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1. August 2025

Angst und autoritäre Persönlichkeit

Warum wir Grausamkeit wählen

Wenn die Herabsetzung anderer wichtiger ist, als gute Politik und die eigene Lebensqualität 

Immer wieder kratze ich mir am Kopf, weil ich nicht verstehe, wieso so viele Menschen solchen clownesken Autokraten und Möchtegerndiktatoren wie Orban, Le Pen oder Trump hinterher laufen oder warum sie Parteien wie die AfD wählen, die durch grausame Sprache auffallen, immer nur andere herabwürdigen und in alle Richtungen bittere Galle versprühen. Das ist doch höchst unattraktiv! Wenn man dann noch beobachtet, dass die eigentliche Politik dieser Autokraten den Unterstützern eher noch schadet (siehe Abschaffung von Sozialleistungen und das Ruinieren der Wirtschaft etc.), dann bin ich komplett ratlos.

Da diesem Phänomen mit philosophischen und politischen Analysen schon gar nicht beizukommen ist, wird es Zeit für ein bisschen Psychologie und Soziologie. Ganz knapp zusammengefasst: die tragisch-grausamen Clowns werden nicht trotz, sondern wegen ihrer Grausamkeit gewählt. Aber warum wählen wir Grausamkeit überhaupt?

 
Was die Wähler sehen wollen: "Illegal aliens are returned to Ecuador" (DoD, Public Domain*)

3. Juli 2025

Die Brutalität der Kettensäge

Wenn sich das Böse selbst ganz schamlos zeigt 

Auf der Fête de la Musique sprach ich mit einem Freund aus Frankreich, der sich beeindruckt zeigte, dass ich im Osten Deutschlands aufgewachsen war und dennoch irgendwie ein normaler Mensch geworden zu sein schien. Er meinte, dass doch das DDR-Regime nicht viel besser gewesen sein konnte, als das sogenannte "Dritte Reich" zuvor. Dazu gäbe es einiges zu sagen, das einen Vergleich generell disqualifizieren würde, aber meinem französischen Freund ging es um die Frage, was eigentlich der große Unterschied war.  

Gesten der Brutalität in der Politik. Foto von Gage Skidmore (CC BY-SA 2.0)

21. Mai 2025

Die wirtschaftliche Selbstverstümmelung der Rechten

Wieso zerstören rechte Populisten die Wirtschaft ihrer eigenen Länder?

Ich gehöre zu der Fraktion, die sagt: bloß nicht Parteien verbieten, lass sie sich selbst mal in den politischen Ebenen abmühen und sie werden schon zusammengeschrumpfen. Dagegen gibt es gute prinzipielle Argumente, z.B. dass man natürlich die Player disqualifizieren muss, die sich nicht an die Spielregeln halten, sonst geht das Spiel selbst bald kaputt. Oder auch empirische Belege wie Ungarn, das an den Zitzen der EU weiter hängt, was Orban ermöglicht, mit den EU-Geldern die Fassade einer gelingenden Wirtschaftspolitik zu erhalten.

Dennoch lässt sich auch für meine Position einiges in Stellung bringen, z.B. sehen wir gerade, wie nach dem Brexit der britischen Populisten, die inzwischen wegen der Brexit-Folgen und ihrer Inkompetenz abgewählt wurden, nun die US-Amerikanische rechtspopuläre Regierung ihre eigene Wirtschaft ruiniert. 

Tariffs eat Dolls: Brauchen amerikanische Kinder so viele Puppen?
 

14. Februar 2025

Demokratie, Absurdität und Depression

Und das Leben für sein Teil? War
es vielleicht nur eine infektiöse
Erkrankung der Materie...?

Das geht vorüber!

Das Jahr 2024 war gesellschaftlich gesehen aus meiner Perspektive überraschend (Faschismus ist plötzlich "weird" und "cringe"), tragisch (Der Präsident ist jetzt ein König) bis katastrophal (Warum der Populismus immer siegt). 

 

"Es ist mit der Selbstverständlichkeit der Demokratie in aller Welt eine zweifelhafte Sache geworden." (Thomas Mann 1938)
 

Viele von uns, um Demokratie und Frieden besorgte Menschen, schauen mit Grausen zurück in die Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. Dazu wird dann Thomas Manns hundertjähriger Roman Der Zauberberg gelesen, aus dem die oben zitierte nihilistische Frage stammt und schon sehen wir die gespenstischen Wiedergänger der Apokalypse, wie sie uns aus den zwei Weltkriegen bekannt sind. Wir merken ja auch, wie die als garantiert gefühlten Rahmenbedingungen wie Demokratie, Sozialstaat, NGOs oder die Garantie auf territoriale Unversehrtheit souveräner Staaten plötzlich bröckeln. Das kann schon Angst machen. Fragen, die sich stellen sind z.B.:

25. November 2024

Warum der Populismus (immer) siegt

Ein Artikel von Erich Feldmeier

Prolog 

"Zugleich tragen viele Demokraten ihre vermeintliche moralische Überlegenheit in unerträglicher Arroganz vor sich her. Ihre Selbstgerechtigkeit ist oft atemberaubend, und dass die Demokraten in der Mitte des Landes kein Bein auf den Boden kriegen, liegt daran, dass sie absolut keine Ahnung haben, was die Menschen dort bewegt“ (Trump wird zurückkommen, SZ, 12.12.2021)

2. Oktober 2024

Warum die Demokratie demontieren?

