3. Dezember 2023

Küsst du mit diesem Mund auch deine Mutter?

Anstand, Tugend und Würde in der Öffentlichkeit

Kaiser Nero: Man-child, Gopnik, Peter Pan (Abraham Janssens van Nuyssen: Nero, Ausschnitt)

Wir kennen alle die Geschichte vom Kaiser Nero als größenwahnsinnigen Tyrannen, der lasterhaft und mit Grausamkeit das antike Rom beherrschte. Inspiriert von Neros Niederbrennens seiner eigenen Stadt, wies Adolf Hitler am Ende des zweiten Weltkrieges mit dem sogenannten "Nerobefehl" die Zerstörung der deutschen Infrastruktur an. Wir alle haben sicher auch schon von Iwan dem Schrecklichen gehört, der schon als Kind durch Sadismus gegenüber Tieren auffiel und später seinem Volk Massenhinrichtungen, grausamste Foltermethoden und andere Grausamkeiten wie diese zukommen ließ:

"Einmal ließ er einen Fürsten in ein Bärenfell einnähen und auf das Eis bringen. Als seine großen Hunde den vermeintlichen Bären in Stücke rissen, belustigte der Zar sich so sehr, dass er vor Freude nicht wusste, auf welchem Bein er stehen sollte." (Peter Petrejus: Historien und Bericht im Großfürstenthumb Muschkow. Leipzig 1620 – Wikipedia)

Ich glaube, diesen historischen Figuren wurde in Games of Throns die Figur King Joffrey (Baratheon) gewidmet. Ein tyrannisches und grausames Kind mit absoluter Macht über ein ganzes Königreich und seine beklagenswerten Einwohner.

Aber wir müssen gar nicht so weit zurück in die Geschichte oder die Fiktion schauen, wir können uns auch im Hier und Jetzt umsehen: Putin, Trump, Erdogan, Milei (der neue argentinische Präsident) oder Bolsonaro sind allesamt solche Tyrannen-Figuren, von denen wir nach kurzer Beobachtung ganz klar sagen müssen, dass sie ein starkes Persönlichkeitsproblem haben. Einige davon, wie etwa Donald Trump, können und wurden ganz klar nach dem anerkannten DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) mit einer narzistischen Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Was mit Putin, Bolsonaro oder Erdogan nicht stimmt, zeigt sich nicht so auf den ersten Blick, aber es ist auch irrelevent. Ich finde es auch irrelevant, ob z.B. Trump tatsächlich eine Persönlichkeitsstörung hat oder nicht. Wer so gestört redet und handelt, darf heute einfach kein öffentliches Amt innehaben.

Zu denen, die in Deutschland derzeitig noch mit politischen Randfiguren umschrieben werden können, kann ich mir auch kein erschöpfendes Urteil erlauben, aber wenn man solche Menschen wie Weidel, Höcke oder von Storch rummotzen hört, wenn man sie beobachtet, wie sie die niedrigsten und grausamsten Instinkte ihrer Fans zu bedienen wissen, dann habe ich auch was ihre Persönlichkeiten angeht ein sehr ungutes Gefühl. Ob da irgend etwas in den Köpfen klinisch kaputt ist, ist ganz egal.

Küsst du mit diesem Mund auch deine Mutter?

Einzig relevant ist, dass all die historischen und temporären Tyrannen-Typen keine im aufgeklärten, volkstümlich-modernen Sinne anständige Menschen sind. Diese Typen haben keinen Anstand, sie sind nicht tugendhaft, kein bisschen liebenswürdig! Im Englischen gibt es eine Redewendung, die das auf den Punkt bringt: Do you kiss your mom with that mouth?

