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12. Dezember 2020

Glücklich durch die Pandemie

Meine Überlebensstrategien in Krisen

Es kann ziemlich niederschmetternd sein, dieses Jahr so zu beenden, wie es anfing: beschränkt in unseren Sozialkontakten, besorgt über uns selbst und unsere Nächsten, behindert in unserem Bewegungsdrang. Hinzu kommen all die idiotischen Zumutungen durch ängestigende Nachrichten, unklare Zufunftsaussichten oder tatsächliche Einkommenseinbrüche. Mich nerven auch verwirrte Mitmenschen, die sich nicht anders zu helfen wissen, als gegen die objektive Realität anzustürmen, indem sie sich weigern Masken zu tragen, indem sie so tun, als seien sie unverwundbar und/oder indem sie ihrer Verwirrtheit mit messianischem Eifer über Verschwörungsgeschrei Ausdruck geben müssen. 

Ab in den Wald ist eine meiner Strategien (Bild von mir, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE)


Ich verstehe sehr gut, dass man das alles am liebsten gar nicht wahr haben möchte. Und ich denke auch, dass all die Maßnahmen noch lange nach Corona nachwirken werden und dass wir einen Preis dafür zahlen werden. So mache ich mir beispielsweise Sorgen über unseren noch nicht ganz fünfjährigen Sohn, der in einem Alltag auwfächst, der von Infektionsangst geprägt ist. Ich weiß nicht, welche langfristigen Ängste all das tägliche Fiebermessen, die maskierten Gesichter und die vielen Verbote im Umgang miteinander nach sich ziehen werden. Es würde mich nicht wundern, wenn wir als eine langfristige Folge mit zunehmenden Angsterkrankungen unter Erwachsenen und Kindern zu kämpfen haben würden: ständige Angst vor Infektion, Angst vor körperlicher Nähe und Agoraphobien zum Beispiel.

Hier sind ein paar Strategien, die mir und meiner kleinen Familie helfen, durch diese Zeit zu navigieren. Über all dem steht so ein bisschen das populäre royale Mantra in Vorbereitung der Briten auf den zweiten Weltkrieg:

19. August 2017

Schönheit und Arbeit

Fantasie ist der größte Freund der Möglichkeit

Der irische Dichter und Philosoph John O'Donohue sagte kurz vor seinem Tod im Jahr 2008, dass die sichtbare Landschaft gleichtzeitig ein Tor zum Unsichtbaren sei. Deshalb war die Schönheit der Landschaft für ihn so wichtig, weil sie ein Tor zur Schönheit in uns ist, zu einer Vorstellungskraft, einer Fantasie, die Gutes schaffen kann. Im Altgriechischen, so O'Donohue weiter, stehe das Wort für Schönheit in enger Verwandtschaft mit dem Wort "Ruf" im Sinne einer Aufforderung: Schönheit ruft uns dazu auf, Gutes zu tun.

Surreal, schön: The Burren (Foto vom Autor, Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0)

Als Philosoph kann man nicht die Augen davor verschließen, dass wir rund ein Drittel unseres erwachsenen Lebens mit Arbeit verbingen. Warum sollten dieses Drittel weniger schön sein, als unsere anderen Erlebnisse? Gleichzeitig assoziieren wir Begriffe wie Schönheit und Fantasie nur in einigen beruflichen Nischen wie Kunstrestaurateur oder Ausstellungskurator mit unserer Arbeit. Die Vorstellungskraft auf der Arbeit ist oft eine sehr praktische Vorstellungskraft, auf Prozesse und Effizienz gerichtet. Das ist auch nicht verkehrt, aber es ist eben nur ein kleiner Teil dessen, zu dem wir fähig sind. Vorstellungskraft und Fantasie lassen wir ja nicht zu Hause, wenn wir zur Arbeit gehen. Wir haben sie immer bei uns, aber wir können nicht immer ganz leicht einen Zugang zu ihr herstellen. Wir brauchen günstige Bedingungen, um das Gute in uns anzapfen zu können.

18. November 2016

Die Bandbreite des Lebens wiederentdecken

Die wertvolle Nutzlosigkeit von Kunst und Literatur

Kunst kann uns stimmen.
Stellen Sie sich eine verstimmte Geige vor!
Sie zu stimmen, dass sie wieder in Harmonie ist,
das ist, was Kunst kann. (Michael Longley)

Unsere Leben sind oft hektisch und zerstreut, geprägt von profanen Sorgen um Arbeit, Beziehungen, Politik und das, was in der Zeitung steht. Nicht selten sind es aufgebauschte Kleinigkeiten, die uns sehr groß und bedrohlich erscheinen. Man könnte sagen, dass diese Form des Seins uns nur sehr einseitig fordert und uns und unsere Wahrnehmung damit zu verengen und zu verzerren droht. Das Leben ist doch größer als die immer währenden Besorgungen des Alltags. Da stimmen wir sicher alle zu. Und trotz dieses Wissens geht die Größe des Lebens oft verloren, sie entzieht sich immer mehr, wird unsichtbar und damit irgendwann auch unerreichbar. Was können wir tun, um uns die ganze Bandbreite des Lebens offen zu halten?

7. Juni 2015

Unconscious Bias: Vorurteile in einer aufgeklärten Welt

Wie uns unbewusste stereotype Entscheidungen täglich behindern

Es scheint, dass unsere psychologische Geschichte vor allem ein Zurückdrängen des Unbewussten ist und damit ein Ausweiten von Bewusstsein. Wir sind inzwischen darüber aufgeklärt, dass man Menschen nicht wegen ihrer Herkunft, ihres Glaubens, ihrer Hautfarbe, ihres Alters, ihres Gesundheitszustandes oder ihres Geschlechts benachteiligen oder gar unterdrücken darf. Das Verb "darf" ist in diesem Zusammenhang wichtig. Denn diese Aufklärung ist nicht zurückführbar auf unsere Natur oder unsere eigenen Interessen und Vorlieben, sondern sie ist eine Übereinkunft, ein gesellschaftliches Gesetz, dem wir uns "trotz allem" unterwerfen.

