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18. November 2023

Sterben lernen #2: Ein Schierlingsbecher voll Hoffnung

Sokrates' Wiederauferstehung

"Der Mensch bringt sein Leben damit zu, daß er lernt, was er wußte..."

So bringt Vladimir Jankélévitch (Der Tod, Suhrkamp, 2017, S. 22) die antike Metapher vom Sterben lernen auf einen paradoxen Punkt. Denn, dass jeder Mensch einmal sterben muss, ist so ein allgemeines Gesetz, dass jeder es wohl weiß. Aber man weiß es als allgemeines Gesetz und man weiß erst einmal nichts darüber, was das genau für einen selbst heißt. "Das Ereignis, das wie kein anderes vorauszusehen ist, ist paradoxerweise das unvorhersehbarste." (Ebd. S. 29) "Erst wenn er in das Nichts zurücksinkt und dem Sein entrissen wird, erfährt der Mensch die Tatsächlichkeit der Veränderung." (Ebd. S. 24) Was ist diese "Tatsächlichkeit der Veränderung"?

Der Tod des Sokrates, Jacques-Louis David, 1787 (gemeinfrei)

Platon schwebt offenbar keine allzu negative Veränderung vor. Wenn Sokrates im Phaidon sagt, dass "die richtig philosophierenden danach [trachten] zu sterben" und wenn er weiter meint, dass "tot zu sein [...] ihnen unter allen Menschen am wenigsten furchtbar" sei, dann ist damit nicht gemeint, dass sich Philosophen besser auf den Tod vorbereiten und durch Weisheit den Tod akzeptieren lernen können. Bei Platons Sokrates ist es eher umgekehrt: Die Philosophen versuchen schon im Leben insofern tot zu sein, als dass sie schon lebend versuchen, die Seele vom Körper zu trennen. "Befreiung und Absonderung der Seele von dem Leibe" sei geradezu "das Geschäft der Philosophen". Sokrates entschied, nicht vor der Hinrichtung zu fliehen, freut sich gar auf den Tod, denn erst im Tod, könne er die Ideen selbst schauen und damit durch und durch philosophisch in Platons Sinne werden:

"Nämlich diejenigen, die sich auf rechte Art mit der Philosophie befassen, mögen wohl, ohne daß es freilich die Andern merken, nach gar nichts anderm streben, als nur zu sterben und tot zu sein."

"Auch ziemt es sich ja wohl am besten, daß der, welcher im Begriff ist dorthin zu wandern, nachsinne und sich Bilder mache über die Wanderung dorthin, wie man sie sich wohl zu denken habe. Was könnte einer auch wohl noch weiter tun in der Zeit bis zum Untergang der Sonne!" (Platon: Phaidon, projekt-gutenberg.org 18.11.2023)

5. Oktober 2023

Sterben lernen – #1: Akzeptanz, anstatt Hybris

"Philosophieren heißt sterben lernen", meinte Platon. Ein starker Satz, den wir uns in der Lektion 2 genauer ansehen müssen, denn er flüstert in unsere heutige Ohren einen modernen, existenzialistischen Sinn, der ursprünglich nicht gemeint war. Aber erst einmal: Einfach so dahin leben und irgendwann tot sein? Oder lieber sukkzessive weiser werden und versuchen mit dem Nicht-Sein vor und nach uns, einem erfüllten Sein näher zu kommen? Mir gibt die Endlichkeit viel Freiheit: Was zählen all die kleine Sorgen im Angesicht der Ewigkeit? Und sie motiviert mich, das Beste aus dem zu machen, das mir gegeben wurde (christlich gesagt) oder zu dem ich gezwungen wurde (existenzialistisch gesagt). 

Manche Bäume werden über 500 Jahre alt, und gerade die so genannte Krönung der Schöpfung muss mit 80 abtreten? (Friederike Mayröcker)

27. Mai 2023

Heitere Miene, stoßweises Ausatmen, abgerissene Laute

Hüten wir uns zu sagen, daß der Tod dem Leben entgegen gesetzt sei. Das Leben ist nur eine Art des Toten, und eine sehr seltene Art. (Friedrich Nietzsche, Die Fröhliche Wissenschaft, KSA 3, Nr. 109.)

Die Absurdität der Sorge

Ich lachte plötzlich los. Ohne Zeugen und offenbar grundlos lachte ich. Ich saß an der Panke, rauchte, trank mein alkoholfreies Bier und hatte einen kleinen Lachanfall. Enten trieben vorbei und begannen auf meiner Höhe kurz gegen den Strom zu paddeln. Hoffnung auf Brotkrümel. Dann trieben sie weiter abwärts von meinem leisen Lachen begleitet. Der Wind trieb den Rauch hinterdrein.

Die Situation auf der Arbeit ist gerade... sagen wir anstrengend. Seit meiner letzten Corona-Infektion geht es gesundheitlich nur langsam dem denkbaren Optimum entgegen. Wahrscheinlich hatte ich mich nun wieder bei einem Arbeitstreffen mit Corona infiziert. An der Panke sitzend, machte ich mir ernsthaft Sorgen, was das mit meiner Gesundheit tun würde. 

Erst einmal angstfrei Tritt fassen

Und darüber hinaus: Kein Magel an Sorge. Arbeit, Altwerden, Krieg in Europa, aufgeklärte Mitbürger unter idiotischer Desinformation. Der Golfstrom kippt, die Gletscher sind nur noch matschgraue Erinnerung. Überall wird Süden. Oder kommt doch ein nuklearer Winter? Die Kids, die sich die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage nicht gefallen lassen wollen, werden jetzt kriminalisiert und unter Terrorverdacht gestellt. Mein Sohn träumt noch von Pikachu und Karate, von Kaulquappen und einem Andauern des Traumes. 

23. August 2022

Karma oder Schadenfreude? Zum Tod einer Tochter

Wie ist es moralisch zu bewerten, wenn wir uns diebisch freuen?

Ist es legitim, sich über das Unglück eines anderen Menschen zu freuen? Schadenfreude ist menschlich, so viel ist klar. Aber ist sie nicht auch verwerflich, also aus einer Perspektive der Ethik betrachtet falsch?

Was steckt hinter der Schadenfreude?

Schadenfreude ist die Freude über einen Schaden, der für jemanden anderen eingetreten ist. Eigentlich freut man sich ja nicht über Schäden, die auftreten, sondern über etwas positives, das einem selbst oder anderen widerfährt. Warum kann es also überhaupt Freude über einen Schaden geben? Na offensichtlich, weil man dem anderen eben genau diesen Schaden gewünscht oder nach Möglichkeit sogar selbst zugefügt hätte und weil man meint, dass einem selbst durch den Schaden des anderen etwas Gutes widerfahren sei. Auch ein vereinfachtes und unklares Gerechtigkeitsgefühl kann eine Rolle spielen. Die Freude ist offenbar auch dadurch noch gesteigert, dass der Schaden eingetreten ist, ohne dass man selbst dafür sorgen musste.