Im Russischen gibt es das Wort Gopnik für solche Typen: agressive und kriminielle Halbstarke, die nie zu tugendhaften Erwachsenen werden. Viktor Jerofejew hat gerade den Roman Der große Gopnik zum Aufstieg Putins veröffentlicht, in dem er das Gopnik-Verhalten als "schmutzige Dummheit", der Gewalt, Zynismus und Gleichgültigkeit zugrunde liegen, charakterisiert. Diese Typen, wenn sie nicht gleich ganz kriminell bleiben, speien ihr Leben lang Widerwärtigkeiten, Unflätigkeiten und schamlose Lügen, wann immer sie ihre Münder öffnen. Vielleicht haben sie eben nie ihre Mütter geküsst, vielleicht wurden sie einfach nie umarmt, vielleicht wurden sie schon als Kinder emotional isoliert.

Weiß ich nicht, weiß niemand und ist auch egal. Was aber nicht egal ist: Wir haben angefangen, solche Typen an die Macht zu bringen und zwar freiwillig und oft demokratisch, weil wir es so wollten. 

Wir wollen es doch gar nicht anders!

Eine Zeit lang im 21. Jahrhundert war es undenkbar, dass aufgeklärte westliche Bevölkerungen solchen Gopniks, solchen Man-children, solchen ihr Leben lang mit unreifen Persönlichkeiten durch die Gegend rennenden Menschen/Männern die Kontrolle über Gemeinschaften, Städte, Länder oder die Welt geben.

Es gab aber immer eine gesellschaftliche Nische, in der diese mächtigen Peter-Pan-Typen gedeihten: In der Führung von Wirtschaftsunternehmen. Steve Ballmer, Steve Jobs, Rupert Murdoch oder zuletzt besonders prominent Elon Musk, sind Menschen, die ihre Firmen z.T. tyrannsich und wie Kinder im Sugar-Rush nach vorne peitschen wollten. Damit einher ging immer auch eine Art der Bewunderung für diese "Macher". Politisch gibt es diese Bewunderung auch: Strongmen heißen sie... Männer, die sich nicht um die Kosten und das Leid scheren, das ihre Entscheidungen hervorrufen. Sie poltern auf dem diplomatischen Parkett, ordnen Verbote und Hinrichtungen ihrer Gegner an und zerstören demokratische Strukturen. Solche Neigungen stehen stark im Zusammenhang mit der jeweiligen Persönlichkeit dieser Menschen.

So destruktiv das für die Welt, die Menschen und die Zivilisation isngesamt ist... Wollen wir denn nicht genau das im Moment? Es scheint mir so, als wollten wir genau das gerade: Regression, Halbstarke bleiben, Kinder und Rowdies an die Macht! In einer recht harmlosen Brücke muss ich immer an die Sallos Werbung denken... Erwachsene Männer schlittern nackend über Gummi (siehe Bildausschnitt links), essen dabei Lakritze und brüllen im Chor "La la la Lakritz... Sallos oder nichts", gefolgt von Lachen und halbstarken Männergesten. Ja, das ist harmlos, vielleicht auch irgendwie lustig und sympathisch. Aber jedesmal, wenn ich das sehe, wird mir ein bisschen mehr unwohl. Es zeigt so deutlich, was wir inzwischen in der Öffentlichkeit von einander erwarten oder eben auch nicht mehr erwarten: Es ist völlig ok, wenn Männer Jungs bleiben und nicht erwachsen werden. Wie Kita-Kids spielen sie mit einander und ihre Genitalien spielen dabei mit. In eine ähnliche Richtung weisen Kneipenspiele wie Darts oder so etwas wie an nordische Volklore erinnerndes Baumstammweitwerfen: Ich wette, irgendwann hält das Einzug in die Olympischen Spiele: Ein schönes Sinnbild für das Schleifen einer klassischen Weltsicht, in der Stil, Tugend und Eleganz hoch geachtet wurden.