Egal wo du arbeitest, was deine Hautfarbe, dein Geschlecht ist? Nein, nicht egal!

3. Mai 2015

Margaret Wertheim: Magierin der Zahlen und Körper

Was sagt uns ein gehäkeltes Korallenriff?


"Vier Berge werden zerfallen,
vier Zivilisationen werden untergehen,
vier Äpfel werden verrotten...
Vier ist FÜR IMMER."

In ihrer wunderschönen Radioshow "On Being" hat Krista Tippett die Physikerin Margaret Wertheim interviewt. Wertheim ist dafür bekannt, dass sie sich zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Christine den ästhetischen Randgebieten der Wissenschaften verschrieben hat. So studiert sie zum Beispiel die Nicht-Euklidische Geometrie mit ihren hyperbolischen Formen, die man in Korallen und Seeschnecken finden kann. Sogar beim Häkeln finden sie einen Zusammenhang zu diesen Kreaturen, denn auch hier gibt es die nicht-euklidischen Krümmungen. Häkeln ist tatsächlich die einzige Art, wie man hyperbolische Geometrie im Alltag - also ohne Computermodelle etc. - erzeugen kann. Mit einer Ausstellung von riesigen gehäkelten Korallenriffen haben die Schwestern auf die Folgen der Erderwärmung für die Korallenriffe unseres Planeten aufmerksam gemacht. Aber auch sonst ist die Physikerin eine bemerkenswerte Zeitgenossin, von der wir mindestens lernen können, wie wir trotz aller Dualität das Universum als ein Ganzes lebend erfahren können.


Hyperbolische Strukturen am Meeresgrund (Iridogorgia Koralle - Bild gemeinfrei)

22. März 2015

Soll man Kunst kaufen?

Ein Leben ohne Kunst ist möglich, aber sinnlos

Kunst hängt in Museen, wird bei Sothebys für Millionen versteigert oder ist etwas aus einem anderen Jahrhundert. Jedenfalls ist Kunst nichts für mich und meinesgleichen. So in etwa war mein Verständnis der Materie. Bis ich an einem Samstag Nachmittag durch die Galerien der Alten Baumwollspinnerei in Leipzig schlenderte, um auch das mal gesehen zu haben. In einer der Galerien blieb ich wie gefesselt vor einem Ölgemälde stehen, das ganz im Stil der alten Meister einen Monster-Truck abbildete. Ja, richtig gelesen: Einer dieser Pickups mit grotesk großen Rädern. Dieser Gegensatz des modern-absurden Sujets und des klassischen Mediums der Sinngebung per Ölfarbe auf Leinwand faszinierte mich. Irgendwann riss ich mich seufzend los und ging nach Hause. Schade, dachte ich, dass man so etwas nicht in sein eigenes Zuhause hängen kann. Kann man nicht? Fragte ich mich in meiner Wohnung vor leeren Wänden. Warum denn nicht? Und ich recherchierte, wer der Künstler war, was er sonst so produziert und wo er schon ausgestellt hatte. Eine Woche später fuhr ich wieder hin und sprach mit dem Galeristen.

Gezielte Knappheit: Paul Klees unverkäufliche Bilder im eigenen Nachlass (Foto: G. Dietrich)

Heute war ich im Leipziger Museum der bildenden Künste und schaute mir die Paul Klee Ausstellung an. Sie heißt im Untertitel "Sonderklasse Unverkäuflich", weil Klee verfügt hatte, dass diese in seiner Sonderklasse gesammelten Werke nicht verkauft werden sollten. Auf diese Art entzog er sie dem Kunstmarkt und behielt sie für sich, seine Frau Lily und den Nachlass. Ein überaus kluger Zug, wenn man bedenkt, wie viele Werke von Künstlern auseinander gerissen in der Welt verstreut und somit fragmentiert sind. Klee konnte schon zu seinen Lebzeiten die Werke in Retrospektiven zeigen, die ihm besonders am Herzen lagen oder die er für besonders wichtig hielt. Nun war Klee aber ganz und gar kein Marktverweigerer. Vielmehr ging er sehr berechnend und bewusst mit dem Kunstmarkt um, indem er Preisstrukturen festlegte und seine Bilder danach klassifizierte. Galeristen ärgerten sich darüber schon mal, weil sie meinten, die Bilder für diese Preise nicht verkaufen zu können. Dabei weiß heute jeder, dass eine gewisse Knappheit auf dem Markt herrschen muss, damit die Dinge "wertvoll" bleiben. Klee hatte Jahre, in denen er mehr als Tausend Bilder vollendete. Wenn er davon leben wollte, war die gezielte Knappheit gar nicht so doof.

26. Juli 2014

Was ist dran am Mythos von Genie und Wahnsinn?

Geister zwischen Kreativität und Psychose

Anders, als wir uns gern glauben machen, vertragen sich Kreativität und psychische Störungen nicht ohne weiteres. Mein Verdacht ist, dass wir als durchschnittlich begabte Menschen das Haar in der Suppe der überdurchschnittlich Begabten suchen. Da fällt es leicht, sie als etwas sonderbar hinzustellen und zu glauben, dass sie nicht ganz richtig im Kopf sind. Wir sind dann lieber "gesund" und dafür weniger kreativ.