Kurz gesagt: Man profitiert vom Schaden eines anderen. Aus ethischer Perspektive kann man also argumentieren, dass die Freude über den eingetretenen Schaden moralisch nicht besser ist, als der Akt des Zufügen eines Schadens selbst. Man könnte vielleicht sogar behaupten, dass die "billige" Schadenfreude des Zuschauers noch perfider ist, als der Akt des Schadenzufügens, denn hier freut man sich ohne eigenes Risiko. Ein interessantes Beispiel, wie die Rechtssprechung von der Moral abweicht, denn egal wie moralisch verwerflich – für Schadenfreude wird man nicht vors Gericht gestellt.

Auch nach den bekannten goldenen Regeln und ethischen Imperativen, nach denen man anderen nichts zufügen oder wünschen solle, dass man nicht auch für alle inklusive sich selbst wünschte, ist Schadenfreude also ganz klar moralisch verwerflich. Einen Ausweg gäbe es, wenn man sich über eine harte Strafe freut, die man sich auch selbst für ein Fehlverhalten wünscht. In religiösen Kontexten kann man das sehen, wenn jemand sündigt und sich erst besser fühlt, nachdem er dafür auch Buße tun konnte. Die Selbstgeißelung wäre solch ein Beispiel. Wer sich über das Auspeitschen eines anderen freut und für alle inklusive sich selbst in Anspruch nimmt, bei vergleichbaren Vergehen auch ausgepeitscht zu werden, der wäre bei dieser Art Schadenfreude fein raus.

9. Juli 2022

Maschinen, denken, Tod

Individuen, fühlen, Leben

Dies ist ein Update zum Artikel Von der Sorge und vom Denken vom 22. Mai 2022. Dort beschrieb ich u.a., wie Hannah Arendt das Denken als eine Art ethischen Imperativ sah, denn das Denken ist Voraussetzung für das gelingende Ringen um richtig oder falsch im Individuum. Wer nicht denkt, kann nicht moralisch fundiert handeln.

Beispielhaft wurde das für sie in der Figur Eichmanns, dessen Prozess in Jerusalem sie begleitete. Hier war ein durchschnittlicher Mensch von normaler Intelligenz, der das Zwiegespräch über richtig und falsch in sich selbst abgebrochen hatte und sich so zu einem gut geölten Rädchen in der Holocaustmaschine der Nazis hat machen lassen. (Von der Sorge und vom Denken)

Apropos Maschine

Die Maschine hat dem Individuum hier das Denken gewissermaßen abgenommen. Sie entlastet, wie Arnold Gehlen sagt, den Menschen vom Denken und das gebiert mitunter grausame Unmenschlichkeiten, wie wir z.B. am Holocaust sehen. 

Auf eine paradoxe Art führt uns das zu einem weiteren Grund, warum das Denken so unpopulär geworden ist. In seiner Vorlesung Einführung in die Systemtheorie (siehe oben: original Tonaufnahme aus dem Wintersemester 1991/92 an der Universität Bielefeld) geht Niklas Luhmann (ungefähr ab Minute 50 in der Aufnahme, siehe Markierung oben im Player) darauf ein, dass das rationale Denken im Westen – obschon im Aufschwung befindlich – spätestens seit und mit der Romantik immer auch deskreditiert wird.

6. Juni 2021

Klänge: Sich in der Welt zu Hause fühlen

Der Rhythmus von Gegenübertreten und Wiedereintreten

Die westliche Philosophie ist raumlos, körperlos, weniger von In-Sein geprägt als von Da-Sein und vor allem von einer Art des "Gegenüber-Stehens", die nicht nur einen Einfluss darauf haben dürfte, wie wir die Welt wahrnehmen, sondern auch darauf, wie wir uns in ihr oder eben ihr gegenüber fühlen. Im Grunde ist es eine einsame Beobachterperspektive, die wir einnehmen, inklusive einem Abgespaltensein von dem, was wir da beobachten. 

Was da religions- und wissenschaftshistorisch passierte, dass es so kam, weiß ich nicht genau, aber die Annahme liegt nahe, dass sich Religion und Philosophie im Westen voneinander stärker abgesetzt haben, als das zum Beispiel in östlichen Religionen und Philsophien der Fall ist, in denen die religiöse Anwesenheit, Klang, In- und Versunken-Sein immer auch noch philosophische bzw. konreter lebensanschauliche Relevanz haben.

10. April 2021

Alle Wesen entstammen dem Stein

Wir suchen überall das Unbedingte und finden immer nur Dinge (Novalis)

Was mich nachhaltig fasziniert, ist der unauflösbar radikale Widerspruch im Menschen zwischen dem Sein-wollen und dem Nichts-sein-wollen. Alle Biologie in uns hat natürlich einen starken Vitalismus, einen Selbsterhaltungstrieb, der sich auch psychologisch unbezweifelbar äußert, zum Beispiel in der Angst vor dem Tod, die sich oft noch steigert, je näher wir dem Tod kommen. Gleichzeitig scheinen wir uns gern die im Tierreich einmalige Perversion zu leisten, nach dem Nichts zu verlangen. 

Fossiles Skelett eines Ichthyosauriers aus dem Posidonienschiefer (Unterjura) Südwestdeutschlands
Fritz Geller-Grimm: Fossiles Skelett eines Ichthyosauriers (Lizenz: CC BY-SA 2.5)

Man kann das den Todestrieb nennen, das unglückliche Bewusstsein, die Suche nach dem Nirwana, Gnosis oder das Tao. Leben heiße leiden und das gelte es aufzuheben, so wohl eine große Motivation hinter dieser Suche. Ich denke aber nicht, dass diese Motivation ausreicht, uns vom Leben abzubringen. Alle Lebewesen leiden, aber nur wir scheinen das Potenzial zu haben, dieses Leiden teilweise aufzuheben, uns zu entlasten und dadurch die Phantasie von einem paradiesischen Zustand zu entwickeln. Wir wollen ein Himmelreich, das in aller Konsequenz eben doch nicht – Heinrich Heine und Karl Marx zum Trotz – hier auf Erden errichtet werden kann. 

21. März 2021

Das unglückliche Bewusstsein

Zur Überwindung oder Akzeptanz, ein Mensch zu sein

Philosophie, besonders die deutsche ab der Aufklärung muss sich oft vorwerfen lassen, kaum lesbar zu sein und zunehmend weniger praktische Relevanz für das Leben des Einzelnen zu haben. Auch wenn der erste Teil der Kritik stimmt und Philosophen wie Kant, Schelling oder Hegel heute kaum noch lesbar sind, ist der zweite Vorwurf falsch. Man muss doch nur solche philosophisch zentralen Begriffe wie Hegels "unglückliche Bewusstsein" hören und unweigerlich fragt man sich, ob sich darin nicht Erklärungsmöglichkeiten des eigenen Lebens, das immer auch Leiden ist, verbergen.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel von Gustav Blaeser, Hegelplatz, Berlin-Mitte (Daderot)

21. Februar 2021

Drogen – Extase und Vernunft

Die Sucht nach Inexistenz, erste und zweite Philosophie

Ich würde mich einen Menschen der vorsichtigen Ekstase nennen, einen, der gern mal Grenzbereiche auslotet, mindestens ausleuchtet. Eines meiner Lieblingsbücher in der Adolesenz war Die Pforten der Wahrnehmung. Himmel und Hölle. Erfahrungen mit Drogen von Aldous Huxley. Seit seiner Lektüre stellte ich mir die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass der Drogenrausch kein Mittel der außerordentlichen Erkenntnis mehr ist, sondern zu einem Alltagsphänomen wurde. Ich stelle mir immer vor, dass der Rausch für vormoderne Völker viel wichtiger gewesen sein muss als für uns. Zugleich wichtiger und auch eingeschränkter. Der Rausch wird nur in zeremoniellen Momenten und für wenige Repräsentanten verfügbar gewesen sein, zum Beispiel Schamanen oder Stammesangehörige an einem ganz bestimmten Zeitpunkt in ihrem Leben. Heute ist es umgekehrt: Wie in Huxleys Schöne Neue Welt und seiner Droge Soma gehört der Rausch in Form von Alkohol und anderen Drogen einfach dazu. Rausch ist täglich verfügbar und gehört mindestens am Wochenende zum guten Ton. Damit einher geht natürlich eine Entwertung, eine Vulgarisierung: Bis auf den gesundheitsgefährdenden Zeitvertreib bedeutet der Drogenkonsum heute nichts mehr. Oder?