Das Konzept "Aufklärung" ist veraltet

Ich selbst bin auch gern "robust" unterwegs, mache "Männerkram" mit meinem Sohn, höre Hiphop, raste auf Hardrock-Konzerten aus und gehe regelmäßig Boxen. Ich bin bald 50 Jahre alt, trage keinen Anzug und halte wenig von Statussymbolen. Ich sehe durchaus, wie schwer es ist, Bildung, Tugenden und Reife im Alltag zu leben. Auch ich drücke mich gern vor Verantwortung und hielte gern fest an einer Adoleszenz, die mir rein altersbedingt schon seit ungefähr 30 Jahren nicht mehr zusteht.

Wie ist es aber, wenn ich an die übergreifenden Strukturen denke, in die wir alle eingebettet sind? Will ich von Halbstarken, von Gopniks, von Menschen regiert werden, die emotional nie reif wurden und lieber Tiere quälen, als den Planeten retten? Nein! Ich will, dass unser Land, unsere Welt von klugen Menschen regiert wird, von Menschen, die sich an wissenschaftlichen Prinzipien und Tugenden wie Freundlichkeit, Mäßigkeit, Solidarität und Empathie orientieren. Ob sie in ihrer Freizeit Baumscheiben schmeißen, Lakritze essen oder Hardrock hören, ist natürlich völlig egal...

Viktor Jerofejew sagt, dass er bei der Arbeit an seinem Gopnik Buch feststellen musste, "dass wir im 21. Jahrhundert ... den Begriff Aufklärung als solchen leider verlieren werden – er ist veraltet." Ich fürchte damit hat er Recht, das Barbarische greift wieder um sich und es wird von uns Kidults auf der ganzen Welt gefeiert. Durchgreifen, Mauern bauen, Bäume fällen, Menschen in Lager stecken, den politischen Gegner wie auf dem Schulhof verkloppen... das alles sind doch irgendwie Symptome, die wir zunehmend beobachten können, oder?

Persönlichkeit ist Trumpf

In der Politik sticht Persönlichkeit letztlich fast alles. Ich würde sogar sagen, Persönlichkeit sticht Erfahrung und Fachwissen. Wer eine korrupte, eine unreife Persönlichkeit hat, unter Wahn oder Hass leidet, der fällt falsche Entscheidungen und zwar solche, die sich nicht am Gemeinwohl orientieren und um dieses Wohl geht es in der Politik. Wir sehen und hören es diesen Leuten doch an! 

Wenn wir intuitiv das Gefühl haben, da spricht Hass aus einem Politiker oder Dummheit oder Zynismus, dann sind das starke Indikatoren für Anstandslosigkeit, für Unreife, für eine gekränkte oder manipulative Persönlichkeit. Solche Mernschen verdienen zwar unser Mitleid, aber wir dürfen ihnen nicht das Schicksal eines Landes anvertrauen. Um das zu spüren, muss man keine Politik, Psychologie oder Philosophoie studiert haben, das ist gesunder Menschenverstand.

Hören wir hin und unterstützen und wählen wir die, die eine positive Zukunftsvision haben, die Hoffnung und Empathie verbreiten und Kompetenz ausstrahlen und die bereit sind, mit dem politischen Gegner Kompromisse einzugehen. Wer diese Dinge nicht mit in die Politik bringt, wird nichts Gutes vollbringen. Donald Trump beispielsweise will mit dem Thema "Rache" und "Vergeltung" die Präsidentschaftswahl 2024 in den USA gewinnen. Was bitte ist das denn für eine Zukunftsvision? Was hätten die von ihm regierten Menschen davon? Rache und Vergeltung beziehen sich lediglich auf die Vergangenheit, da wird nichts Positives in Aussicht gestellt. Und wer möchte schon von einem rachsüchtigen Präsidenten sein Land beherrscht sehen? Aus all den Populisten in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Ungarn etc. sprechen diese niederen Beweggründe, das Draufhauen auf Schwächere, die Diffamierung anders denkender, die Dämonisierung des politischen Gegners – insgesamt einfach eine extrem schlechte Laune von verbitterten Menschen, denen es an Anstand, Würde und Weisheit zu fehlen scheint.