Kreativität und Wahnsinn haben einiges gemein (Bild von figlioDiOrfeo via Flickr CC)

Die amerikanische Psychiaterin und Neurowissenschaftlerin Nancy Andreasen beschreibt in ihrem Buch The Creating Brain: The Neuroscience of Genius die viel komplexeren Zusammenhänge, die hinter der kreativen Psyche und dem Wahn stehen. Dabei wird deutlich, dass psychische Störungen wie Schizophrenie oder Depressionen dem kreativen Schaffen etwa in der Literatur oder auch in den Wissenschaften eher im Wege stehen. Wer beispielsweise unter Schizophrenie leidet, wird kognitiv zu "durcheinander" sein, um etwas sinnvolles hervorzubringen. Für viele kreative Arbeiten wie das Schreiben benötigen wir einen Geist, der ordnen, strukturieren und konstruieren kann. Schizophrenie kann zwar zu künstlerischen Tätigkeiten passen, die auf plötzliche Eingebungen bauen, sie passt aber nicht zu konzeptionellen Arbeiten. Häufig seien laut Andreasen unter den konzeptionell Kreativen jedoch affektive Störungen wie Depressionen oder Manien zu beobachten.

9. April 2014

Die horizontalen Linien des Glücks

Agnes Martin über Einsamkeit, Stolz und die Freiheit des Geistes

Die Malerin Agnes Martin, 1912 in Kanada geboren und 2004 in New Mexiko gestorben, war eine Zurückgezogene, deren minimalistische Kunst auf die elementaren Grundmuster unserer Existenz zu verweisen scheint. Aus der lebhaften Szene in New York zog die Künstlerin des abstrakten Expressionismus in die leere Wüste im Südwesten der Vereinigten Staaten. "Die besten Dinge im Leben", so ihre Auffassung, "passieren, wenn du allein bist."

Chuck Close
Agnes (Martin) von Chuck Close, 1998. (Quelle: CC Rocor via Flickr)

5. April 2014

Warum schlechte Träume gute Träume sind

Bewusstseinszustände zwischen Mentalhygiene und Therapie

Der britische Psychologe Richard Wiseman stellt in der philosophischen School of Life die Frage, ob unsere Träume therapeutisch wirken können oder was der Sinn dahinter ist, dass sie uns allnächtlich mit negativen Gefühlen belästigen. Im Folgenden habe ich Wisemans Gedanken ins Deutsche übertragen, um dann am Ende des Artikels weiterführende Gedanken an therapeutische oder zumindest mentalhygienische Beschäftigungen anzuschließen.


Home Sweet Home 33
Hallo mein Kind, lass uns ein Spiel spielen! (Quelle: Leonardo Ho via Flickr)

Egal, was in unserem Alltag um uns herum passiert, ungefähr 80% unserer Träume werden von negativen Gefühlen begleitet. Die Mordrate in unseren Träumen ist sicher höher, als die jeder Stadt dieser Erde und unsere häufigsten Träume handeln von Angst, Stress und Furcht. In unseren Träumen fallen wir durch Prüfungen, werden Straßen entlang gejagt, stürzen in tiefe Abgründe, verpassen Züge, finden uns plötzlich nackt in der Öffentlichkeit wieder und kämpfen gegen Zombies. Unser Land der Träume ist eine Brutstätte des Bösen, des Verstörenden und Negativen.

21. März 2014

Das Leben üben: Mir fallen ständig die Maschen von den Nadeln

Katrin Hentschel strickt
Zum Menschsein gehörte schon immer das lebenslange Üben. Und wenn es nur das Üben in Geduld ist. Verlernen wir jetzt das Üben, weil alles im Leben so unerträglich leicht geworden ist? Katrin Hentschel schildert uns heute, was man vom Stricken, vom Malen, von der Kunsttherapie und vor allem von den Kindern lernen kann, um das Leben zu üben...

Voll verstrickt: ein Prozess zum Lernen

Ein Montagabend auf meinem Sofa: Ich halte alle 5 Nadeln in der Hand, bin hoch konzentriert und darauf bedacht, dass alle Maschen, die ich für meine gestrickten Socken benötige auf der fünften Nadel bleiben. Ich spüre, wie sich meine Muskeln anspannen und meine beiden Augen auf die Hände gerichtet sind. Ganz langsam versuche ich das Stück Wolle abzuheben: mein Atem bleibt kurz stehen, wird dann flacher und Schwupps fällt die Masche herunter. Ich lerne gerade Stricken und bin der Meinung, dass wir gerade in solchen alltäglichen Augenblicken in höchstem Maße etwas an Frustrationstoleranz, Gelassenheit und Selbstvertrauen dazu lernen.

9. Februar 2014

Hard Rock Gehirn: Musik und Persönlichkeit

Warum wir die Musik lieben, die wir lieben


Es ist faszinierend, welche große Rolle Musik in unseren Leben spielt. Musik ist uns nicht nur wichtig, wenn wir ihr konzentriert bei einem Konzert oder beim Abspielen einer CD lauschen, sondern beinahe überall und immer: Im Auto, zu Hause, auf der Arbeit - überall dudelt es. Beinahe alle menschlichen Zeremonien werden von Musik begleitet, von der Taufe über die Hochzeit bis zur Beisetzung. Etwa 14% eines Menschenlebens im Wachzustand werden heute mit einem Soundtrack unterlegt.¹ Ich selbst liebe das Gedudel weniger und höre eigentlich kaum Musik nebenbei, sondern nur ganz gezielt entweder zum Genuss oder zur Unterstützung einer körperlichen Aktivität, die Energie von mir verlangt. Eine Ausnahme: Ich kann nicht Staub saugen, ohne laute Musik über Kopfhörer zu hören, weil ich den Staubsaugerlärm wirklich nicht ertrage.


