24. Dezember 2021

Und nun lägest du dort in der eigenen inneren Krippe

Eine Interpretation der heiligen Nacht von Paul-Heinz Schwan

Weihnachtswunder – eine kleine, kindliche Lösung

Sich etwas versprechen und für den anderen suchen, was uns verloren schien. Ein unbeschreibliches Gefühl in einer unendlichen Geschichte. Solch eine Einstimmung macht uns erwartungsvoll. Bisher klang diese Geschichte immer wie ein Bußgang durch eine entbehrungsreiche Zeit zu einem Stall, hin zu einer unglaublich kleinen, kindlichen Lösung. Irritiert hat das kaum jemanden, wir haben gestrahlt und sind zum Alltag übergegangen, als sei niemand geboren. Seit Jahrtausenden und jedes Jahr wiederholen wir den Refrain, der bald nur noch eine Deckadresse für freie Tage unter Stress wurde.

Gemälde: Die Heilige Nacht von Antonio da Correggio
Ausschnitt von Antonio da Correggios Die Heilige Nacht (zwischen 1522 und 1530), gemeinfrei

Was aber, wenn uns nun wirklich etwas entgegenkäme, wir nicht suchen und warten müssten, einfach so, unglaublich, unbeschreiblich. Wenn da in dem Stern über unserem Stall stünde: Du bist schon geboren, befreit und reich, ganz ohne Sünde, ohne Schuld. Auch wenn es bis gestern so aussah, als dass wir durch unsere Taten und Untaten immer wieder die Schuld suchten. Und nach jeder Schuld die Schuld größer wurde.

Aber jetzt geschähe das Wunder: Wir könnten von heute auf morgen all dies über Bord werfen, ohne das Zeug der Deckadressen ein neues Leben führen? Wenn also jetzt plötzlich etwas in die Welt und in uns zu uns käme, durch uns, aber nur noch etwas fehlte, das wir schmerzlich vermissten und wir merken würden, dass das so ist, weil wir es immer außen und in fremden Krippen gesucht haben und deshalb danach doch wieder diesen Schmerz spüren, der blieb und aus Fehlversuchen noch wuchs und dieses Wachstum uns zu immer größeren und unsinnigen Lösungen getrieben hat? 

Und nun lägest du dort in der eigenen inneren Krippe als eine Lösung aller unlösbaren Fragen nach der eigenen Seidenstraße, die in der Krippe beginnt und in ihr endet. 

Was aber wenn diese Hoffnung auch eingelöst würde, wenn wir mit staunenden Augen in staunende Augen der nächsten und anderen sähen und uns die Lösung ins eigene Auge, aus den Augen des anderen spränge und unserem Staunen und Fragen eine Antwort böte? Wenn für den benötigten Komfort auch ein Stall reicht. Wenn die Krippe nur in uns selber stünde und wir daraus die Krippe des anderen erahnen und erstrahlen sehen könnten. Dann ist sicher noch kein Friede auf Erden, aber doch ein Wunder geschehen. Oh, welch ein WUNDER wir sind die Wunderwunde und damit nie mehr alleine. 

Und ab heut liegen in der Krippe auch Natur und du daneben. Sie war mal Gott, mal Eltern, Bruder, Schwester dir und oft genug auch treu ergeben. Nun aber liegt sie schon zum wiederholten mal hier: geplündert, geschunden und verramscht mit toten Wäldern umstellt, nackt und braun, sodass schon die Gletscher weinen.

So viele Arten sind ausgestorben und wir? Wir weinen schon wenn um uns aus Angst vor fehlendem Unsinn und Saus und Braus einmal im Jahr das Zusammensein mit vielen ausfällt. Wein doch nicht gleich, du bist doch nie alleine. 

Wir warten warten warten, so geht doch der Advent, auf die Erscheinung, die uns bald die Wende bringt. Aber was oder wer muss dann in der Krippe liegen, wie muss der "König" werden, der neu für euch und neu geboren würde, wie muss er geartet sein?

Er muss sicherlich aus eurem Fleisch und Blut und in jedem auferstehen. Dein Wille, den du sonst für alles hast, er muss sich gegen dich und für dich wenden. Er muss dich aus dem Traum erwecken, du seist in Gottes Händen. Das hast du dir nun lang genug als Ausrede ausgedacht, um weiter nichts zu wenden. Wie oft muss es noch Weihnacht werden, wie oft muss noch das kleine Kind in dir dich anflehen und wenn du nicht hörst, dich erpressen, dass du die Finger von den schädlich unsinnigen Dingen lässt. Dich auf dich besinnst und merkst: Du musst nichts lassen, sondern einfach anders machen. Du bleibst reich! Zünde nicht den Stall und deine Krippe an!

Ich rede hier nicht der Armut, nicht der Asche das Wort. Du hast doch die Gier, du hast den unbedingten Willen längst für das unmögliche, das unwahrscheinlich für dich wahr gemacht. Seit ewigen Zeiten treibst du wie die Flocken durch den Winterwald und vielen wird der Arsch soeben kalt. Und das ist gut so. Krisen sind eigentlich schöne Erpressungen. 

Welch wunderbare Nacht und alles sieht dann anders aus. Geh hinaus in diese eine Nacht der Herrlichkeit und du wirst dir selber ein Wunder.


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