29. April 2017

Warum die Identitären falsch liegen

Wir müssen das Spannungsverhältnis "Identität" aushalten

Zum Wesen realer Zivilisationen
gehört der Wille, das Unwahrscheinlichste
in den Rang von Normalität zu erheben.
(Peter Sloterdijk)

In der letzten Zeit und auch jetzt rund um die französischen Wahlen hört man immer wieder von Leuten, die sich "Identitäre" nennen und man könnte denken: Ja, natürlich ist eine Identität wichtig. Nicht nur unsere Individualität, auch eine Zugehörigkeit zu einem größeren Ganzen gehört zur Identität. Ist also nichts zu sagen, gegen diese sogenannten "Identitären"? Parken wir die Frage und schauen uns erst einmal die Spannung zwischen individueller und gesellschaftlicher Identität an.

Der Philosoph Peter Sloterdijk – ein progressiver und liberaler Konservativer – zeigt in seinem Essay "Fast heilige Schrift" anhand des deutschen Grundgesetzes, wie unserem demokratischen Verständnis diese anthropologische Spannung zwischen Ich und Gesellschaft zugrunde liegt und wie gerade darin das Element der politischen Freiheit zu finden ist. Sloterdijk lenkt die Aufmerksamkeit darauf, dass das Grundgesetz mit einem Katalog der menschlichen Grundrechte beginnt, aus dem das erste als Kondensat unseres sich seit der griechischen Antike entwickelnden Humanismus wohl allen geläufig sein dürfte:

"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." (Wikipedia: Grundrechte)

Hierin finden wir die liberale Grundierung unseres Grundgesetzes, denn die Würde des Menschen ist immer eine individuelle Qualität und völlig unabhängig von irgendeiner Zugehörigkeit zu einem Volk, einer Familie oder einer Kaste. Das Volk, das als staatliche Gewalt seinen Ausdruck findet, gibt sich die Aufgabe, das Individuum und seine Würde zu schützen und nicht das Individuum etwa einem Volkskörper oder sonst einer größeren Struktur unterzuordnen. Sloterdijk schreibt dazu:

"Nie mehr darf das souveräne Staatsvolk als ein totales Kollektiv aufgefaßt werden, erst recht nicht als eine genetisch bedingte Kollektivsubstanz im Sinne einer völkischen Ideologie." (Sloterdijk, Was geschah im 20. Jahrhundert?: Unterwegs zu einer Kritik der extremistischen Vernunft S. 300)

Sloterdijk nennt die das Grundgesetz einleitenden Grundrechte einen "Zaun erhabener Schutzformeln", der in Würdigung der aus der Nazizeit gelernten Lektionen um den einzelnen Bürger gezogen wurde, um ihn vor "Übergriffen selbstherrlicher Kollektivorgane zu schützen" (ebd.). Solche selbstherrlichen Kollektivorgane hatten "die Deutschen" zuvor beispielsweise in religiösen, militärischen und politisch-völkischen Zusammenschlüssen erfahren. Solche Zusammenschlüsse ansich sind nicht das Problem, sie müssen vielmehr – wenn nicht verfassungsfeindlich – ermöglicht werden, aber sie dürfen sich eben nicht zur Beherrschung der Bürger eines Staates ermächtigen. Damit einher geht eine interessante Spannung:

"Mit seinem ersten Satz bekennt sich das deutsche Grundgesetz zu der immerwährenden Offenhaltung des Konflikts zwischen dem Prinzip der Volkssouveränität und dem Prinzip der souveränen Würde des Einzelnen." (Sloterdijk, ebd., S. 301)