Die Band Superman in meinem alten Berliner Lieblingsclub Mad'n'Crazy (Foto von mir)


Ich bekenne, dass ich gern extrem schwere Gitarrenmusik höre, dabei alles angefangen von solchen Urvätern wie Led Zeppelin, Black Sabath über Metallica, Kyuss, Pantera und Slipknot bis hin zu Type O Negative, Karma to Burn, Mogwai und allem, was Jack White mit seiner Gitarre heute so macht.

Mich fasziniert die Aggression in den Stimmen und Gitarren und das Adrenalin auf den Konzerten. Eine Masse von Menschen scheint sich völlig gehen zu lassen, Arme, Beine und Köpfe rasten völlig aus und doch scheinen alle auf einer Welle zu schwingen. Mehr Schäden als ein oder zwei gewöhnliche Platzwunden sind in der Regel nicht zu verzeichnen, dafür gibt's aber jede Menge roher ursprünglicher Gefühle, viel unverfälschte Euphorie und letztendlich positive Energie. Schauen Sie selbst:



Auch wenn ich die Musik ganz allein genieße, stellt sich große Euphorie ein. ich muss sie laut hören, um einen Effekt zu erzielen, aber dann reißt sie mich so mit, dass ich ein ganz anderes Energielevel erreiche. Natürlich ist dort auch eine Portion Aggression und vor allem die Lust daran, das langweilige und oft verlogene Allerweltsgedudel unserer Massenmedien, der Konsumeinrichtungen (wie ich Kaufhaus- und Supermarktmusik hasse!) und alltäglichen Begegnungen, die zwangsläufig zivilisiert und freundlich sind, zu zerreißen. Verstehen wir uns nicht falsch: Sich zivilisiert zu benehmen, ist wichtig, aber es gibt für alles einen Ort und eine Zeit und nichts stimmt ohne sein Gegenteil. Heavy Metal, Punk und Rock helfen mir, im Kontakt zu bleiben, mit dem, was neben meiner öffentlichen Person sonst noch zu mir gehört: Aggression, Unruhe, Aufbruch, Hass, Schmerz, ein grundlegendes Nichteinverständnis mit dem, was die menschliche Welt um uns herum ausmacht, oder wie es Slipknot auf den Punkt brachte "People = Shit". Und das alles kommt zusammen in einem unglaublich befreienden und euphorischen Schrei aus dem Bauch über die Brust bis in den Hals. Oft kommt er dann nicht aus dem Mund - ich will ja nicht verrückt wirken-, aber im Kopf ist er angekommen. Und dann weiß ich, dass es mehr gibt, als diese emotional reduzierte Welt, auf die wir uns alle jeden Tag immer wieder einigen müssen.

1. November 2013

Erfindet euch neu!

"Keine Angst vor der Leere! Nur Mut." Michel Serres


In der intellektuellen Öffentlichkeit scheint eine neue Zeit des Imperativs angebrochen zu sein. Die Zeit des "anything goes", wo alles außer ein Imperativ akzeptabel war, ist vorbei. Peter Sloterdijk sagt uns: "Du musst dein Leben ändern", Stéphane Hessel ruft "Empört euch!", Alain de Botton gibt ein Manifest heraus, nach dem er uns zu leben empfiehlt und jetzt kommt Michel Serres und meint: Erfindet euch neu! Und er verbindet das mit einer Liebeserklärung an die vernetzte Generation.

Um ehrlich zu sein: Mir gefällt der Imperativ, am meisten natürlich der, den man an sich selbst richtet. Denn er macht einen Anspruch an uns kenntlich: Wir wollen im Leben mehr als nur vegetieren, wir wollen zumindest das Beste draus machen. Und das scheint mir auch das, worum es Serres geht: Das Beste aus einer Entwicklung machen, die alle nur beklagen.

Typewriter Hammers
Zwischen gestern und heute: Typewriter Hammers (von Sara via Flickr.com)

13. Oktober 2013

Von der Notwendigkeit, sich Zeit für sich selbst zu nehmen

Ein gutes Leben braucht mehr als einen Autopiloten

Zeit mit sich selbst zu verbringen ist für manche von uns eine Selbstverständlichkeit, für andere ist es ein schwieriges Unterfangen. Nicht nur, weil sie keine Zeit für sich allein finden, sondern vielleicht auch, weil es nur noch schwer auszuhalten ist. Was soll ich tun, wenn ich allein mit mir bin? Fernsehen, lesen, trinken, spazieren gehen, in der Sauna entspannen? Zeit mit sich selbst zu verbringen, sei es lesend, schreibend, malend, laufend oder schwitzend, ist nicht nur gut für den Körper und die Seele, sagt der Philosoph Damon Young. Es kann auch unseren Charakter, unsere Fähigkeiten und Tugenden, unsere ganze Persönlichkeit formen und festigen.


In der Zeit mit sich allein formt sich das ich

Freizeit und Muße formen die Persönlichkeit

Für viele hat "Zeit allein" auch einen Hauch von Verschwendung. Wenn die Zeit, die wir der Arbeit und unseren Pflichten widmen, wertvoll ist, dann ist die Zeit, die davon übrig und ungenutzt bleibt doch ziemlich wertlos. Oder "Zeit allein" ist dann eben Luxus: Aroma-Massage, Sonnenbank, Mani- und Pediküre.

"Zeit allein" ist aber eben auch einfach nur Freizeit oder Muße und das muss weder Verschwendung noch Luxus sein. Schon bei den Römern war Freizeit nicht einfach Faulenzen oder Prassen, sondern die Zeit, in der man sich selbst verfeinerte, seinen Charakter formte und verjüngte.