Was wollen reaktionäre Populisten letztlich eigentlich erreichen?

In seinem Buch „Why Liberalism Failed“ aus dem Jahr 2018 argumentiert der katholische und erzkonservative Philosoph Patrick Deneen, dass der Liberalismus, also die freiheitliche moderne Demokratie, zwangsläufig selbstzerstörerisch sei. Ein politisches System, das auf der Ausweitung individueller Rechte und Autonomie beruhe, werde letztlich die kollektiven Institutionen – wie Familie, organisierte Religion und lokale Gemeinschaften – untergraben, die das politische Leben überhaupt erst ermöglichen.

Diese Analyse ist ja erst einmal ganz eingängig und intuitiv. Das ist eben ein konservativer Gedanke, der auch der Skepsis vieler konservativer Politiker und deren Wählern zugrunde liegen könnte. Die sich anschließende Frage wäre, wie kommt man zu einer Balance durch Austarieren "individueller Rechte und Autonomie" gegenüber den "kollektiven Institutionen – wie Familie, organisierte Religion und lokale Gemeinschaften [...] die das politische Leben überhaupt erst ermöglichen"?

10. August 2024

Faschismus ist plötzlich "weird" und "cringe"

Nachdem sich Joe Biden monatelang an Trumps Faschismus erfolglos die Dritten/Zähne ausgebissen hat, indem er raunte, es gehe in der nächsten Wahl darum, die Demokratie zu retten, kommt der bisher weithin unbekannte Gouverneur von Minnesota Tim Walz und nennt die Republikanischen Amtsanwärter Donald Trump und JD Vance einfach "weird". Das klingt milde, leicht lustig und gar nicht so gefährlich... Und es verfängt! Die Republikaner stehen plötzlich – obwohl dieser Platz historisch den Demokraten zukam – als übergriffig und damit inkompatibel zum Bevölkerungswillen da. Warum?

Crazy/Childless Catlady – eine Obsession der Rechten im US-Kulturkampf (© The Simpsons)
 

Weird ist ein Wort, dass im Deutschen so etwas wie "seltsam", "schräg" bis hin zu "unheimlich" bedeuten kann. Ursprünglich kommt es aus dem Germanischen und bedeutet so etwas wie "unheimliches Schicksal". Es gibt "good weird" und "bad weird". Commedians beispielsweise müssen "weird" sein, damit sie nicht einfach nur lustig, sondern auch originell und provokant sind. Wenn Politiker oder ihre Programme "weird" sind, dann geht das eindeutig in die Richtung "creepy", also "seltsam", "unheimlich" bis "verstörend". In Deutschland fällt einem vielleicht Armin Laschet ein, der als Politiker in seiner 60-jährigen Unreife irgendwie harmlos seltsam war. Unheimlich seltsam sind dann für mich so Leute wie Björn Höcke mit seinem rechtwinkligen HJ-Scharm oder Beatrix von Storch mit ihrer seltsamen Fixierung auf Menschen mit anderen sexuellen Orientierungen und Identitäten.

6. Juli 2024

Der Präsident ist jetzt ein König

Es ist wirklich kein Scherz: die Diktatur kann kommen und sie wird mit Trump kommen, wenn er die Wahl gewinnt

Supreme Court Richterin Sonja Sotomayor: "Bei jeder Ausübung offizieller Macht ist der Präsident jetzt ein König, der über dem Gesetz steht."

(Alle Artikel dieser Serie: Politik in den USA)

Supreme Court Richterin Sonia Sotomayor (r): "Mit Angst um unsere Demokratie widerspreche ich."
 

In einem vorherigen Artikel schrieb ich, wie langweilig die vor dem US Surpreme Court liegende Frage sei, ob ein Ex-Präsident absolute Immunität haben soll. Ich habe mich geirrt. Für mich, wie für die meisten Beobachter dieser Auseinandersetzungen stand fest, dass diese Frage nicht wirklich eine alternative Antwort als "nein" hervorrufen kann. Folgende gute Gründe fallen einem sofort ein:

11. Mai 2024

Radikale Christen und sexsüchtige Superhelden

Die Perversion protestantischer Tugenden im weißen Evangelikalismus

Die Trumps beten in der Redemptor Hominis Church (White House, Public Domain)

Das Unchristliche wird zum Über-Christlichen

Christliche Werte stehen hoch im Kurs in dem Land, in dem sich 65% der Einwohner an die christlichen Religionen gebunden und nur 27% der Menschen sich nicht religiös gebunden fühlen. Diesen christlichen Werten als fehlbarer Mensch gerecht zu werden, ist nicht leicht.

