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19. August 2017

Schönheit und Arbeit

Fantasie ist der größte Freund der Möglichkeit

Der irische Dichter und Philosoph John O'Donohue sagte kurz vor seinem Tod im Jahr 2008, dass die sichtbare Landschaft gleichtzeitig ein Tor zum Unsichtbaren sei. Deshalb war die Schönheit der Landschaft für ihn so wichtig, weil sie ein Tor zur Schönheit in uns ist, zu einer Vorstellungskraft, einer Fantasie, die Gutes schaffen kann. Im Altgriechischen, so O'Donohue weiter, stehe das Wort für Schönheit in enger Verwandtschaft mit dem Wort "Ruf" im Sinne einer Aufforderung: Schönheit ruft uns dazu auf, Gutes zu tun.

Surreal, schön: The Burren (Foto vom Autor, Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0)

Als Philosoph kann man nicht die Augen davor verschließen, dass wir rund ein Drittel unseres erwachsenen Lebens mit Arbeit verbingen. Warum sollten dieses Drittel weniger schön sein, als unsere anderen Erlebnisse? Gleichzeitig assoziieren wir Begriffe wie Schönheit und Fantasie nur in einigen beruflichen Nischen wie Kunstrestaurateur oder Ausstellungskurator mit unserer Arbeit. Die Vorstellungskraft auf der Arbeit ist oft eine sehr praktische Vorstellungskraft, auf Prozesse und Effizienz gerichtet. Das ist auch nicht verkehrt, aber es ist eben nur ein kleiner Teil dessen, zu dem wir fähig sind. Vorstellungskraft und Fantasie lassen wir ja nicht zu Hause, wenn wir zur Arbeit gehen. Wir haben sie immer bei uns, aber wir können nicht immer ganz leicht einen Zugang zu ihr herstellen. Wir brauchen günstige Bedingungen, um das Gute in uns anzapfen zu können.

17. Januar 2016

Darum sind Selbsthilfe-Ratgeber einfach nur Mist

Du musst es nur doll genug wollen, du Loser!

Die sogenannte Ratgeberliteratur boomt sowohl im Buchhandel als auch im Internet. Welcher Blog rund um Psychologie, Coaching, Erfolg in Arbeit und Leben wartet heutzutage nicht mit E-Books auf, die uns mit vermeintlich einfachen Schritten helfen wollen, unsere innere Ruhe durch Meditation und Yoga zu finden, die uns sagen, wie wir erfolgreiche Gründer unserer kleinen Unternehmen werden oder wie wir uns anderweitig durch spezielle Ernährung, Achtsamkeit und Selbstmanagement optimieren können. Im Internet nerven uns die massenhaften Kärtchen mit kurzen Weisheiten, die dann massenhaft "geteilt" und "gemocht" werden und doch in niemandem die kleinste Veränderung hervorrufen. Wie originell: Man holt sich per Copy und Paste von eine der Millionen Zitatseiten irgend etwas motivierendes, knallt es auf ein Bildchen mit einem Mönch und stellt es bei Facebook rein. Wen soll das zu wirklicher Veränderung inspirieren?

Bob aus dem Film "Alles Routine"

16. Juli 2014

Der edle Bruder Neid

Mit Nietzsche lernen, den Neid zu nutzen


"Wo die Gleichheit wirklich durchgedrungen und dauernd begründet ist, entsteht jener, im ganzen als unmoralisch geltende Hang, der im Naturzustande kaum begreiflich wäre: der Neid. Der Neidische fühlt jedes Hervorragen des anderen über das gemeinsame Maß und will ihn bis dahin herabdrücken – oder sich bis dorthin erheben: woraus sich zwei verschiedene Handlungsweisen ergeben, welche Hesiod als die böse und die gute Eris bezeichnet hat." (Nietzsche: Der Wanderer und sein Schatten)


Noch nicht ganz angekommen: Auf dem Weg nach oben.  (Foto: John and Christina via Flickr)

Neid gilt in unserer Gesellschaft gemeinhin als verwerfliche Gefühlsregung, die nur zu Missgunst, Zank und am Ende Totschlag führt. Die Griechen nannten das "Eris": Die Göttin der Zwietracht, die durch ihre Intrigen unter anderem den Trojanischen Krieg heraufbeschwörte. Aber bereits der antike Dichter Hesiod kannte eine zweite Eris, eine die den Menschen antreibt und zu Höherem streben lässt. Diese zwei Zwillingsschwestern kehren in Nietzsches Wanderer und sein Schatten als der "Neid und sein edlerer Bruder" wieder.

3. Juli 2014

Bin ich ein weiser Mensch?

Eine "Anleitung" zur Weisheit in 10 Punkten

Weise werden, das wollen wir alle irgendwie. Durch den eigenen Lebensweg die Ruhe finden, abgeklärt sein, nicht mehr mithetzen, sondern aus der Distanz beobachten und vielleicht kluge Ratschläge geben. Irgendwie ist es aber auch immer aufgeschoben: Alte Männer sind weise, altersweise. Alt und weise - das scheint nichts für uns mitten im Leben zu sein. Oder doch? Die School of Life von Alain de Botton verfolgt eine ganz pragmatische Idee der Weisheit im Alltag, von der ich mich hier inspirieren lies. Auch wenn wir nie vollkommen weise werden können, kann uns das Konzept der Weisheit als ein Fluchtpunkt im Leben den Weg zu einem bewussteren und glücklicheren Leben weisen. Was also ist Weisheit, wodurch zeichnen sich weise Menschen aus?