Der Naturforscher, Künstler und Staatsmann Seneca befasste sich in seiner Freizeit zum Beispiel mit der Philosophie. "Ich befasse mich nicht deswegen mit der Philosophie, um den Tag möglichst unterhaltsam zu verbringen oder die Langeweile aus der Freizeit zu vertreiben", schrieb er in einem Brief an seinen Freund, den Dichter Lucilius. "Es formt und bildet die Persönlichkeit, ordnet das Leben und reguliert das eigene Verhalten."

Für Seneca war Zeit allein eine Notwendigkeit für das gute Leben. Es war die Zeit, Maß zu nehmen, über sich selbst und die Welt nachzudenken und den eigenen Geist im Studium und in Gesprächen zu üben. "Was unseren Charakter wirklich ruiniert, ist wenn wir nicht auf unser Leben zurückblicken", sagt Seneca. Der Charakter, so könnte man Seneca übersetzen, benötigt mehr als einen Autopiloten, er benötigt einen aufmerksamen Kapitän. Die Zeit für sich allein ist deshalb so wertvoll, weil das Ich nicht einfach nur ist, sondern in der Reflexion geformt werden muss.

Sport: Ausdauer, Mut und Problemlösung

Wertvolle Zeit allein muss natürlich nicht zwangsläufig der Philosophie gewidmet sein. Auch Sport und körperliche Anstrengung gehören dazu. Nicht nur, weil es uns entspannt, sondern weil wir uns dabei üben und noch besser in dem werden, was wir gut können wollen. Auch regelmäßiges Joggen verbessert die Ausdauer und nicht nur körperlich: Weniger launisch sein und mehr Ausdauer an den Tag legen können, steht auch unserer Persönlichkeit gut zu Gesicht. Kampfkunst wie Judo oder Boxen kann unseren Mut fördern und die Fähigkeit verbessern, mit Schmerz umzugehen. Ein Spaziergang oder das deutsche Wandern sind nicht nur für Herz und Kreislauf gut: Abstand von den Alltagsproblemen zu gewinnen, hilft uns, neue Ideen zu entwickeln und die Probleme zu meistern. Bergsteigen kann uns helfen, uns selbst und den ganzen Zirkus des Lebens auf die rechte Größe herunter zu schrumpfen.

Allein etwas neues hervorbringen

Kreative Arbeiten in unserer Freizeit helfen uns, unsere Interpretation von Leben und Welt für uns selbst und andere begreifbar zu machen. Durch kreative Arbeit "objektivieren" wir unser Selbst, wie Karl Marx sagen würde, in Sprache und Musik, im Gärtnern oder Basteln. Während solcher Tätigkeiten fällt uns das Reflektieren leichter und vielleicht werden wir ehrlicher mit uns selbst, wenn wir im Flow etwas neues hervorbringen.

Geglücktes Leben ist Sorge um sich selbst

Die Zeit mit sich allein ist also kein Luxus oder irgend eine Verschwendung. Sie ist existentiell wichtig, denn es ist die Zeit, die wir brauchen, um für unser rundum gesundes Selbst Sorge zu tragen. Das ist vielleicht erst mal sehr egozentrisch und eigennützig, aber nicht, weil wir anderen etwas wegnehmen, sondern weil es das Selbst als ein Abenteuer und einen Auftrag versteht: Das Ich als etwas, das man immer mal wieder unter die Lupe nimmt und dann verfeinert. Im besten Fall ist es ganz das Gegenteil von egoistisch, denn wer sich selbst weiterentwickelt, formt und bildet, kann am Ende seinen Mitmenschen mehr geben. Mit mehr Zeit allein können wir widerstandsfähiger, bewusster und wissender werden, wir können unseren Mut entwickeln und unsere eigenen Schattenseiten kennen lernen. Mindestens aber wird es uns mit etwas mehr und ganz bewusst allein verbrachter Zeit einfach besser gehen.

Apropos... Zeit für einen Tee!



Der größte Teil des Textes beruht als Übersetzung auf Damon Youngs Text The Importance of Taking Time Out, der bei der School of Life erschienen ist. Young widmet sich in seinen Büchern wie zum Beispiel Distraction: A Philosopher's Guide To Being Free (bisher nur auf Englisch erschienen, deutsch etwa: Ablenkung: Eine philosophische Anleitung zum Freisein) Alltagsphänomenen unter einem philosophischen Blickwinkel und hilft so, die Zutaten für ein gutes Leben zusammen zu tragen.







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12. September 2013

Resonante Führung: Sich gegenseitig zum Klingen bringen

Die wirksamste Vorraussetzung effizienter Zussammenarbeit


Wissen Sie, was der Körper einer Geige oder eines Klaviers macht? Er schwingt mit und sorgt dafür, dass die auf den Saiten erzeugten Klänge widerhallen, latainisch: resonare. Hätte der Körper eines Instruments keine Resonanzfähigkeit, würde er also nicht schwingen, dann wären die Töne, die dort rauskämen, ziemlich dürftig. Dieses Bild kann man wunnderbar auf die Führung von Teams übertragen. In ihrem Buch Primal Leadership (Emotionale Führung) haben die Psychologen Richard Boyatzis, Daniel Goleman und Annie McKee eine Führung, die mit positiven emotionalen Signalen und Offenheit ein Team motiviert und mitreißt als resonant und jene Führung, die von Angst, Ärger und Unzugänglichkeit geprägt ist, als dissonant bezeichnet.