Natürlich bedeuten alle Dinge mehr, als man ihnen auf Anhieb ansieht, was ja der Grund der philosophischen Neugierde ist. Die Frage nach dem Rausch geht interessanterweise einher mit der Frage nach der Philosophie überhaupt, denn anfangs sind Philosophie und Rausch gar nicht von einander zu trennen.

1. Dezember 2018

Die Enge der Zeit ist die Wurzel des Bösen

Hans Blumenberg und die Moral der Sterblichen

Der 1920 geborene und 1996 gestorbene, stets im Verborgenen denkende Philosoph Hans Blumenberg ist bekannt für seine intellektuellen Untersuchungen darüber, was es heißt, ein Mensch zwischen Mythen, Metaphern und existenzieller Obdachlosigkeit zu sein. Allein die Titel seiner vielen Werke lassen uns die zahllosen Möglichkeiten ahnen, das Leben zu verstehen: "Die Lesbarkeit der Welt", "Schiffbruch mit Zuschauer", "Höhlenausgänge", "Die Vollzähligkeit der Sterne" oder "Zu den Sachen und zurück". Das sind lyrisch-philosophische Titel, die ein ganzes Metaphernkonzert des Welterklärens in einem anklingen und uns so verstehen lassen, dass unsere Vorstellung von Wirklichkeit nie ganz logisch-begrifflich erschlossen werden kann, sondern dass wir auf Bilder angewiesen sind, um uns zu orientieren. Das ist beides: radikal klug und wunderschön.


Das poetische Weitwinkelobjektiv des Blumenberg'schen Geistes

In seiner Schrift Lebenszeit und Weltzeit geht Blumenberg unter anderem der Frage nach, was uns Menschen zur Bosheit und zu unmoralischem Handeln treibt. Den Rahmen bildet ein "Absolutismus der Wirklichkeit", dem wir nicht entkommen können: Die Sterblichkeit, die Endlichkeit des einzelnen Menschen vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass die Welt weiterexistiert, auch wenn wir als Individuum verschwinden werden. Generell hält Blumenberg im Anschluss an Arnold Gehlens Anthropologie für den Einzelnen und die Gattung "Mensch" die überlieferten Mythen für einen entlastenden Aspekt angesichts der menschlichen Mangelhaftigkeit. Die Kränkung jedoch, dass man selber sterben müsse, während das "Umeinenherum" einfach weiter existiere, ist auch mit Mythen nicht für jeden zu heilen:

12. April 2017

Exzess und Todestrieb

Das merkwürdige Paradox unserer Lebenswut

"Das Ziel alles Lebens ist der Tod."
Sigmund Freud

Es scheint mir so, als gäbe es in jedem von uns nicht nur einen Willen zum Leben, sondern auch einen komplementären Willen zum Tod. Spüren wir ihn nicht – des Schlafes großen Bruder – wenn wir abends zu Bett gehen, um uns vom täglichen Treiben auszuruhen? Wir freuen uns doch auf diese süße Schwere der Dunkelheit, des Nichts. Der Schlaf hat schon immer diese unheimliche Verwandtschaft mit dem Tod, diese zeitweise völlige Kontroll- und Bewusstlosigkeit, der wir uns bereitwillig für ein paar Stunden hingeben, ohne je sicher zu sein, dass wir auch wieder aufwachen werden. Vielleicht kann man beim Einschlafen das Sterben lernen?

Exzess und Tod in Hieronymus Boschs Garten der Lüste (Detail)

10. April 2016

Hab Mitgefühl mit deinem Körper!

Schmerz ist, wenn dein Leib um dein Leben kämpft

Die alten Griechen sagten, der Körper sei das Grab der Seele. Und ja, am Ende ist es der Körper, der uns stilllegen wird. Wären wir nur Geist, so könnten (oder müssten) wir wohl endlos leben. Wenn unser Geist auf unseren Körper angewiesen ist, dann heißt das aber auch, dass unser Körper nicht nur das Grab, sondern auch der Garten der Seele sein muss.

Das Leben in den Knochen spüren (Bild gemeinfrei)
  
Wenn man vierzig wird, hört man es zunehmend von Freunden und spürt es selbst in den Knochen: Der Körper gibt nach, baut ab, steht einem manchmal mehr im Wege, als dass er Hilfe auf dem Weg ist. Ich habe bereits eine Hüftoperation hinter mir, gute Freunde haben Organschäden oder Gelenkschmerzen. Das sind nicht die Art von Wehwehchen, die wir mit zwanzig hatten und die nach zwei Wochen wieder verschwanden. Der Abbau hat begonnen. Das Gefühl, es gehe nun bergab und die beste Zeit liege hinter uns, kann einen deprimieren.

29. November 2015

Wie wir den Tod (nicht) überleben


Das eigene Ableben und das unserer Mitmenschen

Wir haben Todesangst, das gehört zum Menschsein dazu. Aber ängstigen wir uns vielleicht vor dem falschen Tod, dem eigenen? Es dürfte kaum überraschen, dass die Unsterblichkeit der Seele, die Wiedergeburt oder ein Weiterleben in Himmel und Hölle zu den Top 3 der ewigen Fragen der Menschheit gehören (zusammen mit "Gibt es einen Gott?" und "Wo muss ich drücken oder ziehen, damit diese Scheißverpackung aufgeht?"). Es scheint so, als hätten wir uns intellektuell damit abgefunden, dass unser Erleben (fühlen, denken, ängstigen, hoffen) zusammen mit unserem Körper seinen Geist aufgibt, dass wir also nach dem Tod nicht weiterleben, sondern in eine totale kognitive Finsternis eintreten, vergleichbar höchstens mit einem ganz tiefen Schlaf oder einer Vollnarkose. Das kann zwar ein tröstender Gedanke sein, aber offenbar reicht er uns nicht, denn wir können unsere Abwesenheit schlicht nicht denken.

