Lob der Liebe

Der Lauf der Liebe
Am Anfang ist jede Liebe leicht. Wie aber geht es mit ihr weiter? Wie gelingt es, zu zweit das Glück zu finden? In seinem neuen Roman durchleuchtet Alain de Botton gnadenlos, aber einfühlsam die Liebesgeschichte von Rabih und Kirsten. Die Wahl der Ikea-Gläser, das Kennenlernen der Schwiegereltern, die Frage, ob die Butter tatsächlich im Kühlschrank stehen soll - all das gibt Anlass für die größten Dramen. Und so wie de Botton mit seinem berühmten Scharfblick erzählt, erkennen wir jene Strukturen der Liebe, die uns allen gleichermaßen Glück und Leid bereiten.

Zorn und Vergebung
Wut und Zorn sind komplexe Gefühle, die sowohl Schmerz als auch in ihrer Aussicht auf Vergeltung und Wiedergutmachung einigen Genuss versprechen. Wir können also nicht erwarten, von einer plötzlichen Weisheit erleuchtet zu werden und danach auf jegliche Wut verzichten zu können. Wir können uns aber der Weisheit annähern, indem wir versuchen, von der Wut zur Trauer überzugehen und in unserer Persönlichkeit über uns hinaus zu wachsen, indem wir anderen leichter vergeben und davon absehen, unsere eigenen Bedürfnisse immer als alternativlos zu verstehen. Letztlich läuft es darauf hinaus, zu einer – wie es im Untertitel von Nussbaums Buch heißt – Kultur der Gelassenheit
Bewusstseinformen
"Wir erzeugen als Organismen, als Lebewesen ständig unsere eigene Zeit. Atmend sind wir diese Zeit. Dies ist unsere elementare Weise zu sein." In der westlichen Philosophie ist Bewusstsein traditionell reflexiv und intentional, also ein Geisteszustand, den ich auf etwas richte und der mir gleichzeitig selbst bewusst ist. Böhme versucht unser Verständnis von Bewusstsein durch einen Blick auf die Mannigfaltigkeit von Bewusstseinsformen wie Selbstbewusstsein, Präsenzbewusstsein, Leibbewusstsein oder auch das leere Bewusstsein aus der Meditation zu erweitern. Dabei nimmt er ganz bewusst Bezug auf den Leib, der in der traditionellen westlichen Bewusstseinsphilosophie lange unterschlagen wurde. Gernot Böhmes Bewusstseinsformen ist ein wirklich inspirierendes Buch, in dem sich auch schöne Ansätze zur Klärung so wichtiger Fragen wie die rund um unser Zeiterleben finden. Warum leben wir nicht in dem Bewusstsein, jetzt und hier gegenwärtig zu sein? Warum scheint die Zeit vor uns zu fliehen? Was stimmt nicht mit unserem Umgang mit der Zeit? Ist es alles vielleicht ein einziges Missverständnis? Achtung: Ich empfehle das Buch nur für Leser, die ein klein wenig Vorbildung zur Philosophie haben.
Du musst dein Leben ändern
Über Anthropotechnik: Peter Sloterdijk analysiert in diesem Buch die Geschichte der Menschheit unter dem Aspekt der Übung und der Vervollkommnung. "Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf orientalischen Meditations- und Askesepraktiken [von griechisch askein = üben], die Sloterdijk auch noch im europäischen Denken vor Anbruch der Neuzeit am Werke sieht, ehe sie systematisch ausgetrieben wurden, weil sie nicht ins neue System des Kapitalismus passten." (FAZ) Ein Merkmal des Menschen sei es, dass er sich in all seinen Lebensdimensionen versuche zu verbessern. In diesem Zusammenhang stellt Sloterdijk auch alle Religionen, die er als "spirituelle Übungssysteme" versteht. In "dem Maße, wie das Üben zum neuen Schlüsselbegriff Sloterdijks geworden ist, rückt auch der Begriff der Leistung in den Vordergrund – nicht nur als sportliche Wettkampfmetaphorik. Doch es wäre [...] für Sloterdijk ein Unding, wenn man darin Leistungen im Sinne des neuzeitlichen Gesellschaftssystems erkennen würde, dem er völlige Verirrung deshalb attestiert, weil es die Übungskultur umgemünzt habe zu Training, Ausbildung und Arbeit – also zu Übungen, die nicht länger spirituell-individuelle Ziele verfolgen, sondern einem reibungslosen Teamgeist dienen sollen, der die moderne Arbeitsteilung erst ermöglicht." (FAZ) Wie der Titel vermuten lässt, ist das Buch auch als ein Aufruf zu verstehen, die Arbeit an sich selbst als Individuum nicht aufzugeben. Diese moderne Entpassivierung, wie Sloterdijk sagt, ist die Grundlage für unsere Ethik und sie setzt an drei Punkten an: Leidenschaften, Gewohnheiten und Denken. Der Titel des Buches ist Rainer Maria Rilkes Gedicht "Archaischer Torso Apollos" entlehnt, das mit diesen Zeilen endet: und bräche nicht aus allen seinen Rändern / aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle, / die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern. Dieses Buch ist nicht ganz einfach zu lesen, vor allem weil Sloterdijk auch hier wieder seine eigene Sprache entwickelt und implizit an eine lange Geistesgeschichte anknüpft, die er nicht an allen Stellen explizieren kann. Ein intellektueller Spaß für philosophisch oder geschichtlich geübte oder wenigstens übende Leser.