Auch negative Gefühle sind ansteckend

Resonante und dissonante Führung haben eines gemeinsam: Sie transportieren und übertragen die Grundhaltung der Führungskraft auf die Mitarbeiter. Als soziale Wesen neigen wir alle mehr oder weniger dazu, die Emotionen um uns herum zu spiegeln. Werden vor allem Gefühle wie Ärger, Misstrauen, Wut und Angst transportiert, dann entsteht Stress bei den Mitarbeitern. Wer zum Beispiel angebrüllt, bloß gestellt oder von der E-Mail seines Chefs runtergeputzt wird, der bekommt es mit einer Schwemme von Stresshormonen zu tun. Dieser Mechanismmus hatte im Laufe der Evolution nur einen Zweck: Zur Flucht oder zum Kampf bereit machen.

11. August 2013

Serendipität oder die in die Wege geleiteten Zufälle

Wie kommt es zu einer geglückten Biographie?


"Die meisten Menschen sind im Grundverhältnis zu sich selbst Erzähler.
Sie lieben nicht die Lyrik, oder nur für Augenblicke, und wenn in den Faden
des Lebens auch ein wenig 'weil' und 'damit' hineingeknüpft wird, so verabscheuen
sie doch alle Besinnung, die darüber hinausgreift: sie lieben das ordentliche Nacheinander
von Tatsachen, weil es einer Notwendigkeit gleichsieht, und fühlen sich durch den
Eindruck, daß ihr Leben einen 'Lauf' habe, irgendwie im Chaos geborgen."
Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften

In der Rückschau mag unser bisheriges Leben eine Art Sinn ergeben. Meine imaginäre Freundin Sabine zum Beispiel: Als Kind hat sie sich für Tiere interessiert, dann war sie in der Schule gut in Naturwissenschaften, hat später Meeresbiologie studiert, dann ein Auslandssemester an der University of Southampton verbracht, wo sie ihren Partner kennengelernt hat. Dann Karriere, Familie, Haus und Garten. Der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt. Das sieht doch aus wie geplant. Da führt eines zum anderen. Ein schöner Lebenslauf.

Freedom of the 'New Press' ~ The Internet was the Battlefield
An jedem Tag kann ein Zufall das ganze Leben ändern (Bild von Viewminder via Flickr CC)

13. April 2013

Ich darf das! Die Kraft von Affirmationen

Ausgehend von einem geschenkten Satz, entdeckt unsere Autorin Katrin Hentschel ganz neue Handlungsräume für sich selbst. Aber wie wirken solche Affirmationen, wie finden wir sie und wie können wir sie für uns nutzen? Lassen wir uns von ihr mitnehmen auf eine Entdeckungsreise positiver Glaubenssätze.

"Ich darf das" – ein Satz, der mir schon viel und oft geholfen hat. Er steht ganz dick hinter meinen Ohren geschrieben und hüpft mir regelmäßig in meine Ohrmuschel, wenn mich wieder mal mein schlechtes Gewissen ärgern will.

Es ist ein Satz, den ich von einer Frau geschenkt bekommen habe. Ich sollte ihn überall hinschreiben – auf den Spiegel, an die Türe, in die Schuhe und an all den Orten, an welchen ich ihm ganz oft begegnen muss.

Eine Affirmation öffnet mir neue Räume

Und wie das oft so ist mit Geschenken, weiß man manchmal nicht so recht, ob man sie überhaupt möchte. Ich habe meine Zeit gebraucht um mich mit ihm anzufreunden. Er hat einen egoistischen und eigensinnigen Charakter, mit dem ich zuerst absolut nicht klar kam.

Dennoch habe ich ihn auf ein buntes Papier geschrieben: "Ich darf das!" Ganz dick, mit Ausrufezeichen und in schwarz. Wohl bedacht, bekam ich schon seine erste Wirkung zu spüren: Ein klein wenig Selbstsicherheit drehte sich da in der Bauchgegend hin und her. Ich hing ihn in die Küche, so dass ich ihn jeden Morgen direkt im Blick hatte, bevor mein Tag los ging.

Von da an hatte der Satz mich gepackt und kam immer zum Vorschein, wenn ich mir nicht sicher war: "Was denken wohl die anderen, wenn ich mich heute Mittag nicht zu ihnen an den Tisch setze?" Schwupps war er da und stand mir zur Seite: "Ich darf das!" Schmunzelnd packte ich die Zweifel beiseite und setzte mich auf einen freien Platz zu Kollegen aus einer anderen Abteilung.

Der Satz schmiss einige Teile meines Lebens über den Haufen und brachte mir neue Handlungsoptionen. Dort wo ich früher gedacht hatte, dass sollte man nicht tun, das wirkt arrogant, eigenbrötlerisch, empfindlich oder auf irgend eine andere Art und Weise, dort denke ich mir jetzt öfters: "Was soll's? Ich darf das!"

Wie wirken solche simplen Sätze?

Ich denke, dieser Satz ist einer von vielzähligen Affirmationen. Affirmatio bedeutet im Lateinischen so viel, wie Beteuerung oder Versicherung. Es beschreibt eine Bejahung, Bekräftigung und Bestärkung.

Affirmationen und Glaubenssätze haben einen enormen Einfluss auf unser Denken und Verhalten. Wenn man sie sich immer wieder ins Gedächtnis holt, durch viele Wiederholungen und Aufschrieben, bleiben sie im Hinterkopf und wirken auf unser Verhalten. Verwenden wir solche Sätze dann auch im Alltag, dann beginnen wir sie zu verinnerlichen und danach zu leben. Wir können durch diese bejahenden Worte unsere ganze Lebenseinstellung ändern.

Wie wenden wir Affirmationen am besten an?