Die allermeisten Menschen, die je gelebt haben, sind heute tot
Catacombes De Paris von Albany Tim (CC BY 2.0)

17. Oktober 2015

Die Unsterblichkeit der Sterblichen

Ein Gastartikel von Daniel Horn

In einem Kommentar zum Artikel Das Leben siegt immer... und der Tod auch schreibt ein anonymer Leser: "Das Sich-nicht-Überleben kann ein Neuanfang sein, in einem neuen Wesen das ebenso (...)  in sein Dasein geworfen wird, wie wir es wurden. Ein radikaler Neuanfang, ohne 'nochmal von vorn' zu beginnen - der existenziale Sprung in das Nichts. Aber nicht in das immerwährende Wegsein." Der anonyme Leser war Daniel Horn und heute schreibt er davon, wie das "ich" in einem Leben nach unserem Tod auch ohne Gott und Magie einen neuen Anfang findet. Und was bedeutet das für unser Handeln heute, was folgt moralisch daraus?

Kommt da noch was? Und ob! (Bild gemeinfrei nach CC0)

16. September 2015

Das Leben siegt immer... und der Tod auch

Vor der Stille der Sturm von Wallace Stegner

In den letzten zwei Wochen habe ich mir eine Online-Auszeit gegönnt und es wirklich genossen. Auf Facebook hatte ich ein paar Beiträge im Voraus geplant, sodass ohne mein Zutun wenigstens ein bisschen was an meine Leser dringt. Es war schön, einmal ohne selbst aktiv zu sein, nur zu lesen, am Strand zu liegen und ein neues Land kennen zu lernen. Eines der Bücher, die ich las war Wallace Stegners Vor der Stille der Sturm (im Origial: All the Little Live Things). Diese Erzählung hat mich wirklich beeindruckt und mitgenommen. Sie hätte wohl eigentlich eine Novelle werden sollen, denn am Anfang und am Ende stehen geradezu unglaubliche Begebenheiten, währen der Text in der Mitte nur so mit Gesprächen, Gedanken und kleinen Konflikten am Leben gehalten wird. Gerade die letzten Kapitel des Buches gehören jedoch zum besten und atemberaubendsten, das ich je gelesen habe. Kurz gefasst geht es um die junge Mutter Marian, die ein zweites Kind erwartet und gleichzeitig mit Bauchspeicheldrüsen- und Leberkrebs im Sterben liegt. Sie verwehrt jegliche Chemo- und Strahlentherapie, um das ungeborene Kind nicht zu gefährden. Es ist ein Wettlauf - buchstäblich - um Leben und Tod. Dass der Tod dabei siegen wird, ist nie auch nur eine Sekunde unklar. Aber wird das Leben wenigstens ein kleines bisschen siegen? Das ist das große Thema der Erzählung: Das Leben siegt immer... und der Tod auch. Marian sagt in einem der vielen philosophischen Gespräche mit dem Erzähler:

"Es stimmt, der Tod muss in der Welt sein. Sterben ist so natürlich wie geboren werden. Wir sind alle ein Teil dieses großen Pools des Lebens und wir schulden der Welt den Raum, den wir einnehmen und die Chemikalien, aus denen wir gemacht sind. Sobald wir zugeben, dass das keine Abstraktion ist, sondern etwas, das wir persönlich schulden, sollte es nicht mehr so schwer sein." (von mir aus dem Englischen übertragen, S. 287)

Stegner hat ein Buch geschrieben, das einem alles lehren kann, was man zum Leben wissen muss: AUGEN AUF UND DURCH, könnte man sagen. Es wird immer wieder höllisch schmerzen und gleichzeitig ist es das beste, was uns widerfahren kann. Es gibt kein gutes Leben ohne Leid und Tod. Ich empfehle eine Online-Auszeit und Vor der Stille der Sturm.

31. Mai 2014

Dienst nach Vorschrift und Leben nach dem Herzen

Ein paar Gedanken aus dem Urlaub -

für die man aber nicht extra Urlaub nehmen muss


"Zwischen Verlangen und Bedauern gibt es einen Punkt, der Gegenwart heißt." 
Sylvain Tesson, In den Wäldern Sibiriens (S. 162)

Burnout
Burnout (Bild von Jan-Joost Verhoef via Flickr CC)

Ich gähne, gähne und gähne. Wieder, wieder und immer wieder. Es ist der zweite Tag meines Urlaubs. Warum wir gähnen, ist nicht geklärt. Es gibt zahllose Theorien von Sauerstoffmangel über Drohgebärde bis hin zur Gehirnkühlung. In einem sind sich alle Theorien einig: Das Gähnen zeigt ein Umschalten von einem Zustand in einen anderen an. Von wach zu müde (oder umgekehrt), vom Interesse zur Langeweile, vom Stress zur Entspannung (oder umgekehrt). Heute, am vierten Tag meines Urlaubs ist das exzessive Gähnen verschwunden und die Gedanken an die Arbeit werden immer seltener und verblassen emotional. Die Themen und Zustände, die mich in den letzten Wochen noch gestresst haben, sind zwar immer noch in dieser Welt und ich werde auch zu ihnen zurückkehren, aber sie haben weniger bis kaum noch irgend eine Macht über mich. Statt dessen reift eine Erkenntnis...

23. April 2014

Der finstere Berg

Eine andere Qualität in der Sorge um die Zukunft

Wir kennen die Phasen der Trauer, die solche Patienten durchmachen, deren Krankheit unausweichlich zum Tode führt: Wut, Leugnen, Feilschen, Depression und schließlich Akzeptanz. In der Phase der Akzeptanz tritt man einen Schritt zurück und überlegt sich, wie man die Zeit, die einem noch bleibt, verbringen möchte und wie man sie mit etwas Würde durchstehen kann. Ich stelle mir diese Fragen inzwischen auch öfter...

Dieser Text erschien im Philosophischen Magazin agora42

 

Trauer um die Schönheit der Natur

Die Menschheit, so könnte man meinen, ist in einer ähnlichen Situation wie ein Todkranker: Uns wird zunehmend klar, dass unsere Existenz als Gattung auf diesem Planeten zu einem Ende kommt. Wir sind sieben Milliarden Menschen, die der Planet nicht mehr erträgt und wir werden noch mindestens zwei Milliarden mehr werden. Die Erde wird zunehmend wärmer, ohne dass wir unseren Kohlendioxidausstoß reduzieren können. Die Eismasse der Arktis schrumpft zusehends. Das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten beschleunigt sich trotz WWF und Greenpaece.

Unsere erste Reaktion, als wir mit dem Waldsterben, Tschernobyl und dem Waleschlachten konfrontiert wurden, war Wut. Ich denke, dass wir völlig zu Recht wütend waren und dass es vielleicht sogar das aufrichtigste Gefühl war, dass wir haben konnten. Wir protestierten, gründeten militante Öko-Gruppen oder trugen Kröten über die Landstraße. Damit hoben wir die ökologischen Probleme zum ersten Mal auf die politische Agenda. Was hat es genutzt? Bis heute gibt es auch Gruppen, die die sich vor unseren Augen weiterhin abspielende ökologische Katastrophe leugnen. Viel größer aber ist die Gruppe der Leute, die begonnen haben, zu feilschen: Man könnte das Fortschrittsoptimismus nennen. Ich selbst neige zu diesem Glauben, dass wir durch technischen Fortschritt wie Solarzellen und Windkraft den ökologischen Raubbau kompensieren können. Mittlerweile kommen mir Zweifel: Nicht, weil es prinzipiell unmöglich wäre, sondern weil die Schäden so massiv sind, dass jedes politisch vertretbare Gegensteuern lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein bedeutet.