Zum Artikel >>

Nietzsche: Biographie seines Denkens
Friedrich Nietzsches Texte sind nicht unbedingt einfach zu lesen. Das liegt zum Teil am Kontext seiner Zeit, seiner Vorgänger wie Goethe und Schopenhauer, aber auch am Format seiner Texte. Man kann Nietzsche zum Glück in gemeinfreien Online Bibliotheken wie im Projekt Gutenberg lesen. Das kann man also einfach mal probieren und schauen, was einem gefällt. Wer tiefer einsteigen möchte, dem würde ich unbedingt eine Einführung empfehlen. Eine, die mir besonders gefallen hat, ist Nietzsche: Biographie seines Denkens
von Rüdiger Safranski. Hier geht Biographie und Denken Hand in Hand, wie der Titel das auch ankündigt. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von Nietzsches Denken und nicht etwas auf der Biographie seines Lebens. Das ermöglicht einen leichten Einstieg in den geschichtlichen Kontext seines Denkens, befördert ungemein das Verständnis solche schon zu Schlagworten gewordenen Ideen wie "Übermensch", "Sklavenmoral" oder "Tod Gottes" und zeigt darüber hinaus die enorme Wirkmächtigkeit der Ideen Nietzsches auf. Rüdiger Safranskis Bücher kann ich im Allgemeinen sehr empfehlen, auch Ein Meister aus Deutschland: Heidegger und seine Zeit
und Schopenhauer und Die wilden Jahre der Philosophie
habe ich sehr gern gelesen.
Wer eine gut lesbare Biographie zu Heideggers Leben und Werk lesen möchte, dem empfehle ich Ein Meister aus Deutschland: Heidegger und seine Zeit
von Rüdiger Safranski. Das Buch ist umfangreich und ein wenig philosophische Vorbildung kann bei der Lektüre auch nicht schaden. Aber wer sich darauf einlässt, der lernt nicht nur Heidegger und seine Denkgebäude verstehen, sondern wird schaglichtartig die gesamte deutsche Philosophie des jungen 20 Jahrhunderts und seiner Vorgänger wie Kierkegaard und Nietzsche kennen lernen. Dieses Buch konnte noch nicht auf Heideggers erst kürzlich veröffentlichte private Aufzeichnungen eingehen, die seine problematische Gesinnung und verbrecherische Kooperation mit dem Nazi-Regime ganz drastisch darstellen. Trotzdem ein sehr empfehlenswertes Buch, wie eigentlich alles von Safranski.