Unbenannt
Klischee von der Weisheit (Bild: Peter via Flickr CC)

31. Mai 2014

Dienst nach Vorschrift und Leben nach dem Herzen

Ein paar Gedanken aus dem Urlaub -

für die man aber nicht extra Urlaub nehmen muss


"Zwischen Verlangen und Bedauern gibt es einen Punkt, der Gegenwart heißt." 
Sylvain Tesson, In den Wäldern Sibiriens (S. 162)

Burnout
Burnout (Bild von Jan-Joost Verhoef via Flickr CC)

Ich gähne, gähne und gähne. Wieder, wieder und immer wieder. Es ist der zweite Tag meines Urlaubs. Warum wir gähnen, ist nicht geklärt. Es gibt zahllose Theorien von Sauerstoffmangel über Drohgebärde bis hin zur Gehirnkühlung. In einem sind sich alle Theorien einig: Das Gähnen zeigt ein Umschalten von einem Zustand in einen anderen an. Von wach zu müde (oder umgekehrt), vom Interesse zur Langeweile, vom Stress zur Entspannung (oder umgekehrt). Heute, am vierten Tag meines Urlaubs ist das exzessive Gähnen verschwunden und die Gedanken an die Arbeit werden immer seltener und verblassen emotional. Die Themen und Zustände, die mich in den letzten Wochen noch gestresst haben, sind zwar immer noch in dieser Welt und ich werde auch zu ihnen zurückkehren, aber sie haben weniger bis kaum noch irgend eine Macht über mich. Statt dessen reift eine Erkenntnis...

17. November 2013

Was ich von Leistungssportlern für mein Leben lerne

Tim ist Student aus Berlin. Als Man Of Action und bei Du bist genug! schreibt er über das Selbstwertgefühl und möchte nichts weniger, als "das Leben von Menschen zum Besseren verändern". Außerdem schaut er gerne Profisport im Fernsehen, redet mit Spitzensportlern über Motivation und lernt daraus für das eigene Leben. Was genau? Lest selbst...

10. November 2013

Lebenswege: Job gekündigt, losgelaufen und täglich ankommen

"Wenn du unzufrieden bist mit dem, was du gerade tust, dann verändere etwas!" Das ist der so fundamental einfache und unausweichliche Kerngedanke eines gelungenen Lebens, mit dem uns Katrin Linzbach vertraut macht. Klar, was verändern klingt gut. Aber was denn? Das muss wohl jeder selbst herausfinden, aber eines ist sicher: Man sollte dabei nicht zu klein und bescheiden denken. Kleine erste Schritte machen ist wichtig, aber irgend wann muss auch mal ein Sprung ins Ungewisse kommen. Katrin Linzbach erzählt, wie sie sich nicht von trügerischer Sicherheit und Angst zurückhalten ließ, sondern sich konequent auf die Suche nach ihrem Weg gemacht hat. Dabei scheint die Bewegung für sie das Wichtigste zu sein und nicht irgend ein fixes Ziel.


Warum es sich lohnt, seinen eigenen Weg zu gehen

So manches Mal habe ich mich gefragt, warum ich nicht ein "ganz normales" Leben führen kann, wie so viele andere Menschen. Ein sicherer Job, ein geregelter Tagesablauf, einen konkreten Plan vom Leben. Heute weiß ich – das passt einfach nicht zu mir. Und ich bin sehr froh, dass ich den Mut aufgebracht habe, mich für mein Leben zu entscheiden und nicht das der anderen: Vor vier Jahren hat mich mein Drang nach Selbstbestimmung dazu gebracht, meine sichere Festanstellung zu verlassen.

Einen langen Weg gegangen: Katrin Linzbach auf dem Jakobsweg

Ich bin lange einen Weg gegangen, von dem ich dachte, es sei meiner. Ich habe Abitur gemacht, bin im Ausland gewesen und habe BWL studiert. Ich habe nicht wirklich darüber nachgedacht, ob ich das eigentlich will. Wenn ich heute zurückblicke, dann gab es damals schon diese inneren Stimmen, die mich davon abhalten wollten. Doch ich habe sie getrost ignoriert. Im Studium hat mich der Ehrgeiz gepackt und eins war klar: Wenn jemand Karriere macht, dann ja wohl Katrin. Also habe ich mich auf den Karriereweg gestürzt – mit dem Ziel vor Augen, irgendwann mal im Top Management zu landen. Doch die leisen Stimmen der Unzufriedenheit wurden immer lauter. Ich habe immer öfter hinterfragt, was ich tue und wollte kündigen.

27. Oktober 2013

Das ewige Hinausschieben: Was hilft gegen Prokrastination?

Ziele, Planung und Verbindlichkeit, das sind Lars Lorber zufolge die Mittel zur Heilung von latenter Aufschieberitis. Und unser Autor muss es wissen, schließlich hat er Monate lang und mit vollem Erfolg an seinem Buch Menschenkenntnis geschrieben. Eine Rezension des Buches erschien vor drei Tagen auf Geist und Gegenwart. Lesen Sie nun, wie Lars Lorber der ständig lockenden Ablenkung widerstehen konnte und sein Ziel erreichte.

Procrastination (2012)
Abgelenkt? "Procrastination" (Bild von Yvette Wohn via Flickr)

Unter Prokrastination versteht man zwanghaftes aufschieben und nicht-erledigen notwendiger Dinge. Jeder von uns prokrastiniert einmal, wenn es um den Zahnarztbesuch oder die Steuererklärung geht. Das ist ganz normal. Für manche Menschen bringt das ewige Verschieben allerdings erhebliche Probleme mit sich, z.B. wenn sie jahrelang nicht zum Zahnarzt gehen, viel zu spät für eine Prüfung lernen oder die Zeilen ihres geplanten Buches nicht rechtzeitig zu Papier bringen - so wie bei mir.

13. Oktober 2013

Von der Notwendigkeit, sich Zeit für sich selbst zu nehmen

Ein gutes Leben braucht mehr als einen Autopiloten

Zeit mit sich selbst zu verbringen ist für manche von uns eine Selbstverständlichkeit, für andere ist es ein schwieriges Unterfangen. Nicht nur, weil sie keine Zeit für sich allein finden, sondern vielleicht auch, weil es nur noch schwer auszuhalten ist. Was soll ich tun, wenn ich allein mit mir bin? Fernsehen, lesen, trinken, spazieren gehen, in der Sauna entspannen? Zeit mit sich selbst zu verbringen, sei es lesend, schreibend, malend, laufend oder schwitzend, ist nicht nur gut für den Körper und die Seele, sagt der Philosoph Damon Young. Es kann auch unseren Charakter, unsere Fähigkeiten und Tugenden, unsere ganze Persönlichkeit formen und festigen.