Für unseren Geist ist eine Negation nicht relevant. Es ist also wichtig, bei Affirmationen positive Formulierungen zu wählen. Ein kleines Beispiel:

Sagen sie zu sich selbst: "Heute esse ich keine Schokolade" – Was sehen sie vor ihren Augen? Vielleicht eine Tafel Schokolade oder etwas anderes Süßes? Und wo steckt in ihrem Bild das Wort "keine"? Dadurch, dass ihr Geist auf solch eine Vorstellung nicht programmiert ist, stellen sie sich unweigerlich eine Tafel Schokolade vor. So beginnt eher die Lust auf etwas Süßes, obwohl sie eigentlich genau dies vermeiden wollten. Ein innerer Kampf mit dem sogenannten "Schweinehund" entsteht. Und sind wir ehrlich - in diesem Fall gewinnt doch bei aller Liebe die Schokolade.

Versuchen wir deshalb die Formulierung anders aufzubauen: "Heute lasse ich die Schokolade liegen." Sie werden selbst merken, wie sie sich vor ihrem inneren Auge ein Bild hervorholen, in welchem sie die Tafel links liegen lassen können. Sowohl bei unserem eigenen Verhalten als auch bei der Erziehung von Kindern können wir auf dieses Hintergrundwissen bauen. Ich glaube, dass sich dadurch einige Konflikte und zukünftige Verhaltensmuster von Kindern vermeiden ließen.

Nehmen wir an, ein Kind spielt mit der Wasserflasche und man hört nur noch das Knistern der Kunststoffflasche und das geht einem tierisch auf die Nerven. Wie machen wir dem Kleinen verständlich, dass es doch bitte damit aufhören soll? Das typische "Mach nicht so einen Krach" ist viel weniger zielführend, als zum Beispiel: "Stell bitte die Flasche auf den Tisch". Die erste aber typische Aufforderung ist negativ und interpretierbar, während die zweite ganz klar und deutlich eine Aufforderung ohne Negation ist. Das ist nur eines von vielen Beispielen.

Wie sind wir programmiert?

Unsere Erziehung und unser Umfeld beeinflussen unser Verhalten und Denken. Und unser Denken formt unsere Vorstellungen. Oft tun wir also das, was wir jahrelang gelernt haben, manchmal sogar ohne darüber nachzudenken oder es zu hinterfragen.

Wir tun es, weil es immer schon so war, weil es unsere Eltern taten, unsere Freunde und unsere Vorfahren auch. Natürlich hat dieses menschliche Verhalten auch seinen Sinn: Es gibt uns feste Standpunkte im Leben, ohne die wir uns gar nicht weiterentwickeln könnten. Es gibt uns selbst die Möglichkeit, auch mal andere Wege einzuschlagen um auch wieder zurück zu kehren. Eine Art Grundstein, um darauf ein Haus zu bauen oder wie die Mulden in einem Felsen, die es uns Kletterern ermöglichen uns festzuhalten um einen nächsten Griff zu wagen.

Auch, wenn die Welt eigentlich von ständiger Veränderung geprägt ist, sehen wir Menschen oft und vieles wie immer. Dabei ist nichts gleichbleibend. Oft löst eine Affirmation eine Welle aus, die unser ganzes Denken neu programmieren kann. Sie kann uns helfen, wenn wir feststecken oder nicht recht weiterkommen. Wenn wir die Wirkungsweise unserer eignen Worte im Alltag positiv beeinflussen möchten, können wir das nur, wenn wir unsere Wortwahl auch bewusst treffen und uns hin und wieder auf neue Wege trauen.



Wie auch sie zu ihren Affirmationen finden

Sie fragen sich, was geeignete Affirmationen sind und wie sie diese für sich selbst finden? Überlegen sie, was ihnen Mut macht. Fragen sie sich, was im Einklang mit ihren Wünschen und Potentialen steht. Fragen sie sich, was ihnen weiterhilft. Oder auch - so viel Negativität sei gestattet - was sie bisher zurückhält, was sie klein macht und drehen sie das um, formulieren sie die positiven Gegensätze dazu. Geben sie sich etwas Zeit, schlafen sie drüber und schreiben sie geeignet wirkende Sätze auf. Dann sind sie ihren ganz eigenen und wirkungsvollen Affirmationen auf der Spur.

Wir würden gern von ihnen hören, welche Affirmationen für sie funktionieren. Lassen sie es uns und alle anderen Leser einfach hier unten in den Kommentaren wissen! Sie dürfen das!




Weitere Texte von Katrin Hentschel:

Müssen oder Dürfen? Was wir von Kindern lernen können
Erster Klasse zur Endstation Abgestempelt

30. Januar 2013

Patti Smith - Lass doch, das sind nur ein paar Kids

Am 4. Juli war ich in Leipzig beim Konzert von Patti Smith. Sie gibt wahnsinnig gute Konzerte voll von Punk, Rock, Poesie und Leidenschaft geben. Grund genug für mich, jetzt noch etwas genauer zu der Rocklegende (eine Kategorisierung, die sie wohl ablehnen würde) zu recherchieren. Dazu habe ich ihr Buch Just Kids gelesen.

Patti Smith in Leipzig, 4. Juli 2013 (Foto: Gilbert Dietrich)


Autobiographie von
Patti Smith, 2010
Patti Smith und ihr Freund und Liebhaber, der Fotograf Robert Mapplethorpe, sitzen  an einem warmen Nachmittag im Herbst 1967 in typischer Beatnik-Garderobe am Washington Square in New York und erfreuen sich am Treiben der Touristen, Hippies und Folk-Musiker. Aufgeregte Revolutionäre verteilen Flugblätter gegen den Vietnam-Krieg, andere spielen Schach oder Bongos, Hunde bellen und Gurus predigen ihre Lehren. Plötzlich bleibt ein älteres Paar vor Patti und Robert stehen und glotzt die beiden an. Die Frau sagt zu ihrem Mann: "Oh, fotografier die beiden, ich glaube, die sind Künstler!" Der Mann zieht seine Frau weiter und sagt nur: "Lass doch, das sind nur ein paar Kids."

