Wieso zerstören rechte Populisten die Wirtschaft ihrer eigenen Länder?
Ich gehöre zu der Fraktion, die sagt: bloß nicht Parteien verbieten, lass sie sich selbst mal in den politischen Ebenen abmühen und sie werden schon zusammengeschrumpfen. Dagegen gibt es gute prinzipielle Argumente, z.B. dass man natürlich die Player disqualifizieren muss, die sich nicht an die Spielregeln halten, sonst geht das Spiel selbst bald kaputt. Oder auch empirische Belege wie Ungarn, das an den Zitzen der EU weiter hängt, was Orban ermöglicht, mit den EU-Geldern die Fassade einer gelingenden Wirtschaftspolitik zu erhalten.
Dennoch lässt sich auch für meine Position einiges in Stellung bringen, z.B. sehen wir gerade, wie nach dem Brexit der britischen Populisten, die inzwischen wegen der Brexit-Folgen und ihrer Inkompetenz abgewählt wurden, nun die US-Amerikanische rechtspopuläre Regierung ihre eigene Wirtschaft ruiniert.
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Tariffs eat Dolls: Brauchen amerikanische Kinder so viele Puppen? |
Ganze Völker leiden, weil eine Handvoll Politiker nicht rechnen kann?
Die Brexit-Folgen wie der Fachkräftemangel durch fehlende Immigration, um die eigene Service- und Dienstleistungswirtschaft am Laufen zu halten, der gekappte Zugang zum EU-Binnenmarkt und die schwächere wirtschaftliche Entwicklung durch Investitionszurückhaltung zeigen deutlich, dass der Brexit als Herzensangelegenheit von UK-Nationalisten dem Land selbst nur geschadet hat. Ähnliches zeichnet sich gerade in den USA ab, wo durch die chaotische Wirtschaftspolitik mit absurd hohen Zöllen (auch hier steht wie beim Brexit der Freihandel im Zentrum) nun die Preise steigen und die Menge an zur Auswahl stehenden Produkten in allen Bereichen von Spielzeug bis Obst und Gemüse drastisch abnimmt.
Trump versucht zwar den Firmen vorzuschreiben, die Zölle einfach zu schlucken ("eat the tariffs") und die Kosten nicht an die Kunden weiterzugeben, aber das hilft auch nicht. Denn an diesem Punkt ist es ein Nullsummenspiel: Wenn die Kunden nicht bezahlen, müssen es die Firmen tun. Persönlich denke ich, dass das sicher machbar wäre für Autohersteller und Walmart (mal angenommen die Shareholder würden das zulassen), aber nicht für Kleinunternehmer. Und selbst wenn: Die Wirtschaft schrumpft in beiden Szenarien, denn Entweder haben Verbraucher weniger Geld zum Ausgeben oder die Firmen machen Profit. Catch 22 in der Shareholder Economy. Hinzu kommen noch die ökonomischen Unsicherheiten, sodass keine Investitionsentscheidungen getroffen werden und der Zusammenbruch von etablierten Lieferketten.
Dein Friseur nutzt dich aus?
Natürlich gibt es individuelle Gründe, wie Trumps Überzeugungen, dass das Handelsdefizit mit anderen Nationen bedeutet, diese würden die USA ausnutzen ("they are ripping us off"). Ist natürlich nur genauso richtig wie die Annahme, dein Friseur nutzt dich aus, wenn du ihm Geld für den Haarschnitt bezahlst und der Friseur nichts im Gegenzug von dir kauft. Ähnlich mag es auch bei den Brexiteers einige persönliche verschwurbelte Ansicht gegeben haben. In der Regel sind es solche Minderwertigkeitskomplexe, denen die Furcht zugrunde liegt, dass man vielleicht nicht der einzige ist, der von einer Situation profitiert. Dabei war es ja gerade das Geniale (und es gibt davon nicht viel) an der Globalisierung, dass sie allen beim Wohlstand half, den reichen Nationen, wie auch den relativ armen Nationen.