In der Zeit mit sich allein formt sich das ich

Freizeit und Muße formen die Persönlichkeit

Für viele hat "Zeit allein" auch einen Hauch von Verschwendung. Wenn die Zeit, die wir der Arbeit und unseren Pflichten widmen, wertvoll ist, dann ist die Zeit, die davon übrig und ungenutzt bleibt doch ziemlich wertlos. Oder "Zeit allein" ist dann eben Luxus: Aroma-Massage, Sonnenbank, Mani- und Pediküre.

"Zeit allein" ist aber eben auch einfach nur Freizeit oder Muße und das muss weder Verschwendung noch Luxus sein. Schon bei den Römern war Freizeit nicht einfach Faulenzen oder Prassen, sondern die Zeit, in der man sich selbst verfeinerte, seinen Charakter formte und verjüngte.

Der Naturforscher, Künstler und Staatsmann Seneca befasste sich in seiner Freizeit zum Beispiel mit der Philosophie. "Ich befasse mich nicht deswegen mit der Philosophie, um den Tag möglichst unterhaltsam zu verbringen oder die Langeweile aus der Freizeit zu vertreiben", schrieb er in einem Brief an seinen Freund, den Dichter Lucilius. "Es formt und bildet die Persönlichkeit, ordnet das Leben und reguliert das eigene Verhalten."

Für Seneca war Zeit allein eine Notwendigkeit für das gute Leben. Es war die Zeit, Maß zu nehmen, über sich selbst und die Welt nachzudenken und den eigenen Geist im Studium und in Gesprächen zu üben. "Was unseren Charakter wirklich ruiniert, ist wenn wir nicht auf unser Leben zurückblicken", sagt Seneca. Der Charakter, so könnte man Seneca übersetzen, benötigt mehr als einen Autopiloten, er benötigt einen aufmerksamen Kapitän. Die Zeit für sich allein ist deshalb so wertvoll, weil das Ich nicht einfach nur ist, sondern in der Reflexion geformt werden muss.

Sport: Ausdauer, Mut und Problemlösung

Wertvolle Zeit allein muss natürlich nicht zwangsläufig der Philosophie gewidmet sein. Auch Sport und körperliche Anstrengung gehören dazu. Nicht nur, weil es uns entspannt, sondern weil wir uns dabei üben und noch besser in dem werden, was wir gut können wollen. Auch regelmäßiges Joggen verbessert die Ausdauer und nicht nur körperlich: Weniger launisch sein und mehr Ausdauer an den Tag legen können, steht auch unserer Persönlichkeit gut zu Gesicht. Kampfkunst wie Judo oder Boxen kann unseren Mut fördern und die Fähigkeit verbessern, mit Schmerz umzugehen. Ein Spaziergang oder das deutsche Wandern sind nicht nur für Herz und Kreislauf gut: Abstand von den Alltagsproblemen zu gewinnen, hilft uns, neue Ideen zu entwickeln und die Probleme zu meistern. Bergsteigen kann uns helfen, uns selbst und den ganzen Zirkus des Lebens auf die rechte Größe herunter zu schrumpfen.

Allein etwas neues hervorbringen

Kreative Arbeiten in unserer Freizeit helfen uns, unsere Interpretation von Leben und Welt für uns selbst und andere begreifbar zu machen. Durch kreative Arbeit "objektivieren" wir unser Selbst, wie Karl Marx sagen würde, in Sprache und Musik, im Gärtnern oder Basteln. Während solcher Tätigkeiten fällt uns das Reflektieren leichter und vielleicht werden wir ehrlicher mit uns selbst, wenn wir im Flow etwas neues hervorbringen.

Geglücktes Leben ist Sorge um sich selbst

Die Zeit mit sich allein ist also kein Luxus oder irgend eine Verschwendung. Sie ist existentiell wichtig, denn es ist die Zeit, die wir brauchen, um für unser rundum gesundes Selbst Sorge zu tragen. Das ist vielleicht erst mal sehr egozentrisch und eigennützig, aber nicht, weil wir anderen etwas wegnehmen, sondern weil es das Selbst als ein Abenteuer und einen Auftrag versteht: Das Ich als etwas, das man immer mal wieder unter die Lupe nimmt und dann verfeinert. Im besten Fall ist es ganz das Gegenteil von egoistisch, denn wer sich selbst weiterentwickelt, formt und bildet, kann am Ende seinen Mitmenschen mehr geben. Mit mehr Zeit allein können wir widerstandsfähiger, bewusster und wissender werden, wir können unseren Mut entwickeln und unsere eigenen Schattenseiten kennen lernen. Mindestens aber wird es uns mit etwas mehr und ganz bewusst allein verbrachter Zeit einfach besser gehen.

Apropos... Zeit für einen Tee!



Der größte Teil des Textes beruht als Übersetzung auf Damon Youngs Text The Importance of Taking Time Out, der bei der School of Life erschienen ist. Young widmet sich in seinen Büchern wie zum Beispiel Distraction: A Philosopher's Guide To Being Free (bisher nur auf Englisch erschienen, deutsch etwa: Ablenkung: Eine philosophische Anleitung zum Freisein) Alltagsphänomenen unter einem philosophischen Blickwinkel und hilft so, die Zutaten für ein gutes Leben zusammen zu tragen.







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12. September 2013

Resonante Führung: Sich gegenseitig zum Klingen bringen

Die wirksamste Vorraussetzung effizienter Zussammenarbeit


Wissen Sie, was der Körper einer Geige oder eines Klaviers macht? Er schwingt mit und sorgt dafür, dass die auf den Saiten erzeugten Klänge widerhallen, latainisch: resonare. Hätte der Körper eines Instruments keine Resonanzfähigkeit, würde er also nicht schwingen, dann wären die Töne, die dort rauskämen, ziemlich dürftig. Dieses Bild kann man wunnderbar auf die Führung von Teams übertragen. In ihrem Buch Primal Leadership (Emotionale Führung) haben die Psychologen Richard Boyatzis, Daniel Goleman und Annie McKee eine Führung, die mit positiven emotionalen Signalen und Offenheit ein Team motiviert und mitreißt als resonant und jene Führung, die von Angst, Ärger und Unzugänglichkeit geprägt ist, als dissonant bezeichnet.