Mit anderen Worten: Das, was uns die neu erwachten Demokratieverächter immer unter die Nase reiben – die angebliche Knebelung ihrer individuellen Zugehörigkeitsbedürfnisse zu was auch immer – ist nichts anderes als ihre eigene Unfähigkeit mit einer Spannung umzugehen, die wir alle haben und die jeder sozialen Gemeinschaft schon im nötigen Spannungsverhältnis zwischen Kooperation und Egoismus zugrunde liegt. Der Vorschlag jener Leute, die es zu schwierig finden, diese Spannung, dieses Sowohl-als-Auch auszuhalten, besteht darin, die Spannung abzuschaffen, indem zugunsten einer Gruppenzugehörigkeit auf die Würde des Einzelnen (insbesonderer jenes einzelnen, der dieser Gruppe nicht angehört) verzichtet werden soll. Das äußert sich in Forderungen danach, die Rechte dieser Menschen einzuschränken, sei es das Aufenthaltsrecht oder das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit oder das Recht auf Existenzsicherung. Genau darin besteht die Unmöglichkeit der "identitären Bewegung", sie ist genau diese "Kollektivsubstanz im Sinne einer völkischen Ideologie", vor dessen selbstherrlichen Übergriffen der Staat als Container aller und eben auch solcher problematischen antidemokratischen Identitäten geschützt werden muss. 

Die Spannung, die wir aushalten müssen, liegt also zum einen darin, dass unsere ganz individuellen Bedürfnisse nicht immer zum großen Ganzen, dem sozialen Gemeinwesen, passen. Wir merken diese Spannung zum Beispiel, wenn politisch etwas geschieht, mit dem ich nicht einverstanden bin, das ich zähneknirschend aber dafür in Kauf nehme, dass der Staat im Großen und Ganzen doch meine individuellen Rechte und Interessen schützt. Es ist ein Balance-Akt zwischen individueller Freiheit auf der einen und individueller als auch gemeinschaftlicher Sicherheit auf der anderen Seite. Ich persönlich meine, es ist immer lohnend, eine kleine Freiheit für eine große Freiheit zu opfern. Zum anderen liegt eine Spannung darin, dass Demokratie und Menschenwürde immer Zielgrößen sind, die umfänglich anzustreben sind, weil sie bislang und vielleicht nie in Perfektion erreicht wurden und werden.

In diesen zwei Spannungen, der identitären (zwischen Individuum und Gemeinschaft) und der zeitlichen (zwischen Status Quo und Optimum), liegt unsere politische Freiheit. Der Irrtum von Reichsbürgern, Identitären und sonst irgendwie völkisch orientierten Spannungsverweigerern liegt – abgesehen vom spießig-kleinbürgerlichem Dünkel – darin, dass sie ihre und unsere große Freiheit abschaffen würden, indem sie lediglich ihre eigene kleine Freiheit durchsetzen wollten. Bleibt bei uns, liebe Spannungsverweigerer, lernt die Spannung auszuhalten und euch am demokratischen und menschenwürdigen Großprojekt zu beteiligen. Das macht nicht immer Spaß und erfüllt uns nicht jeden Wunsch, aber es ist der Mühe wert, weil wir damit als Fundament alle unsere individuellen Verrücktheiten leben dürfen, ohne andere zu entwürdigen.



Das passt dazu:

10 Kommentare:

  1. Gut, dass mal jemand die INHALTE dieser seltsamen "Bewegung" auf den Prüfstand stellt! Dauernd nur ignorieren und bashen hilft nicht, denn - siehe AFD - können sie sich nur umso besser als "Opfer" stilisieren, die sie definitiv nicht sind.

    Dein Artikel hat mich inspiriert, mal auf deren Seite zu gehen. Das liest sich alles fast harmlos, ist es aber nicht. Und sie tun so, als seien sie eine große, schnell wachsende Jugendbewegung, dabei handelt es sich um eine kleine Aktivistengruppe, großteils mit rechtsradikalen Wurzeln, die mit spektakulären Aktionen "Masse" vortäuschen.

    Wie auch immer, in deren "Forderungen" steht z.B.:

    "Wir wollen endlich eine offene Debatte über die Identitätsfrage im 21. Jahrhundert. Das etablierte Meinungsspektrum verengt diese Frage lediglich auf die Utopie einer einheitlichen One-World-Ideologie. Wir hingegen fordern eine Welt der Vielfalt, Völker und Kulturen. Die Bewahrung unserer ethnokulturellen Identität muss als Grundkonsens und als Grundrecht in der Gesellschaft verankert werden."

