26. November 2012

Wie können wir mit Neurotizismus leben und lieben?

Kein Wesenszug sagt so zuverlässig ein Scheitern von zwischenmenschlichen Beziehungen voraus, wie ein hoher Wert an Neurotizismus.

Was ist Neurotizismus?
"Neurotizismus ist das Ausmaß der emotionalen Labilität (Störbarkeit, Ängstlichkeit) bzw. Stabilität als Persönlichkeitsdimension; wird durch Persönlichkeitstests ermittelt und soll Aussagen über eine Disposition für neurotische Störungen ermöglichen (H. J. Eysenck)" Lexikon-Institut Bertelsmann, 1995, S. 328.

Michelangelos David: Nervös, besorgt, ängstlich

Wir haben hier schon öfter vom Big Five, dem Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit gesprochen, aus dem sich fünf Hauptdimensionen der Persönlichkeit ableiten. Dieses lexikalische Modell der Persönlichkeitspsychologie wurde über Langzeitsudien und in verschiedensten Kulturkreisen immer wieder bestätigt.

Eine der Dimensionen wird Neurotizismus genannt und gibt darüber Auskunft, wie emotional stabil eine Person ist. Wer in einem Persönlichkeitstest einen niedrigen Wert beim Neurotizismus hat, wird in der Regel ausgeglichen, entspannt und sorgenfrei sein, seltener negative Gefühle erleben und insgesamt emotional stabil sein. Wer hingegen einen hohen Neurotizismuswert hat, der wird eher emotional labil sein, zu Nervosität neigen, öfter über körperliche Schmerzen klagen, sich oft mit Ärger und Ängsten herumplagen, schnell und intensiv auf Stress reagieren und von seinem hohen Stresslevel nur langsam wieder herunter kommen. Neurotische Menschen fühlen sich schnell unsicher und verlegen und neigen eher zu negativen Stimmungslagen.

von Daniel Nettle
Neurotizismus und gescheiterte Beziehungen
In der groß angelegten Studie Personality and Compatibility: A Prospective Analysis of Marital Stability and Marital Satisfaction*, untersuchten die amerikanischen Psychologen E. Lowell Kelly und James Conley über 50 Jahre hinweg bei 300 Paaren (verlobt oder verheiratet), wie intakt die Beziehungen in Abhängigkeit von verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen wie Neurotizismus waren und wie glücklich die Teilnehmer im einzelnen in diesen Beziehungen lebten. Ziel war es unter anderem zu sehen, wer mit wem am besten zusammen passt und welche Voraussetzungen eine Partnerschaft erfolgreich machen. Kelly befragte die Teilnehmer über die Jahrzehnte hinweg immer wieder und kam zu dem Schluss, dass unsere Persönlichkeitsmerkmale sehr deutliche Vorhersagen darüber zulassen, wie glücklich wir in unseren persönlichen Beziehungen sind und sein werden. 22 der verlobten Paare lösten ihre Verlobung und 50 der 278 verheirateten Paare ließen sich scheiden. Unter allen untersuchten Merkmalen war Neurotizismus einer oder beider Partner das Merkmal, das am zuverlässigsten ein Scheitern einer Beziehung voraussagen konnte:
"Wenn entweder der Mann oder die Frau hohe Werte beim Neurotizismus hatten, war eine Scheidung viel wahrscheinlicher und wenn sie trotzdem zusammen blieben, war die Ehe weniger glücklich als es der Durchschnitt vermuten ließ. Die negativen Gefühle, zu denen Personen mit hohem Neurotizismus neigen, haben einen großen Einfluss auf das alltägliche Leben und über seine gesamte Spanne.
[...]
Ob eine Ehe dennoch hielt, hing nicht zuletzt vom Level der Extraversion und der Verträglichkeit ab. Je extrovertierter einer der Partner war, desto eher suchte er oder sie eine neue Beziehung und je verträglicher und weniger egoistisch einer der Partner war, desto eher wurde versucht, die Probleme gemeinsam aufzuarbeiten, anstatt in emotionaler Kälte und Feindschaft auseinander zu gehen." (meine freie Übersetzung von Daniel Nettle, Personality: What Makes You the Way You Are, Kindle Version S.32)
Das sind ja ziemlich trübe Aussichten für die unter uns, die entweder selbst eher neurotisch sind oder mit einem eher neurotischen Partner zusammen leben. Besonders, wenn man den Psychologen glauben darf, dass unsere Persönlichkeitsmerkmale über das gesamte Leben hinweg ziemlich stabil bleiben und sich nur wenig ändern.

Für beide Seiten in einer Partnerschaft ist es wichtig zu verstehen, dass Neurotizismus wirklich eine sehr große Herausforderung für den Alltag ist. Als neurotische Persönlichkeit wird man sich immer irgendwie im Kampf mit der Welt befinden, sich fragen, warum eigentlich alles so schwer bis beschissen ist. Wieso alle so idiotisch grinsen, obwohl die Zukunftsaussichten eher ungewiss bis trübe sind. Man wird sich häufig überfordert fühlen und vom Partner wenig unterstützt, weil er entweder selbst völlig überfordert ist oder einfach naiv die Probleme nicht erkennt, vor denen wir stehen. Man machst sich Sorgen, ist nervös und schnell ungehalten. Natürlich hat das einen großen Einfluss aufs Zusammenleben.

Für die unter uns, die weniger neurotisch sind, aber mit eher neurotischen Partnern leben, ist es oft unverständlich, warum immer alles so problematisiert werden muss, warum sie solche Hypochonder sind, warum kleine Meinungsverschiedenheiten schnell in Aggressionen umschlagen müssen, warum der Partner sich selbst und damit uns eigentlich immer mit eigentlich unerheblichen, aber angeblich schlimmen Details stressen muss, uns unter seinen launigen Stimmungsschwankungen leiden lässt und warum alles so oft schlecht geredet wird, anstatt sich am Leben zu erfreuen und optimistisch in die gemeinsame Zukunft zu schauen.

Ich will es ganz deutlich sagen: Man kann keinem verübeln, der in einer Beziehung mit einer hochgradig neurotischen Person leidet, wenn er oder sie nach oft jahrelangem Kampf mit Partner und sich selbst die Flucht ergreift und nach einem ruhigeren, stabileren und unkompliziertem Leben sucht. Auf der anderen Seite, heißt das Zusammenleben, eine Partnerschaft und die Liebe eben auch, nicht sofort vor Problemen zu flüchten, durch dick und dünn zu gehen und den anderen so zu lieben, wie er oder sie - meistens - ist. In der Konfrontation mit dem Schmerz, mit der Wut, aber auch der Liebe, findet sich das wirkliche Leben. Diese Balance hinzukriegen, ist nicht einfach.