Ich würde alle bitten, bei anstehenden Wahlen in der Politik, bei der Wahl des Arbeitgebers und beim Reden in der Öffentlichkeit wieder die Seite des Anstandes, der Integrität, der Reife in den Fokus zu stellen. Regression, wieder Kindsein und einfach reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist... das ist alles ok. Aber es ist keine Qualifikation für ein politisches oder gesellschaftliches Amt.


Das passt dazu:

11 Kommentare:

  1. Generell kann ich da zustimmen. Ich verstehe nur die Aufzählung der üblichen Verdächtigen nicht. Wir werden schließlich aktuell von geisteskranken Psychopathen und korrupten Verbrechern regiert. Sollte der Fokus nicht zunächst dort liegen?
    Oder wollen wir uns das weiterhin bieten lassen und uns stattdessen an Namen abarbeiten, welche die Politik und Gesellschaft aktuell gar nicht beeinflussen.

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    1. Danke für den Kommentar.

      Klingt übel und tut mir Leid, dass Sie von geisteskranken Psychopathen und korrupten Verbrechern regiert werden. Das muss furchtbar sein.

      Ich werde von Politikern regiert, die auf eine üble Hinterlassenschaft (oder Stillstand) ihrer Vorgängerregierung und zudem auf unvorhergesehene Probleme (wie den Krieg in der Ukraine) reagieren müssen und die deshalb gezwungen sind, Wege zu gehen, die sie lieber vermieden hätten.

      Aber wie Sie ja an der historischen Spanne des Artikels sehen, geht es mir auch gar nicht um Tagespolitik, sondern um die alte und immer noch spannende Frage, warum die Bürger, die von diesen Wanna-be-Tyrannen nur das Schlimmste zu befürchten hätten, ihnen dennoch hinterher rennen. Das war die Frage, die ich mir gestellt hatte.

      Und die Aufzählung der "üblichen Verdächtigen" ist vielleicht wirklich nicht besonders originell, aber aus meiner Perspektive zumindest weiterhin abschreckend. Ich will nämlich nicht, dass meine Stadt brennt oder auch nur das Regierungsgebäude und ich will keine folternden Tyrannen und ich will keine Machthaber, die einfach in Nachbarländer einmaschieren oder Regenwälder samt indigener Bevölkerung auslöschen. Daher die Auswahl.

      Ich drücke Ihnen die Daumen... geisteskranke Verbrecher werden in der Regel irgendwann von der unabhängigen Justiz (ein Glück, dass es so etwas hier gibt, wo ich wohne) entweder in ein Gefängnis oder – wenn wirklich krank – in eine Anstalt eingewiesen.

      Am Ende vielleicht der Hinweis: Selbst wenn man seine Regierung für verfehlt hält, sollte man nicht versuchen, Tyrannen an ihrer Stelle zu installieren.

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  2. "Wir kennen alle die Geschichte vom Kaiser Nero als größenwahnsinnigen Tyrannen, der lasterhaft und mit Grausamkeit das antike Rom beherrschte."

    Wir alle kennen christliche Propaganda. SCNR.

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    1. Klar, Propaganda gibts immer von beinahe allen einflussreichen Institutionen, die ihren Einfluss erhalten oder steigern möchten. Bin mir nicht sicher, dass das etwas wesentlich am oben Gesagten ändert. Wenn, dann gern erläutern.

      No need to resist!

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    2. Ich habe bewusst Propaganda aufgebracht, um augenzwinkernd den Kardinalfehler im Feuilleton, in Psychologiemagazinen und auch in diesem Blog zu beleuchten: "Sind wir nicht alle ...?", "Es ist die Zeit von ...", "... hat wieder Hochkonjunktur, zuletzt war es im alten Rom so verbreitet", "Wie konnte ... so populär werden?" Diese absurde Zuspitzung, Verallgemeinerung, gepaart mit historischem Rückgriff, besorgter Pathologisierung, Untergang des Abendlandes. Alles nur, weil - wenn es nicht zu Verkaufszwecken gemacht wird - die Landkarte mit dem Gelände verwechselt wird: In den Unterhaltungsformaten scheint keine tiefere Wahrheit durch, es ist Unterhaltung. Der Rest der Gesellschaft, wenigstens in Erstweltländern, geht in Richtung Sanktionierung von Grenzüberschreitungen - aber hallo, hier ist ne Lakritzwerbung und n Buch, Untergang des Abendlandes! Als ob manche Leute von Untergangs-Verkaufsskripten profitieren würden ...