    Wer hätte denn je gefordert, dass in der "einen Welt" nurmehr eine einzige, dann "weltkulturelle" Identität vertreten sein soll? NIEMAND! Ganz im Gegenteil sprechen sich Linke (der Hauptgegner der Identitären) immer wieder für kulturelle Vielfalt aus.

    Zum Thema "Gemeinschaft" wird darauf verwiesen, dass eine allein materielle Ausrichtung nicht genug Sinn im Leben gebe. Wie wahr! Wer würde das nicht unterschreiben?

    Was bedeutet das nun für die Identitären? Ich lese weiter:

    "Die Verteidigung unserer ethnokulturellen Identität schließt auch das lebendige Erleben unserer Tradition und Kultur mit ein. Wir wollen nicht nur auf Missstände hinweisen, sondern auch die realen Möglichkeiten und Umsetzungen unserer Forderungen aufzeigen und authentisch vorleben.
    Daher bieten wir einen vielfältigen Kosmos aus Gemeinschafts- und Kulturveranstaltungen. Von Liederabenden, Volkstänzen, Sport und Selbstverteidigung, Wanderungen und informativen Bildungsveranstaltungen schaffen wir Angebote und Alternativen zur oberflächlichen Massenkultur des modernen Zeitgeistes..."

    Ja hey, hat jemals irgendwer versucht, Liederabende, Volkstänze oder Sportveranstaltungen zu verbieten? Es gibt Trachtenvereine und Volkstanzgruppen, die den Schuplattler und die Weißwurst hoch halten und viel derartiges Brauchtum mehr. Niemand hindert sie daran!

    Der Trick in der "Argumentation" der Identitären besteht daran, dass sie die Begriffe "ethnokulturell", "Gemeinschaft" und "Gesellschaft" so wischiwaschi unscharf zusammen werfen ("Grundrecht in der Gesellschaft") - und nicht klar sagen, was sie wirklich wollen: dass DER STAAT sich auf die Seite einer altdeutsch-tümelnden Kultur schlägt und diese als einzige Leitkultur durchsetzt.

    Dazu passen die Forderungen nach "Remigration" und "Hilfe vor Ort", denn das sind Staatsangelegenheiten. Auch diese Forderungen sind so "soft" formuliert, dass Lesende sie "eigentlich ganz vernünftig" finden können. Denn erstmal (!) geht es ja nur um "Illegale" (definiert wird das nicht!)- und wer könnte dagegen sein, dass "vor Ort" geholfen wird?

    Bei alledem sind sie eine kleine Minderheit und ich hoffe, das bleibt auch so. Ihr "etnokulturelles Angebot" ist vermutlich für den Großteil der Jugend nicht hip genug - wer will schon "Liederabende"?

    Sie irren in dem, was sie für "deutsch" halten. Denn "deutsch" ist auch das, was Böhmermann in seinem denkwürdigen Video "Germans on the Rise" so humorig zusammen gefasst hat.

    https://www.youtube.com/watch?v=HMQkV5cTuoY

    Ich sage AUCH, weil wir mittlerweile wissen, dass es noch andere Strömungen in DE gibt, die sich auch lautstark bemerkbar machen. Das heißt aber nicht, dass das hier besungene Deutschland unwahr wäre. Es ist nur nicht alles.

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    1. Danke für die "Quellenlese" :) Immer wichtig, um nicht pauschal zu bashen. Du hast das super analysiert, das vermeintlich Harmlose, das sich selbst in die Opferecke Stellen, das So-Tun als würde man ihnen ihre Identität verwehren wollen. Das ist alles nur ein Deckmäntelchen für rechte Diskriminierung und leider sehr verlockend, wenn man sich nicht tief reindenkt.

      Ich denke, die eine Ursünde dieser "Bewegung" ist diese: Ihre eingeforderte Identität funktioniert nur auf Negierung, Ausgrenzung und Verleumdung anderer Identitäten neben ihnen. Würden sie sagen, unsere Identität ist uns wichtig, wir wollen sie gleichberechtigt neben anderen Identitäten in Deutschland leben, dann wäre das Multikulti. Ein auf den ersten Blick feiner, aber grundlegender Unterschied. Marokkaner dürfen gern ihre Identität leben und zwar in Marokko. Marokkaner in Deutschland haben gefälligst eine deutsche Identität zu leben oder eben zu "remigrieren".