Auch negative Gefühle sind ansteckend

Resonante und dissonante Führung haben eines gemeinsam: Sie transportieren und übertragen die Grundhaltung der Führungskraft auf die Mitarbeiter. Als soziale Wesen neigen wir alle mehr oder weniger dazu, die Emotionen um uns herum zu spiegeln. Werden vor allem Gefühle wie Ärger, Misstrauen, Wut und Angst transportiert, dann entsteht Stress bei den Mitarbeitern. Wer zum Beispiel angebrüllt, bloß gestellt oder von der E-Mail seines Chefs runtergeputzt wird, der bekommt es mit einer Schwemme von Stresshormonen zu tun. Dieser Mechanismmus hatte im Laufe der Evolution nur einen Zweck: Zur Flucht oder zum Kampf bereit machen.

21. August 2013

Meine Tränen im Meer der endlosen Möglichkeiten

Die Tücken der Offenheit und die Tragik der Sucht nach dem Neuen


Ich bin, was man einen Hysteriker nennen könnte: Ich brauche Abwechslung, immer wieder etwas neues, Stillstand langweilt mich und wenn ich schlecht träume, dann davon, dass ich nicht vom Fleck komme. Sogar auf der Arbeit liebe ich die turbulenten Zeiten, in denen sich die Umstände ändern und das Unterste zu Oberst gekehrt wird. In der Persönlichkeitspsychologie würde man von großer Offenheit gegenüber neuen Erfahrungen sprechen. Personen mit einer solchen großen Offenheit sind eher unkonventionell und aufgeschlossen, während Personen mit niedrigen Offenheitswerten eher zu bewahrendem Verhalten und zu konservativen Einstellungen neigen (siehe Wikipedia).

Klingt doch ganz gut, oder? In solch einer dynamischen Welt, wo immer alles schneller, instabiler, dynamischer und unvorhersehbarer wird und die Möglichkeiten des Erlebens ins Unermessliche wachsen, haben es die Hysteriker deutlich einfacher als diejenigen, die Konstanz und Verlässlichkeit bevorzugen und deshalb nicht so leicht mit Veränderungen umgehen können. Ich stelle aber auch fest, dass diese Offenheit einige Probleme mit sich bringt, auf die ich hier eingehen möchte.

Das  Meer der endlosen Möglichkeiten: Wie viele Leben kann man haben? (Bild via Tumblr von Carefree)

8. Juli 2013

Hin zu einem Wandel in Führung und Management

Eine cholerische Führungskraft kann man sich nicht mehr leisten


Wie ist der Chef drauf? Illustration: Martin Rathscheck (Typologie der Bosse)

In dem Interview Philosophie und Führungsverantwortung, das Michael Blochberger mit mir führte, stellte er folgende Frage: "Wie stehst du zu der Aussage von Peter Drucker 'Nur wenige Führungskräfte sehen ein, dass sie letztendlich nur eine einzige Person führen können und auch müssen. Diese Person sind sie selbst'?" Das ist eine spannende Frage, die man gar nicht so knapp in einem Interview beantworten möchte. Daher hat sich daraus ein Gespräch entwickelt, dass wir jetzt hier veröffentlichen wollen.

22. Mai 2013

Zehn Tugenden für das moderne Leben

Das letzte Buch des Atheisten und Philosophen Alain de Botton mit dem Titel Religion für Atheisten: Vom Nutzen der Religion für das Leben legte den Finger in eine Wunde unserer Gesellschaft: Ein guter Mensch zu sein, ist heute - da die Religionen ihre prägende Rolle verloren haben - eine für viele von uns bizarre und sogar deprimierende Idee, während Boshaftigkeit und Verruchtheit ein eigenartiger Glanz anhaftet. Aus diesen Erkenntnissen heraus entstand das "Projekt Tugend", das de Botton mit seiner School of Life in Großbritannien gestartet hat. Es geht darum, Weisheit, Ethik und Würde auch jenseits von Religionen zu finden und in konkreten täglichen Beispielen zu leben. Ich finde dieses Projekt großartig und habe Alain de Botton gefragt, ob ich die Texte dazu ins Deutsche übersetzen könnte und so das Projekt auch hier unterstützen kann. Natürlich fand er, das sei eine gute Idee. Wörtlich sagte er, als ich ihm den Artikel und das Poster dazu zeigte: "I am delighted, thank you so much, what an honour."


Das Poster und die Karten können hier klein und groß heruntergeladen werden

Wenn wir in unserer modernen Welt hören, jemand versuche, ein guter Mensch zu sein, kommen uns alle möglichen negativen Assoziationen: Wir denken an Frömmigkeit, Pathos, Blutlosigkeit und sexuelle Abkehr. Es ist, als sei Tugend etwas, das man nur dann ins Auge fasst, wenn alle anderen Optionen bereits ausgreizt sind.

Durch die gesamte Menschheitsgeschichte haben Gesellschaften ihre Tugenden gepflegt, indem Menschen sich darin geübt haben, tugendhafter zu sein. Wir sind eine der ersten Generationen, die gar kein Interesse an solcherart Training zu haben scheint. Du kannst zwar deinen Körper trainieren, aber erkläre mal, dass du trainieren möchtest, ein besserer Mensch zu werden und die Leute um dich herum werden dich für verrückt halten.

Es klingt vielleicht ziemlich schräg, vielleicht sogar etwas verrückt. Es sollte aber etwas ganz normales sein und darum geht es in diesem Manifest der zehn Tugenden für das moderne Leben.

Es gibt keinen wissenschaftlich gesicherten Weg, tugendhaft zu sein, aber der Schlüssel dazu scheint eine Liste zu sein, an der man seine ethischen Muskeln trainieren kann. So eine Liste erinnert uns daran, dass wir alle immer daran arbeiten müssen, tugendhaft zu sein. So, wie wir auch an allem anderen, das von Bedeutung für uns ist, konstant arbeiten.