Die letzten Phasen der Trauer

Im englischen Oxford hat sich vor einigen Jahren eine Bewegung mit dem Namen The Dark Mountain Project formiert. Ganz bewusst sind sie zu den letzten Trauerphasen von Todkranken übergegangen: zur Depression und letztlich zur Akzeptanz. Die Gruppe besteht aus einer Reihe von Schriftstellern, Künstlern und Denkern, die aufgehört haben, die Geschichten zu glauben, die sich unsere Gesellschaften heute selbst erzählen. Die gängigste Geschichte geht etwa so, dass der Menschheit als exponiertem Sonderfall der Natur die Aufgabe zufiele, die gesamte Natur und alles Leben zu steuern und dass die ökologischen und ökonomischen Katastrophen unserer Tage lediglich technische Ausfälle seien, die wir nur zu beheben hätten. The Dark Mountain Project meint nun, dass neue und weniger heilsversprechende Geschichten für die finsteren Tage vor uns von Nöten seien.

Dieses Projekt sieht sich als kreative Plattform, auf der wir ohne Selbsttäuschung akzeptieren lernen können, was die Zukunft für uns bereit hält. "Wir sehen, dass die Welt in ein Zeitalter des ökologischen Zusammenbruchs eintritt [...] und wir möchten diese Realität annehmen und spiegeln, anstatt sie zu leugnen." Man könne nicht mehr so tun, als wären die Schäden rückgängig zu machen, als könne man diese Welt noch retten. Das sagt der ehemalige Aktivist der Anti-Globalisierungsbewegung und Gründer des Projekts Paul Kingsnorth.

Liest man das Manifest der Bewegung mit dem Titel Uncivilization von 2009, dann wird allerdings auch klar, dass die damals gerade eingetretene globale Finanzkrise den Pessimismus der Autoren kräftig befeuert hat. Überall asymetrische Kriege, die man nicht gewinnen konnte, anhaltende Naturzerstörung und plötzlich war auch noch die eigene Immobilie wertlos. Wo soll da noch Optimismus herkommen! Nicht mal mehr von den Grünen und ihren Öko-Supermärkten? Nein: “Eine ehemals radikale Infragestellung der Zivilisationsmaschine wurde in eine weitere Möglichkeit zum Shoppen verwandelt” (Uncivilization). Pessimismus ist ein anderes Wort für den Abfall vom Glauben an den Fortschrittsmythos. Im Manifest heißt es: “Alles wird gut. Nein, wir glauben nicht, dass alles wieder gut wird. Wir sind uns nicht einmal sicher, ob wir auf der Grundlage der heutigen Definition von Fortschritt überhaupt wollen, dass es wieder gut wird.”

Vor The Dark Mountain

Akzeptanz statt Aktionismus

Wie kann man denn als vernünftiger Mensch an diesem Punkt die Hände in den Schoß legen und sich in sein Schicksal ergeben? Das ist ja beinahe verbrecherisch. Kingsnorth sagt, dass sein Projekt den Menschen die Möglichkeit gäbe, falsche Hoffnungen zu begraben. Nur noch hoffen zu können, sei ein verzweifelter Akt derer, die keine Macht haben, wirklich etwas zu ändern.

Anstatt zu versuchen, die Erde zu retten, sollten die Menschen lieber darüber reden, was überhaupt noch machbar ist. Kingsnorth wünscht sich eine neue Ehrlichkeit: Ökologischer Aktivismus täusche seine Anhänger zum Beispiel mit der falschen Hoffnung, den Klimawandel stoppen zu können. Dabei sei klar, dass er nicht gestoppt werden könne und dass solche falschen Hoffnungen nur zu noch mehr Enttäuschung und Verzweiflung führten. Für die Anhänger von Dark Mountain gibt es immerhin eine Möglichkeit, sich die Wahrheit einzugestehen und die damit einhergehenden Gefühle von Furcht und Trauer zuzulassen. Erst mit dem Eingeständnis des Ausmaßes der Zerstörung durch uns und um uns herum können wir anfangen, neue Wege zu sehen:

"Was passiert, wenn du die kommenden Veränderungen akzeptierst? Dinge, die du schätzt, werden verschwinden, es werden Sachen passieren, die dich unglücklich machen. Du wirst nicht erreichen können, was du erreichen wolltest und du musst damit leben. Weiterhin wirst du Schönheit sehen, es wird weiterhin Dinge geben, die dir einen Sinn vermitteln und du kannst immer noch irgend etwas tun, um die Welt ein bisschen weniger schlecht zu machen." (Paul Kingsnorth in der New York Times)

Kingsnorth findet die Idee, dass man die katastrophalen Folgen der Klimaerwärmung aufschieben kann, nicht nur falsch, sondern widerwärtig. Es zeige die ganze Verzerrung der Beziehung zwischen Menschen und der natürlichen Umwelt. Sogar die Umweltschützer hätten damit die Idee aufgegeben, dass Natur auch einen Wert in und für sich hat, der über ihren Nutzen für uns hinausgeht. Wenn wir dieses Ideal vergessen, um unseren Arsch zu retten, wenn wir überall Windräder hinstellen und Solarfelder anlegen, dann gehen wir nichts anderes als einen faustischen Pakt ein: Wir verkaufen unsere Seele, die Schönheit der Natur, um ein paar Jahre länger zu leben.

Nun gut, man könnte auch sagen, dass im Grunde die ganze Existenz des Menschen ohnehin in diesem Teufelspakt besteht. Wir kennen ja Frankensteins Monster. In der Philosophie findet man dafür den Begriff der Entfremdung: Die Prozesse, die wir initiieren, um alles besser zu machen, entfremden sich uns und ihrem Zweck und wenden sich letztlich gegen uns. Das ist alles höchst sinnlos und erscheint unveränderlich. Das Trotzdem, die Tat, so würde Albert Camus vielleicht sagen, ist gleichzeitig Auflehnung gegen das Absurde und Eingeständnis der Sinnlosigkeit dessen, was über diese Tat selbst hinausgeht. In dieser Tradition steht auch The Dark Mountain Project: Statt verzweifelt zu versuchen, die gottlose Schöpfung zu verstehen und zu retten, reibt man sich am Untergang und macht ihn zur Folie des eigenen Schaffens. Dieses Schaffen ist dabei ganz vielfältig, beispielsweise gibt es neben zahlreichen Publikationen auch Uncivilisation Festivals, wo versucht wird, die Akzeptanz ästhetisch über Musik, Malerei, Aufführungen, Debatten und das Erzählen von Geschichten zu stärken. Das ist kein dekadenter Tanz im Angesicht des Untergangs, sondern eine bewusste und nüchterne Konfrontation mit der Unausweichlichkeit des Endes der Welt, wie wir sie kennen.

Die Radikalität des Gedankens finde ich mutig und attraktiv. Wir haben von unseren Ärzten erfahren, dass wir nur noch einige Monate zu leben haben und können dieses Leben erst dann führen, wenn wir aufhören wütend gegen unser Schicksal anzurennen oder mit Hilfe von Chemotherapie und Lungenmaschine um jede Minute zu feilschen. Wenn wir unser Los akzeptieren, können wir noch einmal die Augen aufmachen, die Schönheit des Lebens sehen und bewusst genießen. Wir können uns darauf konzentrieren, das Beste daraus zu machen.