Umgang mit Neurotizismus in der Beziehung
Wir müssen noch einmal auf die Behauptung zurück kommen, dass Persönlichkeitsmerkmale wie Neurotizismus über unser gesamtes Leben hinweg stabil bleiben und sich kaum ändern. Ist das so? Sind wir verdammt, uns im Kreis zu drehen, immer wieder dieselben Fehler zu machen? Ja und nein. Jemand der sehr neurotisch ist, wird nie zu einem durch und durch gelassenen und emotional völlig stabilen Menschen werden. Aber wir haben die Chance, den besseren Umgang mit unseren Persönlichkeitsmerkmalen zu lernen. Wichtigste Voraussetzung dafür ist, uns selbst und unsere Eigenheiten kennen zu lernen und dadurch zu verstehen, wie wir uns gegenüber uns selbst und unseren Partnern verhalten. Es kann trösten, wenn wir wissen, dass wir uns selbst durch das älter Werden ohnehin immer besser kennen lernen. Die Ecken und Kanten schleifen sich ab, wir werden ruhiger und gelassener, auch die Lebensumstände tragen oft dazu bei, dass der Stress nach lässt. Optimaler weise möchten wir jedoch schon früher im Leben zufrieden und glücklich werden und nicht erst in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen scheitern, bevor wir "altersweise" werden.

Häufig wird eine Veränderung allein über die Bewusstwerdung der eigenen psychologischen Konstitution bereits in Gang gesetzt. Ich bin ein großer Fan von psychologischen Selbsttests wie dem Big Five, dem MBTI oder auch dem Typentest von Lars Lorbeer. Nicht, weil ich denke, dass diese Tests uns als Persönlichkeiten voll erklären könnten, sondern weil sie eine Bewusstwerdung, ein Nachdenken über uns selbst anregen können. Wenn wir durch Eigenbeobachtungen verstehen lernen, dass uns bestimmte und oft auch unwichtige Sachen schnell stressen oder wir verstehen, was uns frustet und wie wir mit unangenehmen Situationen umgehen, dann ändert sich auch unsere Einstellung zu diesen Dingen. Wie gesagt, macht uns das nicht zu ganz anderen Menschen und das soll es ja auch gar nicht. Aber es ebnet den Weg zu Verhaltensänderungen und diese sind geeignet, den Teufelskreis von negativen Erfahrungen, miesen Stimmungen und zerstörerischem Verhalten zu durchbrechen. Was wir häufig unterschätzen ist, wie formbar und erweiterbar unsere Gehirne auch jenseits der Jugend noch sind (siehe auch diesen Artikel über emotionale Persönlichkeit).

Einen Schritt weiter gehen die, die ihre emotionale Persönlichkeit über Meditationen stärken. Richard J. Davidson, Professor der Psychologie und Psychiatrie an der University of Wisconsin-Madison (und Autor von Warum wir fühlen, wie wir fühlen: Wie die Gehirnstruktur unsere Emotionen bestimmt - und wie wir darauf Einfluss nehmen können) empfiehlt Mindfulness MeditationAchtsamkeit:
"Meditation ist [...] eine mentale Praxis, die uns helfen kann, Aufmerksamkeit zu kultivieren und Emotionen zu regulieren. Zum Beispiel konzentrieren wir uns bei einigen Übungen auf die Atmung und immer wenn wir merken, dass unsere Gedanken umherschweifen, wenden wir unsere Aufmerksamkeit wieder der Atmung zu. Dadurch kann nach und nach die Fähigkeit zur gezielten Aufmerksamkeit verbessert werden. Mindfulness Meditation ist eine Meditations-Übung, bei der wir darauf achten, keine Werturteile in unseren Gedanken zu halten. Der Lernprozess, sich ohne Urteil auf etwas zu konzentrieren, kann nach und nach unsere Fähigkeiten verbessern, mit Emotionen so umzugehen, dass wir von ihnen nicht fortgerissen werden. Das heißt nicht, dass die Intensität der Gefühle schwindet, sondern dass unsere Gefühle uns nicht gefangen nehmen. Wir werden trotzdem in unangenehmen Situationen vorübergehende negative Emotionen haben, aber sie werden nicht über diese Situation hinaus dauern." (Übersetzung aus einem Interview mit Sam Harris)
Und wie immer muss ich sagen, dass eine Therapie angebracht ist, wenn man wirklich unter seinen Emotionen, Ängsten oder seinem Stress leidet. Ich habe selbst sehr gute Erfahrungen mit Psychotherapien im engsten Umfeld gemacht, wo es nicht darum ging, krankhafte Störungen zu heilen, sondern sich selbst zu erkennen, zu verstehen, wie man selbst und andere unter der emotionalen Instabilität leiden und letztlich, wie man destruktive und wiederkehrende Verhaltensmuster durchbrechen kann und langfristig ein zufriedeneres und ausgeglicheneres Leben führen kann.

Alternative Methoden, negative Energien rauszulassen (Buckweedz)