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  2. Das Thema „Spannung“ ist ein großes Thema. Es gefällt mir sehr.
    In der biologischen Organisation ist das sicher ein großes Thema. Ständig werden dort Funktionalitäten abgeglichen und immer neu austarriert. Wagners Buch „Arrival of the fittest“ zeigt, wie so etwas wohl aussieht: Multidimensionale „Datenbanken“ werden durchwandert, auf ingeniöse Weise, um etwa die Funktion eines Stoffwechsels zu erhalten und ihn aber gleichzeitig zu erweitern. Auf dem Wege dahin können bis zu 60% der Bausteine ausgetauscht werden, ohne daß die Ursprungsfunktion verlorengeht.
    Der Mensch organisiert sich biologisch auch in gewissen Segmenten neu: Blut, Darmgewebe, Haut: Permanentes Austauschen. Wie heißt es so schön, etwas überspitzt: Zwei aufeinanderfolgende Essen erleben einen völlig neuen Darm.

    Das nur als kleinen Ausflug.
    In der Gesellschaft und der Politik sind wir mit der gleichen Thematik des Austarrierns beschäftigt. Es gehört dazu. Das tägliche Ringen und Nachbessern. Selbst wenn es einen Großteil der Energie verschlingt.
    Ich finde das spannend und sogar erotisch.
    Sich immer neu ein Bild machen.
    Große und kleine Freiheiten:
    Ich habe meine Arbeit akzeptiert, die in Anteilen mühsam und auch manchmal quälend sein kann, aber sie verschafft mir eben auch andere Freiheiten wie eben das hier: In Ruhe und mit klarem Kopf (den ich gerade eben NICHT habe) am PC zu schreiben.
    Ich bin sogar für weitere Einschränkungen: Im Verkehr, im Nutzen von Energie und Rohstoffen, im Konsum ect. Schliesslich sind wie eine LEBENSGEMEINSCHAFT.
    Unlängst auf einer Wanderung ein Schild entdeckt: Bitte pflücken Sie diese Schlüsselblumen nicht. Sie sind schön alleine durchs Anschauen“.
    Ja es stimmt,was Du sagst: Verkürzte Wahrheiten und Antworten: Die brauchen wir nicht. Wir haben die Komplexität zu akzeptieren und sie in großen Teilen sogar zu lieben.
    Das nur ehrlicherweise als kleine Reflektion auf Deinen Artikel . Zu mehr bin ich heute nicht in der Lage…

    Gerhard
    Kopfundgestalt.com

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    1. Danke Gerhard! Das sind interessante Erweiterungen. Es ist sicher eine Balance, die wir da treffen müssen. Ich bin auch soweit freiheitsliebend, dass ich z.B. Fahrverbote (eigentlich nur eine recht kleine Einschränkung verglichen mit der Freiheit des gesunden Atmens), nur dann richtig fände, wenn dem ein entsprechend dringender Anlass gegenüber steht. Zu große Einschränkungen strapazieren den Frieden in einer Gesellschaft eben auch.

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  3. Schöner Beitrag. Da gibt es doch diese Wortkreation: "Nipster":
    Nazi + Hipster = Nipster. Viele (wenn nicht die meisten) Identitären sind doch genau das. Man ersetze Bomberjacke, Springerstiefel und Lonsdale-Shirt bei den ganzen nationalkonservativen Kulturkonservierungsfanatikern mit Vollbart, Ipad und Holzfällerhemd. Alles 'n bissel fresh, hip und modern machen.

    Leider fallen viele auf dieses trojanische Pferd rein, weil die sich ja Mühe geben alles so intellektuell rüber kommen zu lassen. Wenn ich schon "ethnokulturell" oder "ethnopluralistisch" lese gehen bei mir eh die Alarmglocken an. Das heißt doch nichts anderes als das gefälligst alle unter sich bleiben sollen und schön VERSCHIEDEN sind, damit es einen Grund gibt sich abgrenzen zu können. Nicht nur die eigene Kultur soll "verteidigt" und "beschützt" werden sondern die anderen sollen gefälligst auch so sein wie wir ... nur eben anders ... (auch schon irgendwie dämlich, oder?!)

