People Problems" und das Öffnen gegenüber den Bedürfnissen der weniger bevorteilten Menschen nennt Campbell das "unserem egoistischen Wunsch nach ewiger Gemütlichkeit einen Anschein von Transzendenz (verleiht), was unser Weiterwurschteln zur höchsten Daseinsform erklärt." (Nils Minkmar: Jahre der schwarzen Null)

Protagonisten und Antagonisten des kontemplativen Lebens

Campbell meint, dass wir nichts weiter als unseren festen Willen aufbringen müssen, um uns diesem ethischen kontemplativen Leben anzunähern. Sie meint damit, dass es bereits reicht, die anderen wahrnehmen zu wollen. Wir müssen gar nichts weiter damit machen, da sein, präsent sein, zuhören, das ist schon mehr als die halbe Miete. Amerikaner haben dazu ein geflügeltes Wort: "Showing up is everything!" Natürlich ist präsent sein eine Vorstufe zum Handeln, aber auch hier ist Campbell eher geneigt, die Latte niedrig zu legen. Denn wenn wir uns aufbürden, alle Probleme lösen zu müssen, dann löse wir am Ende gar keines, denn wir paralysieren uns mit den unendlich vielen Handlungsoptionen. Wir tun dann aus reiner Überforderung einfach gar nichts. Ihre Devise ist: Mach die eine Sache, die du kannst. Hilf dort vor Ort, wo du Einfluss hast. Mach kleine Schritte im Rahmen deiner Möglichkeit.

Die zwei Dinge, die das kontemplative Leben ersticken, sind Angst und Festhalten. Das Festhalten am Status Quo, am Besitz und Status kommt natürlich selbst aus der Angst vor dem Abstieg. Diese Angst vereinzelt uns, lässt uns gegeneinander arbeiten, wo wir zusammenstehen müssten. Es klingt so einfach, was Campbell sagt: Präsent sein, zuhören, vor der eigenen Tür helfen und sich nicht von der Angst schlucken zu lassen. Aber es ist schwer, es ist eine tägliche Übung im besser werden. Lassen wir uns davon nicht einschüchtern, sondern folgen wir solchen Beispielen wie Simone Campbell. Ein bisschen Arsch in der Hose, sich nicht einschüchtern lassen und offen der Welt gegenüber treten. Das kann man üben, jeden Tag.



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3 Kommentare:

  1. Ein CHRIST definiert sich dadurch, dass er eine Weltordnung für richtig hält, in der ein ANDERER - unabhängig davon, ob das ein Menschen- oder Gottessohn ist, grausam zu Tode gefoltert, sprich gekreuzigt wird, damit ER, der Christ, leben kann oder das ewige Leben hat. Was ist das anderes als Egozentrismus in Reinkultur?

    So erklärt sich, dass der heutige Raubtierkapitalismus seine Wurzeln in den christlichen Ländern und hier vor allem im evangelikalen Amerika hat.

    Dieser Egozentrismus tritt unter umgekehrtem Vorzeichen als Nächstenliebe auf, indem so getan wird, als ob der Christ derjenige ist, der sich für andere kreuzigen ließe. Das passiert aber nur denen, die dumm genug sind, das Spiel nicht zu durchschauen. Christ ist nicht, wer sich für andere kreuzigen lässt, sondern wer andere FÜR SICH kreuzigen lässt.

    Solange eine Weltordnung wie die christliche für richtig befunden wird, ändert sich gar nichts. Daran ändert auch eine Simone Campbell nichts. Sie ist nur Teil des Spiels, das hier läuft.

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    1. Na, da hat aber ein anonymer Leser schon die ganze Wahrheit dieser Welt und ihrer Geschichte zutage gefördert. Gratulation. Haben Sie etwas Geduld mit uns anderen, die wir etwas länger brauchen, um die ganze Weltordnung zu durchschauen.

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  2. Ich hatte nicht vor, anonym zu posten, bloß bin ich über meine wordpress.adresse nicht reingekommen.
    www.fingerphilosoph.net

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