Worauf können zwei Menschen in einer Beziehung mit Neurotizismus noch achten, um das Leben positiver zu gestalten?
  • Etwas erleben: Es mag manchmal schwer fallen, aber wir müssen raus aus den vier Wänden, aus der Routine, aus der Tristesse. Gehen Sie in die Natur, fahren Sie Karussell, gehen Sie in Ausstellungen und ins Kino. Gemeinsame positive Erlebnisse sorgen für den Zusammenhalt und die Freude am Leben. Das klingt banal, aber bei vielen von uns ist die Stubenhockerei schon zu einem echten Problem geworden.
  • Geduld und Toleranz: Mit einem neurotischen Partner zu leben, erfordert viel Geduld und Toleranz und nicht jeder ist dafür gemacht. Selbst wenn man das leistet, muss man dabei aufpassen, nicht selbst unter die Räder zu kommen oder vom Partner ausgenutzt zu werden. Es kann helfen zu verstehen, dass der neurotische Partner selbst am meisten leidet und dennoch muss man ihm zu verstehen geben, dass man ebenfalls Gefühle und Grenzen der Geduld und Toleranz hat.
  • Grenzen setzen, gegenseitige Achtung: Bei aller Toleranz müssen die Tabus klar sein. Gewalt in Handlung oder Kommunikation muss nach und nach eliminiert werden. Das ist nicht einfach, weil Frustration sich schnell einen gewaltsamen Weg nach draußen sucht. Wenn diese aggressiven Energien einmal da sind, sollte man sie nicht unterdrücken. Man kann das umleiten, zum Beispiel im Sport, Konzerten oder in Kreativität. Man kann sicher auch mal die Türen knallen oder sich anbrüllen, wenn man es wieder einfängt. Aber das sollten die absoluten Ausnahmen bleiben und es muss gewährleistet sein, dass die gegenseitige Achtung wieder hergestellt wird.
  • Zulassen der Negativität: Was ganz sicher nicht hilft, sind Appelle wie: "Sei doch mal positiv!" oder "Entspann dich mal!" Jeder hat ein Recht auf seine Gefühle und Stimmungen. Man hilft sich selbst und der neurotischen Person am meisten, wenn man sie auffängt, mit ihr fühlt, sie sogar bemitleidet. Das fällt oft enorm schwer, kann aber am Ende Wunder wirken, wenn die Person zur Selbsterkenntnis gelangt und ihre eigene Stimmungen, Launen und Ängste reflektiert, anstatt sie im Trotz zu bestätigen, weil der andere dagegen hält oder ständig Lösungen parat hat.
  • Körperliche Nähe: Anstatt immer Ratschläge oder Lösungen in solchen Krisen zu geben, kann man Trost wunderbar durch körperliche Nähe spenden. Da sein, zuhören, umarmen, küssen und was so alles daraus folgen kann. Neurotische Personen reden sich selbst schon oft zu viel ein, da kann man als Partner auch einfach mal schweigen und da sein.
Ich weigere mich zu akzeptieren, dass Neurotizismus das Todesurteil für eine lange und schöne gemeinsame Partnerschaft sein soll. Wenn die Liebe da ist und etwas Selbsterkenntnis auf beiden Seiten dazu kommt, dann kann Neurotizismus auch für die Leidenschaft in der Liebe sorgen. Es kann ein Ausgleich zur endlosen Toleranz und Mittelmäßigkeit im gemeinsamen Leben sein. Menschen mit hohen Neurotizismuswerten können ungeheuer kreativ sein, sind oft sehr darauf aus, das Beste aus allen Situationen herauszuholen und lassen sich nicht beirren. Sie haben auch ein ausgeprägtes Gespür für Risiken und Gefahren und leben oft gesünder (Healthy Neurotic). Wenn all das in Balance gehalten werden kann und die Positivität durch das Erleben der Welt und zwischenmenschliche Beziehungen hinzukommt, ist hoher Neurotizismus einfach eine weitere Zutat zur schillernden menschlichen Existenz.

Sind Sie selbst betroffen oder leben Sie mit einem neurotischen Partner? Machen Sie diesen Test und helfen Sie nebenbei der Forschung. Welche Erfahrungen haben Sie mit hohem Neurotizismus gemacht? Wie gehen Sie damit um? Lassen Sie es uns in den Kommentaren unten wissen!


*Journal of Personality and Social Psychology 1987 (PDF)

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32 Kommentare:

  1. Ich habe selber Erfahrungen mit neurotischen Menschen im engeren Umfeld, und kann deine beschriebenen Tipps nur bestätigen. Am Wichtigsten ist meist die Geduld und Toleranz.
    Mit Wutausbrüchen nahestehender Menschen umzugehen, ist dennoch nicht so leicht. Aber es hilft, zu verstehen, dass jemand wütend oder deprimiert ist, weil er oder sie emotional aufgewühlt wurde, was bei hohem Neurotizismus eben schneller passiert.

    Sehr interessant fand ich auch Daniel Nettles Ausführungen bezüglich Extremsportlern: das diese einen sehr niedrigen Neurotizismus haben und daher offensichtlich lebensbedrohende Gefahren ignorieren, welche die meisten anderen Menschen zum Abbruch ihres Vorhabens bringen würden. Sie haben stattdessen keine Angst vor diesen "Mutproben", die Gefahr ist ihnen nicht so bewusst - was manchmal tödlich endet.

    Auch interessant, dass für viele Kreative ihre Kunst das Ventil ist, um mit dem Neurotizismus fertig zu werden, also negative Gefühle zu verarbeiten.

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  2. Da mein Sohn bei einem Aufenthalt im Ausland schizophren wurde und ich einen völlig anderen Menschen vorgefunden habe, als er zurückkam, dass war eine schmerzhafte Erfahrung. Darauf folgten längere Klinikaufenthalte, wo er immer ausbüchste, da er sich dort nicht wohl-
    fühlte. Und immer wieder zu sehen wie sein Kind niedergespritzt wird, um
    problemlos in die Klinik gefahren zu werden, war eine langandauernde schlimme Erfahrung.
    Heute lebt er bei mir und unser Verhältnis ist sehr innig. Es ist nicht schwierig mit ihm zu leben, alles was es braucht ist Geduld und natürlich Vertrauen. Das heißt, da sein wenn er erzählen will, denn die Vergangenheit holt ihn immer wieder ein und natürlich zuhören, denn gerade diese Menschen haben sehr empfindsame Sensoren. Überhaupt sind solche Menschen eher sehr empfindsam und ängstlich.
    Ich bin froh für diese Aufgabe und die Kraft, welche man dazu benötigt, um sie gut zu machen, so bin ich jeden Tag dankbar.

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    1. Ich bewundere dich für deine Geduld und Liebe und wünsche dir viel Kraft auf dem weiteren Weg. Nur zur Klarstellung, damit bei Lesern keine Verwirrung aufkommt: In dem Artikel geht es nicht um Psychosen oder Schizophrenie. Hohe Neurotizismuswerte kommen durchaus bei Menschen ohne diagnostizierte Persönlichkeitsstörungen vor. Viele Grüße!

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    2. Danke für deine Zeilen, manchmal würde ich mich auch zu den Neurotikern zählen, muß ich ehrlich gestehen. In meiner Jugend war das nicht so, aber heute muß ich mich manchmal sehr am Riemen reißen, um mich nicht zu viel über Andere aufzuregen, aber das ist ein Prozess, den man lernen kann, wenn man seine Schwächen annimmt und erkennt.Es ist ein langer Prozess. LG.

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    3. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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    4. Hier gab es einen anonymen (sehr mutig!) verletzenden und persönlich angreifenden Kommentar, den ich selbstverständlich gelöscht habe.

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  3. Zwei Menschen mit hohen Neurotizismuswerten passen vermutlich nicht gut zusammen, obwohl Gleichheit bei der Partnerwahl eher zum Erfolgt führt.
    Zumindest werden beim matchmaking von Singelbörsen keine zwei neurotischen Menschen empfohlen.
    Das Konfliktpotenzial ist wohl einfach zu hoch bei zwei sensiblen Persönlichkeiten, was langfristigem Erfolg entgegensteht.