In vielerlei Hinsichten starren wir immer wieder ohne viel Hoffnung ins Nichts, sei es das eigene unfassbar begrenzte Leben, furchtbare Kriege oder die unaufhaltsam scheinende Naturvernichtung. Und vielleicht ist es das, was wir lernen müssen: Absurde Hoffnungen fahren lassen, damit wir zu Sinnen kommen und uns den sich stellenden Herausforderungen zuzuwenden können. Das eigene und einzige Leben als Auflehnung gegen die endlos reproduzierte Sinnlosigkeit und seine traurigen Umstände.

Und irgendwo ganz hinten im Kopf haben wir doch noch diesen unbesiegbaren kleinen und allzu menschlichen Schimmer Hoffnung: Vielleicht haben sich die Ärzte ja doch geirrt und wir leben länger als die prognostizierte Zeit? Vielleicht doch lieber mit dem Rauchen aufhören und dem Schicksal ein paar Monate mehr abtrotzen? Oder, wie es im 8. Prinzip des Manifests von The Dark Mountain Project heißt: "Das Ende der Welt wie wir sie kennen, ist nicht das Ende der Welt. Wir werden eine Hoffnung jenseits der Hoffnung finden: den Pfad, der uns zu jener unbekannten Welt führt, die vor uns liegt."

Dieser Text wurde im März 2015 im Philosophischen Wirtschaftsmagazin agora42 veröffentlicht.



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22. März 2014

Philosophie als Lebenskunst

Ein Leben führen, als wäre es für immer


Michael Hampe
Philosophen wie Peter Sloterdijk oder Michael Hampe - beide selbst Akademiker - sind sich sicher, dass die akademische Philosophie ihre Relevanz für die Gesellschaft aufgegeben hat. Auf der anderen Seite boomen philosophische Angebote in Form von Zeitschriften wie der Hohen Luft oder dem Philosophie Magazin, als Blogs im Internet und als beratende Philosophische Praxen für alle Lebensfragen. Es stellt sich die Frage, was die Philosophie uns in der Praxis bieten kann? Ist sie nur formale Gedankenakrobatik auf der Suche nach den Grundlagen des Wissens überhaupt oder findet sie zurück in die lebensrelevante Bedeutsamkeit für uns Menschen, in der sie ihre antiken Wurzeln hat? Im Moment muss man die oben geschilderte Spaltung konstatieren. Und es ist ja immerhin etwas, dass wir auf der Suche nach dem Sinnhaften in unseren Existenzen auch die Philosophie jenseits der Akademik wiederbeleben. Noch schöner wäre es, wenn auch die akademische Philosophie wie bei Hampe und Sloterdijk den Weg in die gesellschaftliche und individuelle Relevanz fände. Wie kann die Bedeutung der Philosophie für unser Leben ganz praktisch aussehen?

Philosophie zerstört den Glauben an die Autorität der anderen

Michael Hampe spricht im Philosophie Magazin von einer nichtdoktrinären Philosophie, die es uns ermöglicht, Sinnangebote der Gesellschaft infrage zu stellen. Ganz grundlegend geht es erst einmal um eine Operation der Bewusstwerdung, die allem Nachdenken eigen ist:

"Alle Reflexionsprozesse, ob naturwissenschaftlich, künstlerisch oder philosophisch, sind Prozesse der Bewusstwerdung. [...] In allen drei Beispielen geht es um Distanzierungsvorgänge zur Steigerung von Selbstbestimmung. Reflexion schafft Distanz und damit Freiräume. Man kann sich fragen: Möchte ich, dass die Vorgänge so weitergehen oder nicht?" (S. 60)*

Nichtdoktrinär kann die Philosophie deswegen sein, weil sie anders als die Sinnangebote aus den Religionen, aus der Esoterik, der Politik oder der konsumistischen Glücksversprechen unserer Werbung, zuallererst ein Hinterfragen ist. Dahinter steht der sokratische Gedanke, dass man sich eben nicht vorschreiben lässt, wie man sein Leben zu gestalten hat, sondern dass man ein glückliches Leben in der Selbstbestimmung findet, zu der man nur durch das Infragestellen aller Sinnangebote der Gesellschaft kommt.

Sokrates: Spielräume, über die Welt zu sprechen, eröffnen Freiheit (Quelle: Wikipedia)

Das heißt natürlich auch, dass man sich von philosophischen Zeitschriften, Blogs oder Praxen keine unmittelbaren Antworten auf die Frage "Wie soll ich leben?" erhoffen kann. Vielmehr können sie Wege vermitteln, die eigenen Antworten auf diese Frage zu formulieren. Hampe meint, dass wir viel zu oft auf irgendwelche Experten vertrauen und uns damit abgewöhnen, selbst nachzudenken. Hier kann die Philosophie helfen, indem sie erst einmal zerstört: den Glauben an die Autorität der anderen.

30. Mai 2013

Sei nicht einfach du selbst!

Über Widersprüche, Spannungen und Konflikte, von Leben und Tod

Joss Whedon, Drehbuchautor von Alien - Die Wiedergeburt und Regisseur von Buffy - Im Bann der Dämonen, begann seine Ansprache an amerikanische Uni-Absolventen dieses Jahr mit den Worten:

Ihr alle werdet sterben... Im Grunde habt ihr alle schon angefangen zu sterben. Ihr seht gut aus. Versteht mich nicht falsch. Ihr seid jung und auf dem Höhepunkt eurer Physis. Aber nun gehts abwärts und das Komische ist, eure Körper wollen sterben. Auf einem zellulären Level ist es das, was eure Körper wollen. Aber wahrscheinlich ist es nicht das, was ihr wollt. Ihr habt alle große Ambitionen, wollt Politiker, Sozialarbeiter oder Künstler werden. Eure Körper aber wollen Babys kriegen und dann unter die Erde und das Unkraut düngen. Das ist es und es ist ziemlich widersprüchlich und überhaupt nicht fair.

Whedon versucht, den Absolventen eines auf den Weg zu geben: Dieser Widerspruch zwischen Ambition und biologischem Verfall, diese existentialistische Zumutung und die Spannung, die daraus entsteht, ist das Größte, das wir Menschen besitzen. Diese Spannung macht unsere Identität aus, wenn wir die Spannung annehmen und damit arbeiten. Wie genau sollen wir uns das vorstellen?

Joss Whedons ungewöhnliche Rede auf Englisch

Identität gibt es nicht ohne Konflikt

Der erste Schritt ist, diese Spannungen und Widersprüche zu erkennen, sie nicht auszublenden, sondern aktiv ins Leben einzubinden, mit ihnen zu arbeiten. Die eigenen inneren Konflikte anzunehmen, sie zu tolerieren, zu beobachten und zu untersuchen, ohne sie zu verurteilen, ist der Schlüssel zu einer größeren Bewusstwerdung unseres Selbsts und damit der Ausgangspunkt eines jeden Wachstums der Persönlichkeit.

Innere Widersprüche zu akzeptieren, bedeutet, sich die eigene Identität zu erarbeiten. Identität muss stetig erarbeitet werden. Sie ist nicht einfach, was du bist, sondern ein Prozess, den du aktiv vorantreiben musst.

