28. September 2015

Wann ist unsere Arbeit sinnvoll?

Warum der Arbeitsplatz für uns an Bedeutung gewinnt

Allerorten werden Sinnkrisen ausgemacht: Im Privatleben, im gesellschaftlichen Miteinander, in der Politik und natürlich in der Arbeitswelt. Wir haben uns an düstere Bilder gewöhnt und ein Gefühl gewonnen, dass man da nichts machen kann. Das Verschwinden Gottes, all der Rituale und der Religion als Bindemittel zwischen Individuen und Gruppen ist ein naheliegender Grund für einen zunehmend gefühlten Sinnverlust. Eine Reduzierung unserer Lebenswelt auf Datenoberflächen und virtuelle Freunde ist ein anderer. Und im Philosophie Magazin können wir nun lesen, wie der Sinn auch aus der Arbeit zu fliehen scheint. Ich glaube, dass das nicht so ist oder wenigstens nicht so sein muss. Wenn man weiß, wie Menschen "Sinn" erleben, nämlich im Eingespanntsein von Beziehungen und Zusammenhängen, dann kann es wirklich nicht verwundern, dass ein Verschwinden und eine Virtualisierung solcher Beziehungen dazu führen kann, dass wir unsere Welt als weniger sinnvoll erleben. Gerade unsere Arbeit kann aber starke Beziehungen zu anderen Menschen und Zusammenhänge zu übergeordneten Zielen herstellen. Ein Arbeitsplatz heute, so könnte man argumentieren, ersetzt gewissermaßen andere soziale Räume, die uns zuvor mit Sinnbeziehungen versehen haben.

Soweit muss es doch nicht kommen...

19. September 2015

Utopisch wie Natur sein kann

Schönheit führt zu Liebe und Liebe führt zu Verantwortung

Takashi Amano: 40 Meter Naturaquarium, die ins Herz treffen (alle Fotos von Gilbert Dietrich)

Im August dieses Jahres starb der wohl leidenschaftlichste Aquarianer unserer Zeit Takashi Amano (Naturaquarien: Das komplette Werk 1985 - 2009) im Alter von nur 61 Jahren. Gerade noch rechtzeitig wurde seine Installation The Tropical Paradise im Oceanário de Lisboa in Portugal fertig. Dieses 40 Meter lange und wie ein flaches U geformte Aquarium stellt einen Flusslauf nach und ist das größte angepflanzte Naturaquarium der Welt. Letzte Woche sah ich mir dieses Wunderwerk der Naturinstallation in Lissabon an.

16. September 2015

Das Leben siegt immer... und der Tod auch

Vor der Stille der Sturm von Wallace Stegner

In den letzten zwei Wochen habe ich mir eine Online-Auszeit gegönnt und es wirklich genossen. Auf Facebook hatte ich ein paar Beiträge im Voraus geplant, sodass ohne mein Zutun wenigstens ein bisschen was an meine Leser dringt. Es war schön, einmal ohne selbst aktiv zu sein, nur zu lesen, am Strand zu liegen und ein neues Land kennen zu lernen. Eines der Bücher, die ich las war Wallace Stegners Vor der Stille der Sturm (im Origial: All the Little Live Things). Diese Erzählung hat mich wirklich beeindruckt und mitgenommen. Sie hätte wohl eigentlich eine Novelle werden sollen, denn am Anfang und am Ende stehen geradezu unglaubliche Begebenheiten, währen der Text in der Mitte nur so mit Gesprächen, Gedanken und kleinen Konflikten am Leben gehalten wird. Gerade die letzten Kapitel des Buches gehören jedoch zum besten und atemberaubendsten, das ich je gelesen habe. Kurz gefasst geht es um die junge Mutter Marian, die ein zweites Kind erwartet und gleichzeitig mit Bauchspeicheldrüsen- und Leberkrebs im Sterben liegt. Sie verwehrt jegliche Chemo- und Strahlentherapie, um das ungeborene Kind nicht zu gefährden. Es ist ein Wettlauf - buchstäblich - um Leben und Tod. Dass der Tod dabei siegen wird, ist nie auch nur eine Sekunde unklar. Aber wird das Leben wenigstens ein kleines bisschen siegen? Das ist das große Thema der Erzählung: Das Leben siegt immer... und der Tod auch. Marian sagt in einem der vielen philosophischen Gespräche mit dem Erzähler:

"Es stimmt, der Tod muss in der Welt sein. Sterben ist so natürlich wie geboren werden. Wir sind alle ein Teil dieses großen Pools des Lebens und wir schulden der Welt den Raum, den wir einnehmen und die Chemikalien, aus denen wir gemacht sind. Sobald wir zugeben, dass das keine Abstraktion ist, sondern etwas, das wir persönlich schulden, sollte es nicht mehr so schwer sein." (von mir aus dem Englischen übertragen, S. 287)

Stegner hat ein Buch geschrieben, das einem alles lehren kann, was man zum Leben wissen muss: AUGEN AUF UND DURCH, könnte man sagen. Es wird immer wieder höllisch schmerzen und gleichzeitig ist es das beste, was uns widerfahren kann. Es gibt kein gutes Leben ohne Leid und Tod. Ich empfehle eine Online-Auszeit und Vor der Stille der Sturm.

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