    Wenns nach mir geht sollen alle auf der Welt sich kreuz und quer durchmischen und viele "Mischlingsbabys" bekommen. So n richtig guten Mix des Genpools. So sehr das die ganzen Rassenfanatiker 'n Herzinfarkt bekommen!

    Ich begreif' die eh alle nicht. Immer diese Panik. Oh nein nein, der Weihnachtsmarkt heißt jetzt Wintermarkt ... unsere Kultur geht unter ... Hilfe Hilfe! Meine Fresse... Kein bisschen Souveränität, nur Hysterie.

    Das Lied vom Böhmermann finde ich auch sehr gut, er hat das wirklich gut getroffen was das "das Deutsche" (wenn man so will) heute eigentlich wirklich ausmacht. Die AFD usw. ist wohlmöglich einfach ein Aufstand der Vergangenheit bevor diese endgültig untergeht. Soll die absaufen, ich werde die Mentalität nicht vermissen.

    Ich bin eben auch Stolz drauf, nicht Stolz zu sein! Ich bin weder Patriot noch habe ich Nationalstolz. Ja, ich bin Deutscher. Ja, ich habe eine gewisse Heimatverbundenheit. Ich habe das große Glück und Privileg gehabt vor knapp 35 Jahren in einem der Länder mit der höchstens Lebensqualität der Welt geboren worden zu sein und bin in diesem Land aufgewachsen. Ich bin DANKBAR dafür. Ich bin aber nicht stolz darauf. Ich hab mich nicht selbst aus meiner Mutter rausgezogen und die Nabelschnur durchgeschnitten! Kein Mensch kann vor seiner Geburt bestimmen wer oder was er wird. Es ist ein kosmischer Zufall. Das will aber häufig nicht so recht in das Hirn von machen. Meine Identität ist: Mensch. Planet: Erde. Ich bin auch nicht pünktlich, weil ich Deutscher bin sondern weil Pünktlichkeit für sich selbst einfach sinn- und wertvoll genug ist. Das kann auch jeder andere auf der Welt genauso gut oder genau so schlecht sein, vollkommen unabhängig von Ethnie usw. Trifft auch auf Gründlichkeit usw. zu. Klar gibt es Ländertypische Eigenarten bei den Menschen. Die sind aber nicht absolut und auch nicht bei jedem gleich.

    Jeder soll doch leben wie er mag und sich Leute finden die ebenso ticken. Dabei achtet man auf Regeln und Gesetze und verletzt und schadet niemand anderem. Was ist den so schwer daran? Etwas das mir nicht gefällt schadet mir auch nicht zwangsläufig gleichzeitig. Das begreifen viele wohl auch nicht. Wenn mir etwas schadet, darf ich dagegen in einem gewissen Rahmen vorgehen. Wenn mir aber etwas (nur) nicht gefällt, dann toleriert man das oder meidet es.

    Ich denke das dieses ganze Theater aber erst in ferner Zukunft ein Ende findet wenn die Menschen (hoffentlich) so weit entwickelt sind das Nationalstaaten der Vergangenheit angehören.



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    1. Danke, werter Gast, du sprichst mir aus der Seele. Ich kann mir schon vorstellen, wie Leute ihre Souveränität verlieren und gegen Hysterie eintauschen und mir tut das auch Leid, aber tolerieren will ich das dennoch nicht.

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    2. Verstehe ich. Solange es aber "nur" Hysterie bleibt, bleibt einem ja nichts anderes übrig. Nicht alles was einem nicht passt, kann man auch verbieten. Es ist nur richtig und wichtig wachsam zu bleiben und klare Grenzen zu ziehen.

      In Deutschland sind wir ja zum Glück noch in einer recht komfortablen Position, da die rechten hier auf Bundesebene ja gerade mal um die 10 % erreichen. Die sind eben bei weitem nicht "das Volk" sondern "eine Minderheit"! Ganz anderes ist das halt in Polen, Ungarn, Frankreich, Türkei ... USA. Wenn die Hysterie alles infiziert und kaputt macht ist es nur fast schon wieder zu spät.