16. Mai 2013

Motivation ist überbewertet

Warum die meisten Leute "trotz allem" gern zur Arbeit gehen


Verschiedene Studien bescheinigen uns, der arbeitenden Bevölkerung, einen kompletten Mangel an Motivation. Angeblich schleppen wir uns jeden Morgen zur Arbeit, die wir hassen. Jeder vierte habe "innerlich gekündigt", sagt die letzte Studie von Gallup.

Die Phrase von der innerlichen Kündigung ist in sich schon bescheuert, denn die Kündigung ist ein Akt, der nicht innerlich vollziehbar ist, sondern durch einen Kommunikationsakt mit mindestens einer weiteren Partei und/oder dadurch äußerlich vollzogen werden muss, dass wir nicht mehr zur Arbeit gehen. Wer diesen Akt nicht in aller Konsequenz vollzieht, hat also offenbar doch eine Motivation, an gewohnter Stelle in Lohn und Brot zu bleiben oder ist einfach zu träge, wirklich zu kündigen. Ich glaube nicht an die innere Kündigung, sondern daran, dass Menschen gemäß ihrer Persönlichkeitsdimensionen mehr oder weniger, auf jeden Fall aber ganz komplex motiviert sind, bestimmte Ziele zu verfolgen und Gegebenheiten zu tolerieren, sie zu formen oder ihnen aus dem Weg zu gehen. Was aber motiviert uns nun überhaupt?

Bundesarchiv Bild 183-1984-1102-002, Milchviehanlage Dittmannsdorf, Kollektiv

14. Mai 2013

Was willst du wirklich vom Leben? Finde es heraus!

Stephan Wießler ist Trainer und Coach für Charisma und Motivation. In seinen Coachings und Seminaren unterstützt er Menschen dabei, ihre Träume zu entdecken, zu verwirklichen und sich persönlich weiterzuentwickeln. Hier und jetzt zeigt er uns eine sofort anwendbare Methode, mit der wir in etwa einer Stunde herausfinden können, was wir wirklich im Leben wollen und wie wir es schritt für Schritt erreichen. Viel Spaß...

4. Mai 2013

Reiss Profile: Was treibt dich an?

Selbsterfahrung mit dem Persönlichkeitstest von Steven Reiss


"Was macht die Menschen im Leben letztlich glücklich und zufrieden und damit dauerhaft leistungsfähig? Was ist für jeden einzelnen Menschen wirklich wichtig?"

16 Lebensmotive, die uns nach Steven Reiss antreiben

Die Frage nach dem Glück und den wirklich wichtigen Dingen in unserem Leben steht der Analyse meines Reiss Profiles voran, die Reiss Master Svenja Hofert mit mir durchgeführt hat. Und es ist eine gute Frage, eine die durch andere Persönlichkeitstests so deutlich nicht erfasst wird. So sehr ich MBTI oder Big Five als "Bestandsaufnahme" unserer individuellen und überdauernden Persönlichkeitsdimensionen schätze, so sehr bin ich überzeugt, dass ein ergänzender Blick auf die uns antreibenden Motive im Leben sinnvoll sein kann.

Anhand von 16 Lebensmotiven wird im Reiss Profile herausgearbeitet, was mich im Leben antreibt. Daraus könnte sich am Ende nicht nur ein enormer Zuwachs an Verständnis der eigenen Persönlichkeit ergeben, sondern auch eine neue Möglichkeit, eigene Entscheidungen - seien sie beruflicher oder privater Natur - zu überdenken. Die 16 Motive sind: Macht, Teamorientierung, Neugier, Anerkennung, Ordnung, Sparsamkeit/Sammeln, Ziel- und Zweckorientierung, Idealismus, Beziehungen, Familie, Status, Rache/Kampf, Schönheit (Eros), Essen, Körperliche Aktivität, Emotionale Ruhe.

Diese Motive erscheinen dem Laien (und auch manchem Psychologen) erst einmal ziemlich willkürlich zusammengewürfelt, sind aber laut Steven Reiss die grundlegenden 16 Motive, die alles menschliche Verhalten bestimmten, wie Reiss in über 6000 Interviews herausgefunden haben will. Kritiker halten gar die zugrunde liegenden Motivationstheorien aufgrund unzureichender empirischer Belege für wissenschaftlich gescheitert. Mehr noch: Reiss Profile funktionierten im Grunde wie Horoskope, denn die Motive seien so "vage formuliert, dass sich jeder heraussuchen kann, was auf ihn zutrifft und hat nach dem Test das Gefühl, seine Person sei präzise beschrieben worden" (Wikipedia).

15. April 2013

Wie festgelegt sind wir durch unsere Sozialisation?

Unsere moderne Menscheitsgeschichte ist durch Klassen, Schichten und Kasten geprägt. Ich wuchs beispielsweise in einem Staat der angeblichen Arbeiterklasse auf. Und tatsächlich starteten beide Eltern als "Arbeiter" ins Leben: Gärtnerin und Maschinenschlosser. Machte mich das zum Arbeiterkind? Selbst heute noch - und gerade in Deutschland  - bestimmt die Herkunft über die Bildungs- und anschließend die Berufschancen. Da muss politisch und gesellschaftlich eine Menge vorangebracht werden. Aber was ist mit uns als Individuen in diesen Strukturen? Wie festgelegt sind wir durch unsere Sozialisation, durch unsere Erziehung, unser Umfeld, unsere Gewohnheiten?

Berlin Finanzministerium "Aufbau der Republik", Porzellanfries 4.
Vertraute Bilder: Klassenbewusstsein in der DDR (Bild von Wolfsraum über Flickr)

Mächtige Strukturen gesellschaftlicher Prägung

Wenn man an unsere Muttersprache denkt oder daran, wie Umgangsformen, Sitten und erlernte Gewohnheiten uns formen und wie wir durch sie geprägt wiederum die nächste Generation prägen, dann muss man zugeben, dass diese Strukturen ziemlich mächtig sind. Ich denke aber auch, dass wir sie überschätzen. Vielleicht wollen wir sogar an Prägung und Gewohnheit glauben. Der Glaube an die Festlegung durch Sozialisation ist bequem, aber vernachlässigt die individuelle Freiheit eines jeden Menschen, sich selbst zu bestimmen, ein neues Leben zu entwerfen, auszubrechen und eventuell sogar neue Generationen vorzubereiten.