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    1. Ja, das ist zu erwarten. Bei einer Partnerschaftsbörse besteht bestimmt ohnehin "geringe Nachfrage" nach neurotischen Menschen. Aber im Ernst: Idealer Weise hat man als hoch neuotische Person einen Partner, der 1. geringe Neurotizismuswerte hat, 2. hohe Verträglichkeitswerte (Empathie etc.) und drittens geringe Extraversionswerte (siehe Kelly-Studie oben).

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  4. Danke für diesen Artikel. Ich gehöre zu den Menschen mit eher hohen Neurozitismuswerten. Bislang hab ich mich auch tatsächlich nicht für sonderlich beziehungsfähig gehalten und habe daher nach einigen gescheiterten Beziehungsversuchen die totale Abstinenz bevorzugt. Jetzt bin ich seit einigen Monaten verliebt und stelle zu meinem großen Erstauen fest, dass ich die Beziehung immer weniger ablehne, dass ich durchaus mit meinen negativen Gefühlen umgehen kann, Ängsten immer weniger Raum gebe, ohne ständig darüber sprechen zu müssen. Ja, sie gehören wohl oder übel zum Leben dazu - die negative Gefühle. Das lässt sich wohl nicht ändern. Aber es ist möglich trotzdem glücklich zu sein. Es gelingt mir immer besser, die negativen Emotionen mit etwas Distanz anzusehen und mich nicht mehr so sehr reinzusteigern. Je intensiver ich daran arbeite, desto schöner wird meine Beziehung, desto intensiver meine Liebe. Das Gefühl, Liebe unbeschwerter genießen zu können ist für mich neu und wunderschön.

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    1. Vielen Dank für diesen offenen Bericht, der Hoffnung macht! Und wissen Sie, was noch besser ist: JJe älter man wird, desto besser können wir damit umgehen. Alles Gute!

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  5. Vielen Dank für diesen wunderbaren Artikel. Ich bin hier nach einem Streit mit meinem Partner gelandet, der mir - ganz wie im Artikel beschrieben - Vorwürfe gemacht hat, dass ich mir ständig über Kleinigkeiten Sorgen mache und nicht einfach die glückliche Beziehung genieße. Es tröstet mich sehr, dass wir mit diesem Konflikt nicht allein sind.

    außerdem freue ich mich über den letzten Abschnitt. Ich bin überzeugt, dass nichts in der Welt rein gut oder schlecht ist... Und wollte nicht glauben, dass ein Persönlichkeitsmerkmal nur Nachteile mit sich bringt. Also vielen Dank für die Perspektive!

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  6. Ich bin auch Psychologiestudent und wir behandelten heute das Thema Neurotizismus.

    Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich andere Annahmen hege als die Psychologie. Ich gehe damit konform, dass Menschen genetisch bedingt sensibler sind als andere.
    Aber ob jemand einen hohen Wert beim Neurotizismus erhält hat meiner Meinung nach andere Gründe. Ich habe selbst einen hohen Score beim Neurotizismus und bin daher einfach nur erschrocken wie es "einfach" als Persönlichkeitsmerkmal abgetan wird. Diese Gefühle, die ich empfinde, die auch zum Neurotizismus passen, sind alles Gefühle die ich leider erleben musste, weil ich als Kind abgelehnt wurde so wie ich war. Und damit meine ich nicht, dass alle Menschen mit hohen Werten bei Neurotizismus ein Trauma erlebt haben. Nein, das kann auch etwas ganz subtiles sein. Gerade weil man eben sensibel ist nimmt man viel mehr wahr. Und aus der anderen Perspektive: Wer hat schon gerne sensible Kinder die auf Dinge reagieren die man selbst nicht wahrnimmt? Jemand der sensibel ist erkennt viel besser ob jemand kongruent und authentisch kommuniziert, reagiert viel sensibler auf Suggestionen etc...

    Meine Hypothese ist eher, dass sensiblere Menschen einfach viel häufiger abgelehnt werden ohne das auch nur irgendjemand sich daran erinnern muss. Und die Gefühle eines Kindes bei Ablehnung sind: Angst (aufgrund der Notwendigkeit des Angenommen werdens der Eltern), Trauer (darüber, dass man nicht angenommen wird so wie man ist), Wut ( weil man nicht angenommen wird/wurde wie man ist), die Tendenz sich an die Erwartungen anderer zu orientieren (Schließlich ist das eine sinnvolle Strategie für Kinder die nicht so angenommen werden wie sie sind: Zu beweisen, dass sie annehmenswert sind.)


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    1. Lieber anonymer Leser,

      danke für deinen Beitrag!

      Ich glaube, dass du völlig recht hast und dass das auch gar nicht abgestritten wird: Natürlich verstärken sich Merkmale im Umgang mit anderen oder schwächen sich mit der Zeit ab.

      Gerade beim Neurotizismus ist es so, wie du schreibst: Kinder mit hoher Ausprägung erzeugen auch einen relativ hohen Frust bei den Eltern. Es entsteht Stress auf allen Seiten, der in Ablehnung Ausdruck finden kann. Das wiederum ist für das Kind noch eine Quelle mehr für negative Gefühle. So verstärkt sich das in Feedbackschleifen.

      Was kam bei eurem Seminar heute rum? Erzähl doch mal, was zum Thema an Universitäten im Moment der Stand der Forschung ist.

      Viele Grüße!

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    2. Wir haben in Persönlichkeitspsychologie die Big Five besprochen. Es ging also nicht detailliert um Neurotizismus sondern um das Modell insgesamt. Allerdings gab es zu jeder der 5 Dimensionen Einblicke und so sagte der werte Herr Dozent zwar vor der Lesung, dass man nicht bewerten solle sondern jede der Eigenschaften wertneutral zu betrachten sei. Das fällt mir bei Introversion nicht schwer. Ich bin gerne introvertiert und liebe es alleine zu sein. Wenn ich mich an der Gesellschaft orientieren würde müsste ich mich auch hier minderwertig fühlen.

      Der Dozent führt dann aber eine Folie auf, in der unter Neurotizismus ausschließlich negative Punkte stehen:

      Neigung zu Depressionen, Angststörungen, schlechtere Berufsaussichten in vielerlei Hinsicht, geringe Belastbarkeit etc...