      Tolerieren heißt per Definition ja auch "erdulden, ertragen,...".
      Es heißt mitnichten etwas gut finden zu müssen.

      Wir sind ja eine wehrhafte Demokratie. Gute Gewaltenteilung usw. Außerdem haben wir die Ewigkeitsklausel und das Widerstandsrecht in unserer Verfassung. Wie gut ein demokratisches System machtgierige Irre aufhalten und stoppen kann sieht man derzeit in den USA. Wie schlecht es auch laufen kann sieht man in der Türkei über die letzten Jahre. Polen, Ungarn ... wird sich zeigen ...

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    3. Ich weiß nicht, ob so einer 10% Prognose auch nur 10% solcher Leute in der Bevölkerung gegenüberstehen. Deutsche Rechtsextremismus-Studien gehen von > 40% Menschen mit latent rechten Einstellungen (z.B. gegenüber Einwanderung) aus. Die Leute begreifen sich selbst nicht als rechts und wählen auch nicht alle AFD, aber sie sind anfällig für Demokratiezersetzer.

      Petry ist ja mit ihrer Marine-Le-Pen-Strategie (also rechtsextreme Parteien für die breite Masse wählbar zu machen) parteiintern vorerst gescheitert. (Ein Glück sind die dort zu doof.) Dass das für die Zukunft hält, ist keineswegs ausgemacht. Insofern hast du völlig recht: Klare Grenzen setzen, wachsam bleiben und vor allem mitmischen. Ich habe übrigens größere Hoffnung für die USA, Frankreich und die westeuropäischen Demokratien. Die Türkei, Polen und Ungarn (vielleicht auch Sachen ;) haben es nicht so leicht, weil sie nie stabile Demokratien waren. Die Türkei hat mentalitätsgeschichtlich und religiös ganz andere Herausforderungen. Da habe ich wenig Hoffnung.

      Ja, diese Ewigkeitsklausel ist interessant. Tatsächlich ein Schutz vor Verfassungszerstörung oder nur Worte, wenn es hart auf hart kommt?

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    4. Ich denke schon das die Ewigkeitsklausel und das Widerstandsrecht sehr hilfreiche Mittel sein können, die Werte zu erhalten die diese ja auch schützen sollen. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Des MENSCHEN! Nicht der DEUTSCHEN! Hoffen wir dennoch das wir uns darüber real nie wirklich Gedanken machen müssen.

      Denn sollte es in Deutschland tatsächlich irgendwann schon wieder (wie '33) dazu kommen, das die Demokratie sich selbst abschafft, bin ich vorher lange weg und ausgewandert. Ich hab keinen Bock auf Pöbelherrschaft. Ich geh in den Bhutan. Die haben eine nicht wachstumsorientierte ökologische Ökonomie mit Bruttonationalglück ;)

      Die Türkei scheint sich immer mehr an den zentralasiatischen -stan's zu orientieren. Usbektistan, Kirgisistan, Turkmenistan, ... auch alles Pseudodemokratien und Defacto-Autoritäre korrupte Systeme. Echt Schade um die Türkei. Gestern Wikipedia gesperrt und TV-Shows verboten. Morgen wohlmöglich Todestrafe eingeführt. Dann wird beschlossen das Dieben die Hand abgehackt wird? Oder Frauen dürfen in der Öffentlichkeit nicht lachen? Ich sehe auch kommen das es einen massiven Braindrain geben wird. Welcher aufgeklärte Mensch bleibt denn in so einem Land? Tourismus wird weiterhin einbrechen. Erdogan scheint das mit der Meinungsfreiheit so zu sehen wie Henry Ford damals beim Model T: "Sie können jede Farbe haben, solange es Schwarz ist!" Also: "Sie können jede Meinung haben, solange es meine ist! (Sonst sind sie Terrorist!)"

      Ach und de Maizière packt die Leitkultur wieder aus der untersten Schublade ... 'n bisschen Baldrian für Identitären vor den Wahlen

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    5. Ja, ich hab mich heute bei den Nachrichten fast weggepackt: Der "Leistungsgedanke" zählt also zu "meiner deutschen Kultur"? Was denn noch - Volksgesundheit?

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