Immer wieder faszinieren uns Geschichten von historischen Größen wie Benjamin Franklin oder Abraham Lincoln, die aus armen Verhältnissen mit rudimentärer Bildung kamen und dennoch die Welt wissenschaftlich und gesellschaftlich vorangebracht haben. Erstaunlich, aber nicht zufällig, dass gerade die Vereinigten Staaten von Amerika bis zum heutigen Tag große Männer aus armen Verhältnissen hervorbringen, wie wir zum Beispiel an Barack Obama sehen können. Zeigen uns solche Geschichten und natürlich auch unsere eigenen Lern- und Weiterentwicklungserlebnisse nicht, dass man gesellschaftliche Prägungen nicht überbewerten sollte?

13. April 2013

Ich darf das! Die Kraft von Affirmationen

Ausgehend von einem geschenkten Satz, entdeckt unsere Autorin Katrin Hentschel ganz neue Handlungsräume für sich selbst. Aber wie wirken solche Affirmationen, wie finden wir sie und wie können wir sie für uns nutzen? Lassen wir uns von ihr mitnehmen auf eine Entdeckungsreise positiver Glaubenssätze.

"Ich darf das" – ein Satz, der mir schon viel und oft geholfen hat. Er steht ganz dick hinter meinen Ohren geschrieben und hüpft mir regelmäßig in meine Ohrmuschel, wenn mich wieder mal mein schlechtes Gewissen ärgern will.

Es ist ein Satz, den ich von einer Frau geschenkt bekommen habe. Ich sollte ihn überall hinschreiben – auf den Spiegel, an die Türe, in die Schuhe und an all den Orten, an welchen ich ihm ganz oft begegnen muss.

Eine Affirmation öffnet mir neue Räume

Und wie das oft so ist mit Geschenken, weiß man manchmal nicht so recht, ob man sie überhaupt möchte. Ich habe meine Zeit gebraucht um mich mit ihm anzufreunden. Er hat einen egoistischen und eigensinnigen Charakter, mit dem ich zuerst absolut nicht klar kam.

Dennoch habe ich ihn auf ein buntes Papier geschrieben: "Ich darf das!" Ganz dick, mit Ausrufezeichen und in schwarz. Wohl bedacht, bekam ich schon seine erste Wirkung zu spüren: Ein klein wenig Selbstsicherheit drehte sich da in der Bauchgegend hin und her. Ich hing ihn in die Küche, so dass ich ihn jeden Morgen direkt im Blick hatte, bevor mein Tag los ging.

Von da an hatte der Satz mich gepackt und kam immer zum Vorschein, wenn ich mir nicht sicher war: "Was denken wohl die anderen, wenn ich mich heute Mittag nicht zu ihnen an den Tisch setze?" Schwupps war er da und stand mir zur Seite: "Ich darf das!" Schmunzelnd packte ich die Zweifel beiseite und setzte mich auf einen freien Platz zu Kollegen aus einer anderen Abteilung.

Der Satz schmiss einige Teile meines Lebens über den Haufen und brachte mir neue Handlungsoptionen. Dort wo ich früher gedacht hatte, dass sollte man nicht tun, das wirkt arrogant, eigenbrötlerisch, empfindlich oder auf irgend eine andere Art und Weise, dort denke ich mir jetzt öfters: "Was soll's? Ich darf das!"

Wie wirken solche simplen Sätze?

Ich denke, dieser Satz ist einer von vielzähligen Affirmationen. Affirmatio bedeutet im Lateinischen so viel, wie Beteuerung oder Versicherung. Es beschreibt eine Bejahung, Bekräftigung und Bestärkung.

Affirmationen und Glaubenssätze haben einen enormen Einfluss auf unser Denken und Verhalten. Wenn man sie sich immer wieder ins Gedächtnis holt, durch viele Wiederholungen und Aufschrieben, bleiben sie im Hinterkopf und wirken auf unser Verhalten. Verwenden wir solche Sätze dann auch im Alltag, dann beginnen wir sie zu verinnerlichen und danach zu leben. Wir können durch diese bejahenden Worte unsere ganze Lebenseinstellung ändern.

Wie wenden wir Affirmationen am besten an?

Für unseren Geist ist eine Negation nicht relevant. Es ist also wichtig, bei Affirmationen positive Formulierungen zu wählen. Ein kleines Beispiel:

Sagen sie zu sich selbst: "Heute esse ich keine Schokolade" – Was sehen sie vor ihren Augen? Vielleicht eine Tafel Schokolade oder etwas anderes Süßes? Und wo steckt in ihrem Bild das Wort "keine"? Dadurch, dass ihr Geist auf solch eine Vorstellung nicht programmiert ist, stellen sie sich unweigerlich eine Tafel Schokolade vor. So beginnt eher die Lust auf etwas Süßes, obwohl sie eigentlich genau dies vermeiden wollten. Ein innerer Kampf mit dem sogenannten "Schweinehund" entsteht. Und sind wir ehrlich - in diesem Fall gewinnt doch bei aller Liebe die Schokolade.

Versuchen wir deshalb die Formulierung anders aufzubauen: "Heute lasse ich die Schokolade liegen." Sie werden selbst merken, wie sie sich vor ihrem inneren Auge ein Bild hervorholen, in welchem sie die Tafel links liegen lassen können. Sowohl bei unserem eigenen Verhalten als auch bei der Erziehung von Kindern können wir auf dieses Hintergrundwissen bauen. Ich glaube, dass sich dadurch einige Konflikte und zukünftige Verhaltensmuster von Kindern vermeiden ließen.

Nehmen wir an, ein Kind spielt mit der Wasserflasche und man hört nur noch das Knistern der Kunststoffflasche und das geht einem tierisch auf die Nerven. Wie machen wir dem Kleinen verständlich, dass es doch bitte damit aufhören soll? Das typische "Mach nicht so einen Krach" ist viel weniger zielführend, als zum Beispiel: "Stell bitte die Flasche auf den Tisch". Die erste aber typische Aufforderung ist negativ und interpretierbar, während die zweite ganz klar und deutlich eine Aufforderung ohne Negation ist. Das ist nur eines von vielen Beispielen.