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    3. Deswegen verwirrt dieses "Bye, bye, Aufklärung!" auch: Seit wann hat die Denkrichtung einen Anspruch auf die Rationalisierung selbst seichtester Unterhaltung? Und die Lakritzwerbung als Mahnzeichen für die Hunnenponys am Horizont - warum klingt das so nach Gegenaufklärung?

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    4. Naja, vielleicht schießt der Kommentar da etwas übers Gemeinte hinaus. Ich warne ja keinesfalls vor dem "Untergang des Abendlandes" oder den "Hunnenponys am Horizont" :)

      Da sei mir der Hinweis gestattet, dass die Hunnen ja keinesfalls mit dem Untergang des Abendlandes in Verbindung gebracht werden können. Wenn man da einen Zusammenhang sehen will, dann vielleicht umgekehrt: Die Hunnen haben zum Aufstieg des Abendlandes massiv beigetragen, da braucht man nur mal das Niebelungenlied lesen, den Einfluss auf das römische Reich oder die archäologischen Erkenntnisse zurate ziehen.

      Aber ich schweife ab und will mit dem Artikel lediglich sagen: Wählt keine Arschlöcher! Wählt keine Leute, die laut rum schreien und die Menschen gegeneinander aufbringen, indem sie Hass schüren, den politischen Gegner diffamieren, kriminalisieren, entmenschlichen etc.

      Können wir uns auf diese "grund anständige" Forderung an uns alle einigen oder ist auch das schon ein Schritt zu weit?

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    5. Die Forderung ist okay, ich habe nur das Setup dafür kritisiert: Wer mit der Fackel der Aufklärung Schatten wirft, sollte vielleicht einfach mal raus aus der Höhle ;)

      Puh, wo anfangen?

      "insgesamt einfach eine extrem schlechte Laune von verbitterten Menschen, denen es an Anstand, Würde und Weisheit zu fehlen scheint"
      Ich weiß nicht, wie häufig Sie mit Politikern oberhalb von Landesparlamenten zu tun haben (ich als Journalist leider ein bisschen zu viel), aber die Meinung, dass die gespielte Rolle inklusive vertretener Wertvorstellungen nicht einfach nur aus Karrieregründen gegeben wird, ist schon mutig.

      "Wenn wir intuitiv das Gefühl haben, da spricht Hass aus einem Politiker oder Dummheit oder Zynismus, dann sind das starke Indikatoren für Anstandslosigkeit, für Unreife, für eine gekränkte oder manipulative Persönlichkeit."
      Wer sich getriggert fühlt, soll am besten einfach denken, der ANDERE sei unreif oder gekränkt? Das sorgt wahrscheinlich für den nötigen aufgeklärten Diskurs unter mündigen Bürgern, die nicht so leicht zu emotionalisieren sind ...

      "Diese Typen, wenn sie nicht gleich ganz kriminell bleiben, speien ihr Leben lang Widerwärtigkeiten, Unflätigkeiten und schamlose Lügen, wann immer sie ihre Münder öffnen. Vielleicht haben sie eben nie ihre Mütter geküsst, vielleicht wurden sie einfach nie umarmt, vielleicht wurden sie schon als Kinder emotional isoliert."
      Mensch, das klingt aber genau nach dieser Entmenschlichung, mit der die bösen Männer arbeiten. Aber es ist ja für die gute Sache - und mit der Brille des Psychiaters statt der des Spin-Doctors, dann geht das schon in Ordnung.