      Er sagt also, dass es eine stabile Persönlichkeitseigenschaft ist, dass man keine der Eigenschaften bewerten soll und führt dann diese Folie auf...
      Vorher hatte jeder für sich den Test gemacht. 75% aller Menschen sind laut dem Test weniger neurotisch als ich. Wie unsensibel ist eine solche Präsentation? Wie unverschämt weiter, dass man sie das als stabile Eigenschaft darstellt unter Aufführung aller negativer Aspekte? Verdammt als Psychologe muss ich doch da anders vorgehen, selbst wenn das die wahrscheinlichste Annahme ist oder?

      Ich kann ihnen sagen, dass ich den Fragebogen mit 20 Jahren anders ausgefüllt hätte. Vermutlich hätte wäre ich statt bei 75% bei 10% gewesen. Ich war immer die Ruhe selbst. Habe mir nie Sorgen gemacht wo andere am Stock gingen, war positiv Denker. Ich denke da an Prüfungen beim Abitur oder an meinen ersten Bachelorstudiengang. Die Ruhe selbst...Meine sensible Seite war da noch völlig unterdrückt, kompensiert durch Erfolge im Leistungssport und die schärfste Frau aus dem Dorf. Aber wie gesagt: Die Big Five wären deutlich anders ausgefallen. Ich sage nur: The Power of the situation.

      Erst als ich eine Krankheit bekam die ich erst nicht akzeptieren wollte, ich mich nach 6 Jahren von meiner Freundin trennte, weil ich merkte, dass ich sie nicht wollte sondern die Gesellschaft sie wollte und ich beruflich nicht weiß was ich mal machen werde und nach einer Kindheit in der meine Eltern und damit ich selbst meine sensible Seite nicht akzeptieren wollte(n). Erst nachdem all das passierte wurde ich neurotisch. Ich erkannnte mich selbst nicht wieder. Ich war plötzlich verspannt, ängstlich, machte mir ständig Sorgen etc...Die ganzen Gefühle kamen hoch, die ich immer verdrängte.... Was halt alles so zu Neurotizismus gehört. Das ganze endete in einer Angststörung die ich besiegt habe. Aber seitdem bin ich eben so, dass ich hohe Werte beim Neurotizismus habe. Das bedeutet: Heute kann ich den Stress nicht mehr so gut haben, grüble oft etc etc. Aber früher war ich ganz anders. Das ist doch dann keine Persönlichkeitseigenschaft die stabil ist?!

      Das ist eine Lebenskrise und ich will die Menschen sehen, sie mit den Erfahrungen in dieser Situation nicht ängstlich, dperessiv oder was auch immer werden!

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    3. Alles was er zu Neurotizismus erwähnte klang für mich exakt wie eine Bindungsstörung oder und Ablehnungserfahrungen. Diese Gefühle (Minderwertigkeit, Trauer, Wut, Angst) Das sind alles Trennungsgefühle. Damit wird doch kein Mensch geboren.

      Ich kann ja verstehen, dass man sowas nicht nachweisen kann und meinetwegen Zwillinge mit gleichen Erbanlagen in unterschiedlichem Umfeld später beide neurotisch sind, aber das ist kein Beweis. Wie sie schon sagten: Die Frustation muss groß sein bei Eltern, die nicht nachvollziehen wieso das Kind so empfindlich ist in jede Richtung. Ich vermute eher hier die Ursache.

      Neurotische Menschen könnten wunderbare Menschen sein. Aber die meisten müssen ihre sensiblen Kanäle verschließen aufgrund des Umfeldes. Und irgendwann ist das Fass so voll, dass man eben gereizter ist, ängstlicher, trauriger etc....

      Ich würde gerne wissen wie ich heute wäre wenn mein Vater meine Aggressionen mit Humor genommen hätte und mich spielerisch gepackt und gekitzelt hätte, statt mit einer Peitsche auf mich einzuschlagen damit ich die Klappe halte...Ich wäre bestimmt nicht so ängstlich, so wütend und so traurig.

      Und dann so eine Vorlesung! Unverschämt und ich hätte am liebsten gleich dort Dampf abgelassen, hätte aber keine Chance gehabt mit meinen Argumenten, denn schließlich sind seine Aussagen ja wissenschaftlich belegt.
      Aber ich lerne wie Wissenschaft funktioniert und bin erleichert wie theoretisch Wissenschaft ist. Sie ist etwas wunderbares und spannend und das geilste: Sie ist widerlegbar. Aber diese Aussage zu widerlegen ist enorm schwer und aufwändig in jeder Hinsicht und deshalb wird das wohl noch ewig gelehrt werden. Schade für die Menschen mit Neurotizismus, denn jetzt denken sie, dass ihre Gene hauptsächlich verantwortlich sind für ihr Befinden und sie nur bedingt etwas ändern können und die Gesellschaft wertet sie ab. Daran ändert leider auch ihr Schlusssatz nichts.

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    4. Immer wieder wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass es für hohe Neurotizismuswerte in der Tat deutlich mehr negative Konsequenzen gibt. Man kann das nicht ganz wertfrei betrachten: Hohe Neurotizismuswerte zu haben ist in der Regel mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Sehr gut erklärt ist das in Daniel Nettels Buch, das ich oben verlinkt habe.

      Für dich persönlich ist es wichtig zu wissen, dass Symptome, die auf hohen Neurotizismus deuten auch ganz andere oder eben zusätzliche Ursachen haben können. Nur weil in einem Big 5 Test dieses Ergebnis rauskommt, ist das noch lange keine umfassende psychologische Anamnese. Das ist so, als wenn du sagst: Regen macht die Erde nass, also hat es immer da geregnet, wo die Erde nass ist. Das ist ein Fehlschluss, denn es kann auch jemand einen Eimer Wasser verschüttet haben. Wenn du wirklich wissen willst, was mit dir los ist, hilft dir ein Big 5 nicht weiter. Um andere Ursachen und Störungen abzuklären, hilft nur der Gang zum Spezialisten.

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  7. Meist stellen solche Menschen dann im Erwachsenenalter fest, dass sie sich zu sehr an anderen orientieren.

    Manche wagen den Weg zum Psychologen oder Therapeuten und der sagt einem dann, dass man einen hohen Neurotizismuswert hat und sich damit abfinden muss, dass man eben (einfach so??) Angst, Trauer, Wut, Minderwertigkeitsgefühle einfach häufiger empfindet als andere????


    Leute das kann doch nicht euer Ernst sein, dass ihr so eine Scheiße glaubt. Sorry für den Ausdruck. Aber das macht mich genauso wütend wie als mein Vater mir immer sagte, dass ich ja so empfindlich bin. Wenn er mich genauso angenommen hätte wie ich bin, dass wäre ich heute immer noch genauso sensibel, aber nie und nimmer würden mich immer wieder diese Gefühle einholen.