Solche persönlichen Komplexe scheinen Nationalismus, Populismus und Fremdenhass ja generell beigemischt zu sein. Es ist immer die Angst, dass andere bevorteilt werden und man selbst in die Röhre schaut. Hier liegt natürlich der politisch-populistische Grund für diese wirtschaftlichen Selbstverstümmelungen der Rechten: Es lässt sich mit solchen Narrativen gut erregen, Wut auslösen und Menschen für diese Sachen zu begeistern, die den Begeisterten selbst dann eigentlich nur Schaden zufügen.
Populismus ist nicht das Ziel, sondern nur der Weg
Als Donald Trump vor kurzem auf Preiserhöhungen angesprochen ziemlich launisch antwortete, dass Mädchen doch keine 30 Puppen bräuchten, sie könnten doch statt dessen zwei haben, wenn die so teuer seien, lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. Nicht, weil ich zwei Puppen für zu wenig hielte oder weil Trump ganz zielsicher auf kleine Mädchen rekurierte, sondern weil mir dadurch plötzlich ein weiterer und sehr perfider möglicher Grund für diese chaotische Politik einfiel. Ich musste an Naomi Klein denken... Vielleicht ist Trump gar nicht mehr Populist und er rückt ab von seiner durschaubaren und sowieso nur halbherzig vermarkteten Zuneigung für den "benachteiligten kleinen Mann"?
Aber warum sollten Populisten denen in den Rücken fallen, die sie gewählt haben? Zerstören sie damit nicht ihre populäre Machtbasis? Ja, sicher. Aber der Populismus ist ja nicht das Ziel, sondern der Machterhalt und -ausbau. Und wenn man das ernst meint, muss man irgendwann eben auf die Anbiederung beim Volk verzichten.
Krisen ermöglichen den Sturz der Demokratie
In Die Schock-Strategie (Original: The Shock Doctrine, 2007) beschreibt Naomi Klein, wie Politiker und Unternehmen wirtschaftliche und gesellschaftliche Krisen – wie Naturkatastrophen, Kriege oder Finanzkrisen – gezielt ausnutzen, um radikale wirtschaftliche und politische Reformen durchzusetzen, die unter normalen Umständen auf demokratischen Widerstand stoßen würden. Klein argumentiert, dass solche Schocks bewusst instrumentalisiert werden, um Deregulierung, Privatisierung und Sozialabbau voranzutreiben. Natürlich kann das ausgeweitet werden, z.B. über die Ausrufung von Ausnahmezuständen, wenn Proteste der Bevölkerung eskalieren sollten.
Mit solchen Reformen und Ausnahmezuständen kann man dann zurück aus der Demokratie in die Autokratie, wo Judikative, Legeslative und Exekutive in eins fallen: in den Schoß des Tyrannen, des Autokraten, des Königs oder in die Hände sonst eines Führers.
Mein bisheriger Standpunkt, dass man die Populisten machen lassen sollte, auf dass sie sich selbst abwirtschaften, hat damit einen weiteren ziemlich starken Dämpfer erhalten. Also vielleicht doch "gesichert rechtsextreme" Parteien verbieten, so lange man es noch kann? Ansonsten wirtschaften sie uns zugrunde und erreichen gerade dadurch ihre demokratiezerstörerischen Ziele.
Mal sehen, wie das in den USA läuft... Trump wird nicht der gefeierte Volksheld werden, als der er sich in der Wahl präsentierte. Im Gegenteil, er und seine Politik werden schon in Kürze ganz unbeliebt werden. Tritt er dann nach seiner Amtszeit ab, wie es die Verfassung gebietet oder wird er wegen der selbstverschuldeten Krisen so viel Chaos angerichtet haben, dass er und JD Vance sagen werden: Wahlen sind jetzt nicht möglich, weil das Land in Protest und Chaos versinkt.
Das passt dazu:
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