      "Ob da irgend etwas in den Köpfen klinisch kaputt ist, ist ganz egal."
      Eben, da schweigt der Philosoph.

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    6. Na jetzt fängt es an, Spaß zu machen! "Wer mit der Fackel der Aufklärung Schatten wirft, sollte vielleicht einfach mal raus aus der Höhle" – Das muss ich mir merken :)

      Und danke auch für den Spiegel: Ich bin selbst nicht unfehlbar und schon auch mal "getriggert" (im vulgarisierten SInne des Wortes), gekränkt und unreif. Ich meine nur, dass man daraus keine öffentlichkeitswirksame Karriere machen kann. Politiker, Journalisten, sonstige "Influencer" dürfen sich diesen Impulsen nicht hingeben und vor allem sollten sie aufpassen, dass sie das nicht bei ihrem Publikum bedienen... Aber da kommt ins Spiel, was Sie oben sagen: "vertretene Wertvorstellungen aus Karrieregründen". Guter Punkt.

      Mir fällt es natürlich schwer, einzig auf Intuition abzuheben. Auf der anderen Seite ist es inzwischen ganz klar, dass in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit die Intuition und der Impuls die Analyse ganz klar abgelöst haben. Und damit muss man arbeiten, denken. Ich hatte schon in meiner Jugend mit angstvollem Blick gesehen, wie diese Antihelden immer beliebter wurden und ich fürchtete immer, dass diese Antihelden irgendwann unsere Regierungen anführen werden. Inzwischen sind wir da: Unsympathen werden gefeiert. Trump ist ein Joker und seine Anhänger rennen als Schamanen verkleidet mit Heugabeln in die geheiligten Hallen. Das kann schon Angst machen, oder?

      Den Psychiaterblick (emotional isoliert, von Müttern nicht gedrückt) will ich ja eben nicht in dieser Diskussion! Der muss dabei eben ganz egal bleiben. "Weiß ich nicht, weiß niemand und ist auch egal. Was aber nicht egal ist: Wir haben angefangen, solche Typen an die Macht zu bringen und zwar freiwillig und oft demokratisch, weil wir es so wollten."

      Das ist natürlich alles gar nicht philosophisch, sondern einfach mal abgelassen. Und auch nur gewundert: Warum wählen Menschen nicht einfach das, was ihnen anständig vorkommt, wo sie Liebenswürdigkeit vermuten, wo sie das Gefühl haben, da gibt es einen positiven Ansatz, ihr Leben zu verbessern?

      Wenn mein im Artikel gewähltes Setup für diese ziemlich klare Frage und Kritik nicht funktioniert hat, dann hat jetzt vielleicht dieser Kommentardialog zwischen uns geholfen. Danke dafür! Das hilft der Klarheit.

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  3. Toller Artikel! Der 1991 gestorbene "Medienphilosoph" Vilém Flusser hat für die Zukunft zwei Möglichkeiten gesehen: Entweder schwingt sich die Menschheit mittels "vernetzter Diskurse" (es gab noch kein Internet, er forderte es jedoch) zu verbesserter Kommunikation und vernünftigem Handelnd auf - oder es werde ein allgemeiner "Kindergarten" mit entsprechenden Folgen. Ich denke, wir sind leider auf der Kindergarten-Schiene! (und Kinder sind auch oft grausam).

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    1. Danke Claudia! Gute Beobachtung... Erinnerst du dich noch wie wir in der MLN Netzliteratur all die optinistischen Szenarien zum Internet hatten? Ich habe daraus sogar meine Magisterarbeit gemacht. Was für ein kurzfristiger Irrtum! Aus diesem wirklich revolutionären Ansatz ist letztlich v.a. E-Commerce, Verschwörungstheorie und Wählerbeeinflussung geworden... Kurzfristig zumindest, wie nach jedem großen Medienwandel. Vielleicht kommt die goldene Zeit noch ;)

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