Heidegger und seine Zeit
Wer eine gut lesbare Biographie zu Heideggers Leben und Werk lesen möchte, dem empfehle ich Ein Meister aus Deutschland: Heidegger und seine Zeit
Wie unser Gehirn die Welt erschafft
Ratgeberliteratur zum Thema Kommunikation und Umgang mit Menschen orientiert sich so gut wie immer an den extrovertierten Menschen, die sich in ihrem Verhalten dynamisch, spontan und gern nach außen öffnen. Mit Leise Menschen – starke Wirkung schließt Sylvia Löhken eine Lücke. Das Buch macht leise Menschen auf positive Weise mit sich selbst bekannt. Leise Menschen – starke Wirkung ist speziell für Introvertierte geschrieben, aber auch für alle, die jeden Tag mit ihnen zu tun haben. Leise Menschen können bei der Lektüre ihre besonderen Stärken und auch ihre Hürden in der Kommunikation erschließen. Außerdem zeigt das Buch an typischen Gesprächs- und Vortragssituationen, wie diese Stärken zum Vorteil werden und wie man als leiser Mensch auf seine Bedürfnisse achtet. Das Buch geht von den Stärken der leisen Menschen aus und gibt Tipps, sie richtig einzusetzen. Durch einen Selbsttest im ersten Kapitel kann der Leser herausfinden, ob er Intro oder Extro ist – und sich dem Thema so aus der richtigen Perspektive annähern. Checklisten und Merksätze helfen dabei, die Inhalte zu verinnerlichen, um sich als leiser Mensch in einer lauten Welt wohl zu fühlen und erfolgreich zu sein.
Fritz Riemann: Grundformen der Angst: Eine tiefenpsychologische Studie. In den Grundformen der Angst geht es darum, wie uns ganz frühe Kindheitserlebnisse zu mehr oder minder gestörten Persönlichkeiten mit unterschiedlich gewichteten Ausprägungen von Urängsten machen. Schizoid: Die Angst vor der Selbsthingabe, als Ich-Verlust und Abhängigkeit erlebt. Depressiv: Die Angst vor der Selbstwerdung, als Ungeborgenheit und Isolierung erlebt. Zwanghaft: Die Angst vor der Wandlung, als Vergänglichkeit und Unsicherheit erlebt. Hysterisch: Die Angst vor der Notwendigkeit, als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt. Riemann aber versteht die Psychoanalyse insgesamt als Verarbeitung der individuellen Angst und die Aufdeckung der Geschichte dieser Angst. Ohne diese Aufarbeitung, so Riemann, wäre es nicht möglich, sich der Angst zu stellen und sie zu überwinden. Ganz konsequent diesen psychoanalytischen Denkfiguren verpflichtet, führt er auch diese Einsamen auf die Angst vor Ich-Verlust, Abhängigkeit und Hingabe zurück. Gunter Dueck meint zu Riemanns Grundformen der Angst: "Das muss man irgendwie gelesen haben. Das ist so von 1970 rum. Wissenschaftler mögen es nicht, weil es eine literarische Glanzleistung ist und alles so gut beschreibt. Es ist nicht wirklich bewiesen, aber man kann gut darüber reden."
Zum Artikel >>
Still: Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt
"Erwarten Sie nicht von ihnen [ihren Kindern], der Herde zu folgen... Wenn Sie Lehrer sind, genießen Sie die Schüler, die gesellig sind und sich am Unterricht beteiligen. Aber vergessen Sie nicht die scheuen, sanften und autonomen zu fördern... Das sind die Künstler, Ingenieure und Denker von morgen... Verwechseln Sie nicht Durchsetzungsfähigkeit oder Beredsamkeit mit guten Ideen... vergessen Sie nicht, dass Schein nicht Sein ist", schreibt Susan Cain in ihrem Schlusswort. Ein sensationelles Buch, ein MUSS für alle Stillen und Introvertierten. Auch als Karriereführer geeignet. Eine Rezension von Erich Feldmeier zu Susan Cains Still: Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt, Riemann-Verlag 2011.
Grundformen der Angst
Daniel Kahneman ist der Psychologe, der für seine Arbeiten zu den ökonomischen Entscheidungstheorien und der Verhaltensökonomik 2002 den Wirtschafts-Nobelpreis erhielt. Kahneman hat gezeigt, dass wir Menschen uns nicht einfach nur egoistisch so verhalten, wie es unseren Interessen entspricht, sondern dass wir uns vor allem von unserem Bauchgefühl an der Nase rumführen lassen. Hier finden wir einen Grund dafür, dass viele unserer wirtschaftlichen Entscheidungen schlimmer ausfallen, als wenn wir einfach würfeln würden. Jeden Abend können wir diese Irrationalität ganz ungeschminkt in den Wirtschaftskrisenachrichten sehen. Kahnemans Punkt ist am Ende, dass wir uns vor unseren irrationalen Entscheidungen und dem fortwährenden Selbstbetrug unseres Egos nicht schützen können. Wir werden immer wieder darauf hereinfallen. Uns ist aber bereits dadurch geholfen, dass wir das wissen und erwarten können, um den Schaden in Grenzen zu halten.