    Carl Rogers hat ein sehr schönes Buch über Persönlichkeitsentwicklung geschrieben. Das sollten sich die Psychologen nochmal zu Herzen nehmen und Abstand nehmen davon Dinge möglichst schnell festnageln zu können.


    Wenn es möglich ist werde ich irgendwann genau das beweisen!

    Genauso wie die These, dass Persönlichkeitsmerkmale stabil sind. Das ist statistisch gesehen so ja! Aber warum denn?

    Weil ein Großteil der Leute einfach nicht das Bewusstsein erlangt große Veränderungen zu erlangen. Die Menschen beschäftigen sich erst dann mit ihrer Persönlichkeit wenn sie die Karre in den Sand gesetzt haben und zwar so, dass sie keinen Ausweg mehr sehen. Ansonsten wird irgendwie weiter gelebt.

    Ich möchte hier mal das Beispiel von Dieter Gurkasch anführen.(http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/311210_menschen-bei-maischberger/16599040_warum-werden-wir-zu-moerdern-)

    Die größten Veränderungen treten meistens nur dann ein wenn ein großer Leidensdruck besteht.

    Es klingt esoterisch, aber ich habe mal ein sehr seltsames Erlebnis gehabt als ich meditierte. Es war so, dass ich tiefste Liebe und Geborgenheit empfand OHNE, dass ich oder irgendwer etwas dafür leisten musste. Diese Erfahrung hat meine Persönlichkeit, die ja angeblich stabil sein soll völlig auf den Kopf gestellt.

    Ich war plötzlich statt ängstlich gelassen, statt Egoismus verspürte ich das Bedürfnis auch anderen diese Erfahrung möglich zu machen, statt emotional labil emotional stabil. Was ich aber vorher und nachher war war: sensibel im Sinne von: Ich nehme auf der Kommunikationsebene mehr war als andere.

    Weil es mir Wochen lang blendend ging stoppte ich die tägliche Meditationspraxis und Stück für Stück kehrte sich alles wieder um und mir wurde bewusst, was eigentlich passierte: Man ist nicht so wie man ist: Sondern man wird tatsächlich so wie man sein möchte, vorausgesetzt man hat Zugang zu dieser Quelle: Die Quelle der ausnahmslosen Akzeptanz. Das was Religionen als Gott bezeichnen, Eckhart Tolle als SEIN. Das was einem im Kindesalter nur die Eltern geben können. Bekommt man es nicht oder nur bedingt entwickelt man entsprechend seine Persönlichkeit so wie man es am meisten bekommt. Beim Scheitern jedoch wird man stets neurotischer...

    Ich schließe die Genetik nicht aus, im Gegenteil. Sie macht einen großen Teil aus. Aber wenn es so stabil wäre, dann würde aus einem neurotischen Menschen kein ruhiges Gewässer werden nur weil er ein spirituelles Erlebnis hatte.


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    1. das ist sooo wahr!!! :-) ich glaube es gibt immer diese eine gedankliche Triebfeder die in einem wirkt, die entweder auf Gefühlen von Angst basiert (wenn man ein "Brauchender" Mensch ist, der Angst davor hat nicht geliebt zu werden, Angst davor hat nicht zu reichen ...) oder auf Gefühlen des Wohlwollens, der Liebe und der Hingabe basiert. Ich habe mich so verliebt. Ich hatte solche Angst diesen Menschen jemals zu verlieren und von ihm verlassen zu werden. ich musste erst dieser Angst folgen in den absolut dunkelsten Abgrund meines bisherigen Lebens. Trennung, Depression und Angsstörung sind mein Erwachen gewesen....er hat mich betrogen und mich abgewertet. es hätte nicht anders kommen können, kommen dürfen, und da, als ich alles, wonach ich jemals gesucht habe verloren hatte, habe ich verstanden, dass einzig und alleine die Erkenntnis, bedingungslose Liebe selbst an die Menschen und das Leben zu schenken, der wohl einzige Weg sein wird, der mich in meine Selbstliebe zurück befördern wird. Es ist die Liebe die man aus sich selbst heraus schöpft ohne Angst, ohne Hintergedanken und ohne Eigensinn, die einen zu den Wurzeln seiner wahren Natur (dass man ein Mensch ist, der selbst so viel Liebe an das Leben zu schenken hat ist) zurück befördert. Es ist schon merkwürdig das Leben. Ich glaube die Liebe stirbt zuletzt. Und das einzige was von uns selbst und dieser Liebe trennt ist die Angst. Und gleichzeitig führt diese Angst einen in den Abgrund und es stirbt etwas in einem und man schält und windet sich daraus heraus und kann an der Projektion zerbrechen, wenn man sich als Opfer begreift, oder bekommt die Chance zu erkennen, dass der andere auch nur gefangen ist in sich selbst und wird neu geboren. Die Liebe lebt in gewisser Weise durch einen selbst und wir Menschen sind nur das Mittel durch das sie fliesst und lebt um uns in unserer Selbsterkenntnis, und dem was wir wirklich sind wachsen zu lassen. Und wir denken wir können sie kontrollieren und besitzen und manipuieren und tricksen mit allen Mitteln. Doch am Ende ist jegliche Kontrolle über die Liebe wiederum ein Zustand der auf Gefühlen der Angst erschaffen wurde. die Nichterfüllung ist also wieder vorprogrammiert.