Wir müssen uns daran gewöhnen, mit inneren Widersprüchen zu leben und wir tun gut daran, sie lieben zu lernen, anstatt sie zu verdrängen. Sie werden uns nicht in Ruhe lassen. Wenn wir sie zu nehmen verstehen, machen sie uns zu interessanten Menschen, sie öffnen den Weg zur Weisheit.

Wenn ihr denkt, das Lebensglück findet ihr im inneren Frieden, dann werdet ihr nie glücklich werden. So etwas wie inneren Frieden findet ihr, wenn ihr das in euch akzeptieren lernt, was niemals zur Ruhe kommen wird. Diesen Konflikt der Widersprüche wird es immer in euch geben. Wenn ihr das akzeptieren könnt, wird alles andere ein ganzes Stück besser. 

Zauderer wurden einfach gefressen

Warum ist es so schwer, mit diesen inneren Spannungen zu leben, sie sogar lieben zu lernen? Weil es einfacher ist, zu allem eine klare Meinung zu haben. Es hilft uns dabei, schnelle Entscheidungen zu treffen, wenn wir die Dinge vorher sauber in schwarz und weiß, in gut und böse, in rechts und links eingeordnet haben. Das ist auch verständlich und gibt den Menschen einer Jäger- und Sammlerkultur einen gehörigen evolutionären Vorteil: Die, die schnell entscheiden können, wer oder was Beute oder Feind ist, die überleben. Für unsere heutige überkomplexe Wirklichkeit ist diese Effizienz nicht mehr so ausschlaggebend. Wir überleben auch, wenn wir zaudern und mal etwas grübeln müssen und nicht gleich sicher sind, ob etwas gut oder schlecht ist. Wir haben den Luxus, dass wir uns die Zeit nehmen können zu warten, Geduld aufzubringen, zu beobachten und unterscheidlichstes in unser Leben zu integrieren.

Die Welt geht duch dich hindurch

Wir können es uns jetzt leisten, interessante Persönlichkeiten mit inneren Konflikten und Spannungen zu sein. Es macht uns sogar erfolgreicher, weil wir mit den Komplexitäten der Moderne besser umgehen können, weil wir sie zulassen können und dadurch mehr lernen, mehr tolerieren und offener auf die Welt zugehen und unsere Chancen nutzen können. Diese Offenheit gepaart mit etwas Mut ist es, die es uns ermöglicht, Dinge positiv zu verändern, durch diese Offenheit sind wir die Veränderung selbst. Und so schließt Joss Whedon mit den wunderschönen Worten:

Ihr geht nicht durch diese Welt hindurch, sondern diese Welt geht durch euch hindurch. Ihr erlebt sie, interpretiert sie, handelt entsprechend und schon ist sie anders geworden. Ihr werdet diese kaputte Welt sein und die Veränderung dieser kaputten Welt. Ihr werdet so viele Dinge sein und die eine Sache, die ich gern früher gewusst hätte und die ich euch mitgeben will ist: Seid nicht einfach ihr selbst! Seid die Summe aller um euch herum. Lebt nicht einfach, sondern seid das Seil, das an den Tod geknüpft ist. Seid das Leben. Lebt euer ganzes Leben. Seht es, versteht es, liebt es und habt Spaß!

Für mich ist Whedons Aufruf eine Erinnerung daran, dass ich das hier und jetzt nutzen muss. So weit ich weiß, habe ich nur dieses eine Leben. Und eigentlich habe ich gar nichts zu verlieren, wenn ich es ausschöpfe, offen auf die Chancen und Gefahren, auf die Kämpfe und die Liebe, auf die Lebenslust und den Tod zugehe. Wenn man sich das vor Augen hält, dann kann man höchstens noch davor Angst bekommen, dass man sein Leben verplempert, indem man immer vorsichtig ist, Konflikten aus dem Weg geht, überall nach Stabilität und Sicherheit sucht und dadurch das Leben vermeidet. Besser, ich verstehe das jetzt, als später, wenn ich erst mal auf der Bahre liege.



Alle Zitate übersetzt von Whedon ’87 Delivers 181st Commencement Address

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9. April 2013

Die Angst in der Philosophie als Schlüssel zum Dasein

Heidegger und das Leben als Angst-Verhinderungsmaschine


Angst ist als eine Basisemotion ein Grundbestandteil unserer Existenz. Es ist nicht schwer zu erkennen, warum Angst wichtig ist und hilft uns am Leben zu erhalten. Die Angst vor dem Abgrund hält uns davon ab, unnötig große Risiken einzugehen. Es gibt jedoch auch weniger praktische, sehr abstrakte Ängste, die uns Menschen erst einmal nicht beim Leben helfen, sondern es uns im Extremfall verleiden. Was könnten solche Ängste sein und wozu sind sie gut? Philosophen wie beispielsweise Heidegger* geben uns darauf interessante Antworten.

Nur die grelle Leselampe als Gefährtin (Ausschnitt aus Late Night Reading von dogpon)

Was ist Angst?

Wenn wir philosophisch von Angst reden, dann meinen wir nicht die Furcht vor etwas konkretem wie dem Zahnarzt, sondern die Angst beispielsweise als ein Zustand, an dem man sich selbst als Individuum abgetrennt von anderen und der zuvor gemeinsamen Lebenswelt bewusst wird. Als unproblematische Vorstufe kennen viele von uns diese kurzen Momente, in denen uns alles und alle um uns herum komisch, distanziert oder gar absurd vorkommen. In solch einem Moment blickt man gewissermaßen hinter die Kulissen dieser gemeinsamen Lebenswelt. Sie scheint ein Theater zu sein, ein Zusammenspiel aus Masken und Interpretationen. Ansonsten funktioniert die Lebenswelt sehr gut, denn sie verstrickt uns in Sinnzusammenhänge in der Familie, auf der Arbeit, in der Politik, in Gemeinschaften also. Sie spannen uns so sehr ein und beschäftigen uns mit alltäglichen Problemen und Genüssen, dass wir nur diese gemeinsam erzeugten Sinnzusammenhänge sehen. Es ist, als wenn man einen Roman liest, völlig in ihn eintaucht, sich in die Figuren und ihre Welten einlebt, mitfühlt, identifiziert und dann plötzlich aufblickt und gewahr wird, dass man ganz allein an einem Tisch sitzt, nur die grelle Leselampe als Gefährtin.

Allein sein

Es ist zuerst also dieses Aufwachen im Alleinsein: Die Gewissheit, dass man trotz - beinahe wegen - der vielfältigen Beziehungen zu anderen Menschen fundamental allein ist. Man erkennt zum Beispiel, dass man nur selbst Zugang zu den eigenen Bewusstseinsinhalten hat. Streng genommen wird man von niemandem anderen verstanden, streng genommen ist man jedem anderen egal. Denn jeder ist wiederum in seinem eigenen Bewusstsein gefangen und nimmt den anderen nur vermittelt und im Eigeninteresse wahr. All das macht in der Lebenswelt meist nichts aus, weil die Beziehungen und ihre Wechselwirkungen stark genug sind, die belastenden Reflexionen gar nicht erst zuzulassen. Wer aber plötzlich von seinem Roman aufblickt, kann sich in solch einer Angst wiederfinden.