Wie sind wir programmiert?

Unsere Erziehung und unser Umfeld beeinflussen unser Verhalten und Denken. Und unser Denken formt unsere Vorstellungen. Oft tun wir also das, was wir jahrelang gelernt haben, manchmal sogar ohne darüber nachzudenken oder es zu hinterfragen.

Wir tun es, weil es immer schon so war, weil es unsere Eltern taten, unsere Freunde und unsere Vorfahren auch. Natürlich hat dieses menschliche Verhalten auch seinen Sinn: Es gibt uns feste Standpunkte im Leben, ohne die wir uns gar nicht weiterentwickeln könnten. Es gibt uns selbst die Möglichkeit, auch mal andere Wege einzuschlagen um auch wieder zurück zu kehren. Eine Art Grundstein, um darauf ein Haus zu bauen oder wie die Mulden in einem Felsen, die es uns Kletterern ermöglichen uns festzuhalten um einen nächsten Griff zu wagen.

Auch, wenn die Welt eigentlich von ständiger Veränderung geprägt ist, sehen wir Menschen oft und vieles wie immer. Dabei ist nichts gleichbleibend. Oft löst eine Affirmation eine Welle aus, die unser ganzes Denken neu programmieren kann. Sie kann uns helfen, wenn wir feststecken oder nicht recht weiterkommen. Wenn wir die Wirkungsweise unserer eignen Worte im Alltag positiv beeinflussen möchten, können wir das nur, wenn wir unsere Wortwahl auch bewusst treffen und uns hin und wieder auf neue Wege trauen.



Wie auch sie zu ihren Affirmationen finden

Sie fragen sich, was geeignete Affirmationen sind und wie sie diese für sich selbst finden? Überlegen sie, was ihnen Mut macht. Fragen sie sich, was im Einklang mit ihren Wünschen und Potentialen steht. Fragen sie sich, was ihnen weiterhilft. Oder auch - so viel Negativität sei gestattet - was sie bisher zurückhält, was sie klein macht und drehen sie das um, formulieren sie die positiven Gegensätze dazu. Geben sie sich etwas Zeit, schlafen sie drüber und schreiben sie geeignet wirkende Sätze auf. Dann sind sie ihren ganz eigenen und wirkungsvollen Affirmationen auf der Spur.

Wir würden gern von ihnen hören, welche Affirmationen für sie funktionieren. Lassen sie es uns und alle anderen Leser einfach hier unten in den Kommentaren wissen! Sie dürfen das!




Weitere Texte von Katrin Hentschel:

Müssen oder Dürfen? Was wir von Kindern lernen können
Erster Klasse zur Endstation Abgestempelt

10. März 2013

Das gute Leben braucht Zeit und Resonanz

Wir hetzen dem guten Leben hinterher und verpassen es gerade dadurch

Warum ich Philosophie studiert habe, werde ich oft gefragt. Ganz einfach: Weil die Kernfrage der Philosophie im Grunde folgende ist: Was ist das gute Leben und wie erreiche ich es? Philosophen antworten darauf meistens, dass es das Denken selbst ist, das das Leben lebenswert macht. Die Liebe zur Weisheit ist daher auch die wörtliche Übersetzung des griechischen φιλοσοφία und des lateinischen philosóphia.

Denken, Weisheit, Besinnung... das bekommt man nur, wenn man die Muße hat, einen Schritt von der Hektik zurücktreten kann, die das Leben oft bedeutet. Warum ist das heute so schwer? Ist es heute überhaupt schwerer, als früher? Im Philosophie Magazin (02/2013) meint der Beschleunigungstheoretiker (was es heute nicht alles gibt!) Hartmut Rosa, dass unsere Gegenwart immer mehr schrumpft und uns daher alles nicht nur immer schneller vorkommt, sondern an uns vorbei rauscht und dabei an Bedeutung verliert. Es fehle uns daher an der für ein gutes Leben nötigen Resonanz. Ist das so und wenn ja, was können wir tun?

Mit Muße und Besinnung die Gegenwart ausdehnen und erleben, dem guten Leben auf der Spur

Die üblichen Verdächtigen wie E-Mail, Handy und Facebook sind schnell ausgemacht und zusammengefasst die "Steigerungslogik des Kapitalismus" genannt. Aber es gibt auch ganz strukturelle Gründe, die uns hetzen lassen, um ein gutes Leben zu haben, das wir genau dadurch dann verpassen.

Das gute Leben als Privatsache

Eine grundlegende und befreiende Erkenntnis unserer westlichen Moderne ist, dass ideologische Konzepte vom guten Leben fast immer gewaltsame Folgen haben, denken wir an die Heilsversprechen von Kommunismus, verschiedener Religionen in verschiedenen Stadien oder allgemein einfach nur die ganz feste Überzeugung einer Gruppe, im Alleinbesitz der Wahrheit eines guten Lebens zu sein. Das geht selten gut aus.

Daher haben wir die Frage nach dem guten Leben individualisiert. Es ist Privatsache eines jeden, zu entscheiden, wie er leben möchte. Das ist eigentlich auch eine gute Idee. Der Haken an der Sache: Wir selbst ganz allein haben oft gar keine Ahnung, was für uns ein gutes Leben sein könnte. Viele suchen ewig nach einer Antwort und noch viel mehr haben nie angefangen, zu suchen. Wir finden gar nicht die Zeit, herauszufinden, was ein gute Leben sein könnte.

Das Versprechen eines schnellen Glücks

In diese Lücke stoßen nun Angebote aus der Gesellschaft: Arbeit macht glücklich, Kinder, Häuser, Autos, essen, reisen und so weiter. Oder denken Sie an esoterische Gurus, die immer für alles eine schnelle Lösung haben. Oft haben die, die solche Glücksmacher vertreiben, zum Beispiel über Werbung die medialen Mittel, unsere Suche nach einem guten Leben abzukürzen, indem sie mit ihren Produkten überall um uns herum schnelle Abhilfe versprechen. Wir fangen dann an, angeblich glücklich machenden Karrieren zu folgen, noch größere Fernseher zu kaufen oder Autos, Kredite für Häuser aufzunehmen und so weiter. Alle diese Glücksmacher sind jedoch nur für kurze Zeit wirksam, denn es gibt immer was neues, besseres, schnelleres oder größeres. Auch wir selbst haben immer das Gefühl, dass wir uns ständig weiter entwickeln müssen, um den anderen einen Schritt voraus zu sein oder die nächste Herausforderung im Leben zu meistern.