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    2. die letzte Instanz in uns will einfach nicht wahr haben, dass wir so mächtig sind Liebe aus uns selbst heraus zu schenken frei von Angst und Kontrolle, und dass diese ehrliche echte Liebe auch wirklich zurück kommen wird zu uns selbst. Dabei tut sie es. immer. Zu erkennen, dass wir nicht getrennt von dem anderen Menschen, sondern er selbst sind, dass sein Glück und seine Freude, die er durch das schenken unserer Liebe erfährt unsere ureigene Selbstliebe ist. Doch wir werden hinein geboren in eine Welt des Getrenntseins. die aufgebaut ist auf Gefühlen der Angst und der Konkurrenz. Wir wachsen auf in dem Glauben etwas beweisen zu müssen um liebenswert zu sein. Dabei fühlen wir, wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, dass am Ende des Lebens es immer nur die bedingungslose Liebe, die wir selbst erfahren haben das war, was uns selbst die Kraft und den Glauben an uns selbst und das Leben geschenkt hat. Und die hoffentlich daraus erlangte Erkenntnis, dass dadurch, dass wir das verstanden haben bereit sind selbst bedingungslose Liebe an diese Welt und alles Leben das es einschließt zu schenken diese Welt nur zu einem liebevolleren Ort gestaltet werden kann.
      Ich bin auf dieser Seite gelandet, weil ich nun einen neuen sehr neurotischen Freund habe, der zu viel Angst hat sich ganz auf mich einzulassen seit sehr langer Zeit. Das tut mir sehr weh, denn ich weiss es hat auch jetzt immernoch etwas mit mir selbst zu tun. Und da ist offenbar auch jetzt immernoch nach allem was ich erkannt habe das alte Selbstbild, die alte Angst vor der -nicht-Erfüllung. Diese gottverdammte selbst erfüllende Prophezeiung meiner Ängste, über die ich offenbar selbst jetzt immer noch nicht ganz Herr bin. Doch was ist das? und warum nicht? Ich arbeite jetzt in einem sozialen Beruf, gebe mein allerbestes um mich selbst glaubend zu machen, dass ich es wert bin geliebt zu werden. Doch in den nahen Beziehungen - den Spiegeln unseres Lebens mag es einfach nicht gelingen. Ich versuche nun niemandem mehr weh zu tun und loszulassen und zu vertrauen auch wenn es schwer fällt. Denn mein Problem liegt in der Sehnsucht tiefe Liebe und Verbundenheit zu einem anderen Menschen erfahren zu können.
      Denn ich weiss um die Momente, in denen ich mich nicht verbunden genug fühle, die Moemnte wenn meine Projektion beginnt und das zerstörerische Monster an die Oberfläche kommt. Und auch wenn mein jetziger Freund darum weiss was bei mir in solchen Momenten los ist kann er mich, so wie ich in diesen Moementen bin mich nicht annehmen. Ein Schrei nach Liebe der uns auseinander treibt, und das obwohl ich doch genau darunter so leide weshalb es dazu kommt. Es ist verzwackt :(

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  8. Julius Kuhl (Persönlichkeits-System-Interaktions-Theorie) formuliert, dass es letztlich darum geht, wie gut man seine Emotionen regulieren kann, sprich wie schnell man negative Emotionen herunterregulieren und wie gut man sich selbst motivieren kann. Dies so sagt er, ist nur bis zu einem gewissen Teil (erst Reaktion) biologisch bedingt, und durch Übung veränderbar (zweit Reaktion). Heißt man reagiert biologisch bedingt auf einen bestimmten Reiz, der unbewusst jedoch verändert wird, bevor man dann tatsächlich diesen Reiz auf die ein oder andere Art und Weise wahrnimmt. Diese unbewusste Verarbeitung eines ursprünglichen Reizes können wir (in einem erheblichen Rahmen) verändern und damit unser emotionales Erleben der Welt verändern. Somit sind wir nicht in unserem "Schicksal" gefangen, sondern können dieses durchaus selbst in die Hand nehmen...

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  9. Diese Artikel hat mir wirklich gefallen, zeigt Begriff für sowohl Verständnis als Unverständnis für Neurotizismus, und regt auch eine schöne Diskussion an über inwieweit es eine stabile Eigenschaft ist.

    Das ist schon ein grosser Unterschied mit der Artikel die neulich auf Facebook gelinkt wurde, und auch weitaus später geschrieben ist als diese hier. Da frage ich mich: Was ist inzwischen passiert? Haben neurotische Menschen dir inzwischen soviel Ärger bereitet, dass das Mass jetzt total voll ist?

    (...Über eigene Erfahrungen und wie ich damit umgehe, hätte ich schon soviel zu sagen, dass ich nicht direkt weiss was nun gut wäre, hier zu vermelden. Auch weil es schon eine ältere Artikel ist... )

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    1. Freut mich, dass er dir gefällt. Warum der andere dir nicht gefällt, muss ja nicht nur an mir liegen. Auch du als Rezipientin hat einen Anteil daran, was du gut und was du nicht gut findest. Insofern, frage nicht, was mir inzwischen passiert ist, sondern höre in dich selbst hinein, warum der andere dir nicht so gefällt. Meiner Erfahrung nach, kann man aus Nichtgefallen mehr lernen, als aus Gefallen (und das ist ja auch bei Neurotikern durchaus ein Thema).

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  10. Bei mir ist das Thema aber doch vor allem, dass ich aus Nichtgefallen schon viel zuviel gelernt habe! Oder vor allem doch zu extrem...Und das gilt sicher auch für das immer den Fehler bei mir selber suchen, wenn die Reaktionen Anderer mir nicht gefallen. Trotzdem wiederholt man diese Lektion immer wieder, und weil auch immer wieder doch noch etwas dran ist, bin ich immer nur weiter gegangen den Fehler nur bei mir selber zu suchen. Also sei getrost, auch im Betracht zum genannten Artikel habe ich meinen eigenen Fehler längst schon gefunden. Und doch meinte ich noch, da war doch auch noch etwas von deiner Seite, das mir etwas weniger "weise" vorkam als du selber zu glauben meinte.
    Ich halte es langsam auch für ein Thema bei Stoiker und Anverwandte, dass sie sich total verweigern Verantwortung zu nehmen für Reaktionen bei anderen Menschen, weil andere Menschen immer selbst verantwortlich seien. Natürlich sind andere Menschen auch selbst verantwortlich. Aber doch nicht ganz alleine; denn auf was du anderen Menschen nicht gibst oder zeigst, können sie auch nicht reagieren!
    Deswegen bin ich mir natürlich auch bewusst, warum andere menschen oft negativ auf mich reagieren können...Das hat schon damit zu tun, dass ich negativ agiert habe! Ich glaube aber nicht, dass das nur in einer Richtung so wäre. Natürlich hat man in meinem Fall immer eine glänzende Ausrede warum es nicht an den Anderen liegt, allenfalls wenn man weiss, dass ich "neurotisch" bin. Dass heisst aber nicht dass ich nie etwas sinnvolles zu sagen hätte wenn mir etwas nicht gefällt. Also soll man da immer noch auch selbst in sich selbts hinein hören woran das liegen könnte und ob vielleicht etwas dran ist.
    Wenn ich es erraten sollte, was die durch mich vermeinte Veränderung bei dir gemacht hat, ist es deine Bekehrung zum Stoizismus! Ich bin mir bewusst das dieses Raten weit daneben sein könnte, weil es mir ja ziemlich viel Information fehlt um richtig erraten zu können.
    Immerhin, ansonsten habe ich auch kein Problem deinem Schreiben, auch nicht mit dem späteren Artikel. Und sicherlich, die eigene Lektion habe darin auch gelesen!