Ich hatte lange Zeit mit Angstzuständen zu kämpfen, im Artikel Schizoid - Die Angst vor dem Ich-Verlust habe ich ausführlicher dazu geschrieben. Was mir damals am meisten zusetzte war die Erkenntnis, dass ich mit niemandem über meine Angstattacken und dieses tief verstörende Gefühl, allein diesen Attacken ausgeliefert zu sein, reden konnte. Alles was andere mir sagen konnten, war: "Du bist doch nicht allein!" Natürlich war ich das, denn sie konnten diese Attacken weder sehen, noch nachempfinden oder in sonst irgend einer Form daran anknüpfen. Diese Angst war nur meinem eigenen Erleben zugänglich, niemand konnte teilhaben.

Der Sinn des Lebens

Begleitend zu dieser fundamentalen Einsamkeit wird eine absurde Sinnlosigkeit des Daseins offenbar. Diese Sinnlosigkeit heizt die Angst noch weiter an. Der Sinn des Seins ist die Zeit, meinte Heidegger, aber die Zeit selbst liefert uns keinen Sinn. Alles, was das Dasein hat, ist das "da", dass es sein muss. Wir sind ausgestreckt zwischen diesen Momenten der Geburt und des Todes, die beide in ihrer Art absurd, ohne Sinn sind. Außer diesen Momenten und unserer Aufgabe, die Zwischenzeit zu überbrücken (daher die Zeit als Sinn), gibt es nichts, das dem Leben einen Sinn gibt. Natürlich geben wir unserem Leben selbst Sinn, indem wir Beziehungen eingehen, Dinge oder Situationen erschaffen, die es uns als sinnvoll erleben lassen. Aber dies ist eben nicht der "absolute Sinn" oder Zweck des Lebens. Den gibt es nicht, nur diese zwei Momente als Klammer für das Selbsteinfüllen jeder Sinn- und Zweckhaftigkeit.

Mit Anlauf zurück in die Welt springen

Die Angst selbst ist also das plötzliche Herausfallen, das Aufwachen aus den ansonsten sicher geglaubten Sinnzusammenhängen des Lebens und der Gemeinschaft. Am Punkt dieser Bewusstwerdung steht man plötzlich nackt in einer feindlich leeren Gegend, in der keiner etwas mit einem zu tun haben will, besser gesagt: kann. Wer möchte oder kann einem schon in diese sinnlose Einsamkeit folgen? Man befindet sich in einer Distanz zum alltäglichen Leben und diese Distanz ist durch einen Abgrund markiert, den man im Moment der Angst nicht überwinden kann. Richtig furchteinflößend und psychologisch problematisch wird es dadurch, dass man sich nicht einmal mehr vorstellen kann, diese Distanz irgendwann wieder überbrücken zu können.

Solche psychologisch-philosophischen Krisen hat nicht jeder in seinem Leben und das ist auch gut so. Die meisten von uns kennen aber wenigstens diesen kleinen Horror, wenn uns plötzlich klar wird, dass wir ein Individuum sind und dass wir als solches an einem nicht so fernen Punkt in der Zukunft einfach aufhören werden, zu sein. Verrückt, oder? Das ist diese Angst im kleinen, die meistens im nächsten Augenblick durch einen leichteren und konkreteren Gedanken ersetzt wird. Wer sich aber in solche Absurditäten verbeißt, sie nicht loslässt, kann als Konsequenz von ihnen gefangen genommen werden. Dann können sich solche Krisen zu manifesten Störungen entwickeln, die einem das Alltagsleben schwer bis unmöglich machen. Dabei ist es gerade das Alltagsleben, auf das man angewiesen ist, um nicht in diesen Abgrund zu geraten. Man muss dann einen Anlauf nehmen und zurück in die Welt springen.

Wer zurück kommt, kommt mit Gelassenheit

Im Grunde ist unser gesamtes Leben eine einzige Angst-Verhinderungsmaschine: Liebe, Religion, Lebensaufgaben, aber auch Konsum oder Stress - eigentlich alles, was uns in Bewegung hält oder uns Erklärungen anbietet - verhindern, dass wir uns solchen Ängsten hingeben.

Es ist fast immer ein Unfall, ein Zufall oder sonst irgendein Zwischenfall, der in solche Ängste hineinführt. In den wenigsten Fällen wird jemand diese Angst suchen, denn sie ist grausam und gefährlich und es gibt keine Garantie für ein unbeschadetes Zurückkommen in die Lebenswelt.

Wer diesen Abgrund kennen lernen musste und ihn überwunden hat, gehört zu jenen Menschen, die hinter die Kulissen des Lebens in die völlige Leere geschaut haben. Hinter diesem Theater, sei es Komödie oder Drama, gibt es nichts und das ist höchst erschreckend. Aber es ist auch lehrreich und erhellend für die, die diese Leere aushalten und einen Weg zurück finden.

Ich habe zum Beispiel aus diesem Blick hinter die Kulissen den Schluss gezogen, dass die Kulissen der Lebenswelt mit ihren Gemeinschaften und Sinnzusammenhängen wertvoll sind, geachtet und gepflegt werden müssen. Denn diese selbst geschaffene Welt ist die einzige, die wir haben. Auf der anderen Seite ist sie aber eben auch nicht mehr als das. Sie ist keine absolute Welt mit absoluten Wahrheiten und Regeln, die nicht geändert werden dürfen. Wer den Abgrund gesehen hat, wird auch mit einer neuen Gelassenheit an die täglichen Zumutungen gehen. So jemand wird sich nicht von seinem Boss anbrüllen lassen oder irgend welche Konventionen und gesellschaftliche Vorstellungen vom richtigen Leben auf Gedeih und Verderb hinnehehmen. Am Ende dieser Angst steht die Erkenntnis der Freiheit in all ihrer Mehrdeutigkeit. Zum Beispiel: Freiheit von Sinn, Bestimmung und Bevormundung, aber damit auch die Freiheit zur Möglichkeit, zum Selbstentwurf, zur Eigenverantwortung. Heidegger nennt das die Eigentlichkeit oder das Ganzsein des Daseins wenn man sich selbst als die eine Möglichkeit ergreift, anstatt an all den tausenden Möglicheiten der Lebenswelt festzuhalten.



*Natürlich gibt es zur Angst in der Philosophie weitaus mehr als Heidegger. Bei Heidegger ist jedoch die moderne Perspektive nach Kirkegaard und Nietzsche und dem proklamierten Tod Gottes interessant. Spannend ist auch, was die Existentialisten wie Sartre und Camus später aus Heideggers Ansätzen gemacht haben. Wer eine gut lesbare Biographie zu Heideggers Leben und Werk lesen möchte, dem empfehle ich Ein Meister aus Deutschland: Heidegger und seine Zeit von Rüdiger Safranski. Das Buch ist umfangreich und ein wenig philosophische Vorbildung kann bei der Lektüre auch nicht schaden. Aber wer sich darauf einlässt, der lernt nicht nur Heidegger und seine Denkgebäude verstehen, sondern wird schaglichtartig die gesamte deutsche Philosophie des jungen 20 Jahrhunderts und seiner Vorgänger wie Kierkegaard und Nietzsche kennen lernen. Ein sehr empfehlenswertes Buch, wie eigentlich alles von Safranski.

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