Und weil das gute Leben nun eben die Privatsache jeder einzelnen Person ist, verstehen und verhindern wir als Gesellschaft gar nicht mehr die Zwänge und Entfremdungen, die unsere Leben weg führen, von dem was vielleicht besser wäre. Denn es ist eben nicht mehr die Aufgabe der Gesellschaft, ein gutes Leben zu ermöglichen. Das muss schon jeder selbst machen. Aber anstatt zu pausieren und herauszufinden, was gut für uns ist, rennen wir den immer schneller werdenden Versprechen anderer hinterher.

Resonanz und Antworten über Facebook hinaus

Auf die Frage, was ein gutes Leben ausmacht, sagt Hartmut Rosa: "Das Wesentliche ist, eine gelingende Weltbeziehung entwickeln zu können. Es geht also ganz zentral um Resonanz" (Philosophie Magazin, 02/2013, S.57). Dabei reicht die Resonanz nicht aus, die wir bekommen, wenn wir eine Statusmeldung bei Facebook absetzen und auf die Likes und Kommentare warten. Zwar sind Facebook und andere soziale Möglichkeiten des Internets genau wegen dieser Resonanz so verführerisch, aber um ein gelingendes Leben zu führen, benötigt man einiges mehr von seiner Umwelt.

Rosa prägt das Bild von der "antwortenden Welt": Mein Wirken in der Welt, wird mich vor allem dann erfüllen, wenn es Antworten provoziert, wenn es ein Echo gibt, eine Resonanz. Wir benötigen die Anerkennung unserer Mitmenschen, der Gesellschaft, unserer Lebensgefährten und Kollegen, um ein vollständiges Ich-Gefühl zu entwickeln.

"Resonanz stellt sich nicht durch das Machen, das Beherrschen ein, sondern durch das Öffnen, durch das Offenwerden für etwas."  (Philosophie Magazin, 02/2013, S.58)

Das Antworten der Welt werden wir allerdings nur dann vernehmen, wenn wir auch hinhören, wenn wir offen sind für die Reaktionen unserer Mitmenschen und uns die Zeit nehmen, sie nachklingen zu lassen. Genauso benötigen wir Zeit, um auf andere zu reagieren, die auch auf Resonanz angewiesen sind. Wir nennen das schlicht zwischenmenschliche Beziehungen: Dem anderen Raum und Zeit geben, auf ihn zu reagieren und ihm die Zeit zu geben, auf mich zu ragieren. Nicht selten schaltet sich unsere Ungeduld dazwischen, etwas vom anderen zu bekommen, wenn wir ihn als bloßes Mittel zum Zweck begreifen. Eine Beziehung mit Resonanz wird sich darauf allein nicht gründen lassen.

Das Verstummen der Welt

Rosa meint, dass Menschen am Arbeitsplatz krank werden, weil die Anerkennung, die Resonanz, die Antwort fehlt. Das passiert dann, wenn immer schneller immer mehr abgeliefert wird, ohne dass etwas zurückkommt, ohne dass man den Fortschritt und die guten Folgen der eigenen Arbeit noch sieht. Dieses Muster lässt sich auf alle Lebensbereiche übertragen. Auf unsere Freizeit, wo wir vielleicht mit Kopfhörern ausgestattet auf dem Fitnessbike strampeln und dabei auf den Flachbildschirm vor uns starren. Oder im Urlaub: Wenn wir durch die Museen rennen, um alles (aber auch wirklich ALLES) zu sehen, dann nehmen wir uns nicht die Zeit, zu beobachten, genau hinzuhören und zu entdecken, was der fremde Ort oder das Gemälde uns sagen könnten. Es lässt sich auch auf die Beziehungen zwischen Liebenden übertragen, wie wir oben gesehen haben. Unser konsumistisches Verhältnis zur Welt führt zu ihrem Verstummen uns gegenüber.

Wo gehts lang zum guten Leben?

Wir müssen uns die Zeit nehmen, geduldig hinzusehen, genau zuzuhören, in Gänze und Detail zu erfassen, was die Welt und unsere Mitmenschen zu bieten haben. Hartmut Rosas sieht ziemlich optimistisch die folgende Alternative:

"Die Geschwindigkeiten, die Dynamik des sozialen Systems wieder auf ein für den Menschen gutes, human verträgliches Maß zu reduzieren. Die Frage sollte also nicht sein: Wie schnell können wir werden? Sondern: Was ist gut für uns? So gibt es wenigstens die Hoffnung, dass man auf dem Wege philosophischer Reflexion vielleicht doch noch dazu beiträgt, dass ein Systemwechsel stattfindet." (Philosophie Magazin, 02/2013, S.59)

Ich bin da weniger optimistisch, dass wir das als Gesellschaft mittelfristig hinbekommen. Dazu sind wir viel zu fasziniert vom Fortschritt, vom ewig neuen und außerdem wirtschaftlich zu sehr abhängig davon, immer schneller und effizienter zu werden. Hoffnung macht mir vor allem, dass immer mehr einzelne Menschen wie du und ich begreifen, dass sie mit dem Hetzen, dem Streben, dem Besitzen aufhören müssen, weil sie nämlich die Welt nicht mehr sehen und hören, sondern ständig an ihr vorbei eilen. Wir verstehen immer mehr, dass wir mit dem bewussten Leben anfangen müssen und wir sind bereit, dem Zeitgeist etwas entgegen zu setzen und auf manches zu verzichten, wenn wir dadurch nur mehr Zeit bekommen. Wir wollen das Leben erkennen und verwirklichen, das für uns und unsere nächsten gut ist und das lässt sich nicht auf materiellen Reichtum reduzieren. Ist das der Weg, auf dem wir doch noch zu uns selbst finden? Welche Chancen sehen Sie?



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