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  11. Das war aber sicherlich keine "weise" Kommentar von meiner Seite...wenn ich wollte, dass du mich ernst nimmst und gar selber noch etwas daraus lernen sollte, hätte ich wohl nicht so geärgert über den Stoizismus...das war durchaus unverständig, sicherlich in dieser Art und Weise! Sicherlich auch könnte ich noch einiges von Stoikern lernen, etwas mehr Selbstbeherschung zum Beispiel...

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  12. Entschuldige mich...Derzeit scheine ich doch wieder eine intensivierte Auseinandersetzung mit dem Neurotizismus zu haben, die eigentlich etwas zu obsessiv ist. Aber vielleicht muss ich eben wieder mal mich da durch arbeiten.
    Ich denke, es hat damit zu tun dass ich wieder ein Studium anfange, nach meiner Grossen Krise. Und ich habe schrecklich Angst dass die Akademiker mich den Neurotizismus allzu übel nehmen werden. Bei den ersten orientierenden Gesprächen für das Studium hat es ja auch schon Leute gegeben an Universitäten, die sagten: “Ich sehe hier vor mir aber einen sehr nervösen, und wohl auch nicht ganz stabilen Menschen. Da frage ich mich doch ob Sie das schaffen. Weil unser Studium ja schon wirklich herausfordernd ist, und Sie können da nicht mehrere Tage schlechte Leistungen erbringen weil Sie emotional nicht ganz gut sind” Und ähnlich, oder gar schlimmer....

    Deswegen, weil ich es trotzdem versuchen will, habe ich mir zuerst gedacht: “Es geht mir aber schon immer besser. Und für das übrige werde ich mir schon Strategien ausdenken, damit die das nicht so mitkriegen!” Jedoch während die Zeit verstreicht, wird mir klar, das kriege ich nicht hin. Ich kann nicht verhindern, dass man etwas bemerkt, und wenn ich mich trotzdem dazu zwingen will, gibt es nur noch mehr Stress, und wird man nur noch mehr bemerken!

    Vorher hat es mir eigentlich noch am Besten geholfen, selber nicht mehr so glauben zu wollen, es wäre eine schlechte Eigenschaft. Dadurch brauchte ich mich wenigstens nicht so unerträglich viel mehr zu schämen!
    Das mag vielleicht auch ausschauen wie vermeiden dass ich an mir selber arbeiten muss. Aber wirklich, ich habe schon mein ganzes Leben sthenisch versucht, das Beste aus mir zu machen, wurde aber lange Zeit nur noch neurotischer. Erst nach meiner Grossen Krise scheint es jetzt langsam wieder etwas besser zu werden, aber trotzdem finde ich mich noch so weit ausserhalb des “normalen” Bereich, und will ich bestimmt nicht mit allem was ich im Leben machen will, warten, bis ich mich selbst ganz “in Ordnung” habe. Wenn ich mich schon in “Ordnung” bekomme, wäre das sowieso nur durch weiterhin mich zu üben im Leben. Aber das muss ich dann, wenigstens vorläufig, doch neurotisch machen! Und da ist es schon viel besser auszuhalten mit meinen negativen Gefühlen, wenn ich nicht auch noch negative Gefühle über meine negative Gefühle haben muss! Deswegen ist es, dass ich jetzt geneigt bin zu versuchen, den Neurotizismus zu “verteidigen”, als nicht etwas das mich einen schlechteren Menschen macht, auch wenn es noch so nervend sein kann!

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    1. Ich habe Leute gesehen, die in diesen Situationen gute Fortschritte mit Psychotherapien gemacht haben. Ist das eine Option?

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  13. Ist es schon. Ich bin sogar schon dabei diese Option zu aktivieren. Dass du aber in dieser Art darauf hinweisst, ist für mich schon eine endgültiges Zeichen dass diese Diskussion mir entgleist ist. Es ist soviel mehr daran als nur entweder moralische Mangel oder psychische Krankheit. Vielleicht brauchst du aber nur deine ältere Artikel mal wieder zu lesen um das wieder zu verstehen, wie hier oben:

    " Menschen mit hohen Neurotizismuswerten können ungeheuer kreativ sein, sind oft sehr darauf aus, das Beste aus allen Situationen herauszuholen und lassen sich nicht beirren. Sie haben auch ein ausgeprägtes Gespür für Risiken und Gefahren und leben oft gesünder (Healthy Neurotic). Wenn all das in Balance gehalten werden kann und die Positivität durch das Erleben der Welt und zwischenmenschliche Beziehungen hinzukommt, ist hoher Neurotizismus einfach eine weitere Zutat zur schillernden menschlichen Existenz."

    Das hast du zum Beispiel sehr schön gesagt! Es handelt sich also um einer Zutat, die schon etwas Verarbeitung verlangt, um nicht giftig zu werden in hoher Dosierung, könnte ich da noch hinzufügen.

    Du schreibst interessante Artikel, auch über andere Themen, also ich denke ich möchte schon in Zukunft deine Seite wieder besuchen, aber für jetzt möchte ich die ganze Sache hier mal wieder eine Weile in Ruhe lassen...

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    1. Alles klar! Bis später dann. Ich werde wohl in den nächsten Monaten wegen persönlicher Umbrüche auch weniger schreiben.

      Zur Therapie: Ich finde Psychotherapie ein sehr hilfreiches Mittel, lange bevor man psychisch krank wird. Bestimmte persönlichkeitstypologische Ausprägungen haben verschiedene Risiken, die in ihren Extremen auch Krankheiten begünstigen. Und eine Therapie ist ein wundervolles Mittel, sich selbst besser kennen zu lernen und und extremen Entwicklungen vorzubeugen. Habe selbst eine gemacht und viel gelernt.

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  14. Dann gibt es das andere Extrem: Sanftmut, Gleichgültigkeit bis hin zur Blauäugigkeit!
    Veränderungen im Sinn von Fortschritt und Verbesserungen haben wohl nur neugierige, unzufriedene Menschen geschaffen; diese Leben auch länger! Alle anderen sind dann nur Nutznieser. :D

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    1. Unzufriedene Menschen leben länger? Das klingt interessant, aber müsste mal erklärt und belegt werden. Und was ist mit zufriedenen neugierigen Menschen?

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  15. Bei dem kleinsten Anzeichen von Spielschen gleich rauswerfen die Alte .
    Das Leben ist viel zu kurz .Nix Pschychologen die sind meist die schlimmsten .
    Da kann ich Geschichten erzählen das können sie mir glauben die wenigen guten sind rar !

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  16. Fakt ist es gibt doch ganz wenig Menschen die nicht Neurotisch sind .

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