Robert Mapplethorpe wurde einer der bekanntesten Fotografen seiner Zeit. Er starb 1989 an AIDS. Patti Smith war immer eine Literatin, schrieb Lyrik und wurde über ihre Lesungen, die sie von Gitarren begleiten ließ zur Punkmusikerin. Sie überlebte, genauso wie Bob Dylan, all die anderen so bekannten Zeitgenossen wie Janis Joplin, Jimi Hendrix, James Morrison, aber auch ihren Ehemann Fred Smith, der Gitarrist der frühen Punk-Rock Band MC5, der 1994 verstarb. Damals waren sie alle erstmal nur ein paar Kids, die abhingen, musizierten und Drogen ausprobierten. Politik war erst mal nicht ihre Sache, sie waren Ästheten, Boheme und sehr mit ihrem eigenen Überleben beschäftigt. Patti Smith ist nach wie vor von dieser Bescheidenheit geprägt, will nur erst mal Mensch sein, keine Punk-Ikone oder Künstlerin. Zu ihrem Menschsein gehört es dazu, sich auszudrücken, zu schreiben und zu singen. Und das macht die 66-Jährige nach wie vor life. Am 4. Juli werde ich hier in Leipzig zu ihrem Konzert gehen, um dieses Leben zu spüren, Pattis Leidenschaft und Energie. Ich hoffe, wieder einmal etwas von dieser Energie in mein eigenes Leben transportieren zu können und in die nötige Leidenschaft umzuwandeln, die uns als Kids am Leben erhält.

24. Januar 2013

Die Nacht ist für Nerds, Autoren und andere Kreative

Wer kreativ ist, etwa ein Autor, ein Designer oder ein Programmierer, wird bemerkt haben, dass es sich am besten nachts arbeitet. Warum ist das so? Swizec Teller, selbst Autor und Geek, schrieb ein Buch und einen viel beachteten Blog-Artikel zu dieser Frage: Why Programmers Work At Night. Am Ende des Artikels steht die Erkenntnis, dass nachts arbeiten mindestens diese drei Vorteile habe:
  1. die Nacht ist Open End und ohne feststehendes Limit, arbeitet es sich entspannter 
  2. in der Nacht gibt es weniger Ablenkung, wir können uns besser konzentrieren 
  3. der helle Bildschirm hält uns wach
Late Night Hacking
Late Night Hacking (Bild über Flickr.com von  Tor Håkon)

18. Januar 2013

Ruhe in Frieden. Wie tickte Aaron Swartz?

Heute vor einer Woche nahm sich der Netzaktivist Aaron Swartz das Leben. Ein stiller Nachruf von Erich Feldmeier.

 
Foto von Sage Ross (Boston Wiki Meetup via Wikimedia Commons)


Er wurde nur 26 Jahre alt. Swartz war ein leidenschaftlicher Verfechter der Freiheit im Internet. Zuletzt lief eine Anklage gegen ihn wegen Datendiebstahls - er wollte wissenschaftliche Magazine aus einer Online-Datenbank allgemein zugänglich machen. Die betroffene Organisation (JSTOR) hatte die Anklage nach gütlicher Einigung zurückgezogen, die General-Staatsanwaltschaft hielt die Anklage jedoch aufrecht. Aaron Swartz war aber nicht nur Pirat, sondern hatte maßgeblichen und produktiven Einfluss auf verschiedene Dinge, die wir heute ganz selbstverständlich im Internet nutzen, z.B. die Common Creative License (u.a. bei Wikipedia), RSS, Open Library und weitere solcher Werkzeuge. Schule und Uni brach er ab, weil ihm das zu langweilig war. Seine Verhaltensauffälligkeiten wurden in Nachrufen der ZEIT und der Süddeutschen so beschrieben:

19. Juni 2012

Den Arsch retten, ein neues Leben finden

Interview mit Tim von myMONK

Vor einer Weile entdeckte ich die Seite myMONK. Was mir erst mal auffiel, war der wirklich raffinierte Titel, der irgendwie Zen mit dem Internet und der iGeneration zu verbinden scheint. Auch die Optik macht was her: professionell, aber doch irgendwie bunt und auf eine schräge Weise persönlich. Über Twitter und die üblichen Kanäle lernte ich Tim kennen, der hinter myMONK steckt. Ihn und mich verbindet die Überzeugung, dass Selbsterkenntnis der entscheidende Schritt ist zu einem erfüllten Leben. Außerdem scheint er ein gutes Händchen fürs Internet zu haben und das interessiert mich immer. Grund genug, ihn hier in einem Interview mal etwas auszuquetschen.

Tim, lass mich mal gleich mit der Tür ins Haus fallen: Du hast BWL studiert. Verlangt das nicht nach einer Rechtfertigung?

Ja, sorry dafür! Nein, im Ernst: ich träumte schon in meiner Jugend von einem eigenen Unternehmen, da war meine Zeit fürs „Business“ aber irgendwie noch nicht gekommen. Und ich dachte mir, das BWL-Studium kann auf jeden Fall nicht schaden. Also saß ich da in den Prüfungen (Vorlesungen habe ich fast nie besucht) an der LMU München neben jungen Menschen, die gern Aktenkoffer und Sakkos mit sich herumtragen. Ist ja nicht unbedingt schlimm, war aber so gar nicht meine Welt. Gleichzeitig waren diejenigen, die mich mit ihrem dickem Gepose doch manchmal sehr genervt haben, ein guter Ansporn für mich, mich im Studium anzustrengen. Das hat mir zwar inhaltlich nicht viel gebracht, später aber ein paar Türen geöffnet...

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