"Ich habe viele Frauen voller Lust angeschaut. Ich habe in meinem Herzen schon oft Ehebruch begangen." (Top 10 Unfortunate Political One-Liners, Time.com)

Wegen dieses Satzes in einem Interview im Jahr 1976 verlor der damalige US-Präsidentschaftskandidat Jimmy Carter beinahe die Wahl.

"Ich fange einfach an, sie zu küssen. [...] Ich warte nicht einmal. Und wenn du ein Star bist, lassen sie dich. [...] Pack sie an der Muschi. Du kannst tun, was du willst." (Trump Watching Access Hollywood Tape During E. Jean Carroll Deposition, YouTube)

Trotz (oder wegen?) dieses Satzes in einem Interview 2005, das kurz vor der US-Präsidentschaftswahl 2016 veröffentlicht wurde, gewann Donald Trump die Wahl und wird von Anhängern sogar als von Gott gesandt beschrieben. Inzwischen ist dieser Mann auch wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt und steht wegen Verschleierung von Wahlkampffinanzierung im Zusammenhang mit zwei außerehelichen Affären mit Pornstars vor Gericht. Und dennoch steht es um seine Wiederwahl nicht schlechter als 2016 und 2020. Stellen wir uns vor, sein politischer Gegner (z.B. Joe Biden) wäre wegen solcher Dinge angeklagt und von Skandalen und Vorwürfen umgeben... Niemals hätte so jemand eine Chance, Präsident zu werden.

24. März 2024

Die verletzliche Demokratie wehrt sich doch

"Mit Tyrannei meine ich eine Situation,
in der ein Einzelner oder eine Gruppe genug
Macht erlangt hat, um den Rechtsstaat zu umgehen."
(Timothy Snyder)

Populismus ist, wenn Milliardäre betteln gehen müssen

Ein angeblicher Milliardär versucht in diesen Tagen eine halbe Milliarde Dollar aufzutreiben und als Kaution zu hinterlegen, damit er das gegen ihn ergangene zivilrechtliche Urteil wegen Finanzbetrugs in einem Revisionsprozess anfechten kann. Es scheint so, als sei Donald Trump gar kein Milliardär oder zumindest kein liquider Milliardär. Nun geht er betteln: bei befreundeten Versicherungsunternehmern, bei Elon Musk, bei seiner Familie, bei ausländischen Machthabern – irgendwer muss ihm doch die halbe Milliarde borgen können. 

Trump Mug Shot (Fulton County Sheriff's Office)

Trump schreibt sogar seine Wähler an, dass sie ihm kleine und große Summen überweisen sollen, damit er nicht seine Golfclubs und Hochhäuser liquidieren muss. Der Milliardär bettelt bei den Ärmsten in seinem Land, damit er ein reicher Mann bleiben kann. Aber er ist wirklich in einer prekären Lage, in die er sich selbst gebracht hat. Man hat ausgerechnet, dass er täglich ca. $ 200.000 an Anwalts- und Verfahrenskosten anhäuft. Und niemand will ihm mehr helfen, denn Trump ist bekannt dafür, dass er seine Schulden nicht zurückzahlt. Morgen läuft die Frist für die Kaution aus und danach wird die Staatsanwaltschaft anfangen, seine Immobilien zu konfiszieren.

Als eine weitere vielleicht helfende Maßnahme gegen die eskalierenden Rechtskosten hat Trump seine Schwiegertochter in den Vorstand des Republikanischen Nationalkommittees (RNC) gesetzt, um die dort eingetriebenen Wahlkampfgelder direkt an ihn durchzuschleusen. So muss er die Anwalts- und Gerichtskosten nicht aus seiner eigenen Tasche bezahlen. Schon eine starke Nummer in einer Demokratie. Stellen wir uns vor, dass er wirklich von Elon Musk oder den saudischen Machthabern eine halbe Milliarde Dollar erhält, damit er doch noch Präsident wird... Ein Präsident, gekauft von einem Tech-Milliardär oder einem fremden Staat? Das klingt nach einer vielversprechenden Amtszeit – zumindest für die, die ihn dann in der Tasche haben. 

12. Januar 2024

Der Mann auf dem Weg ins Gefängnis oder ins Weiße Haus

Reaktionen eines demokratischen Rechtsstaates auf seine drohende Abschaffung

Wir leben in einer Zeit, in der Demokratie sich wieder bewähren muss. Man sieht es überall, auch bei uns an den immer größer werdenden antidemokratischen Rändern. Am deutlichsten sieht man es aber gerade dort, wo vor dem Verfassungsgericht (Supreme Court der USA) die Frage geklärt werden muss, ob ein Präsident im Amt einfach seinen politischen Gegner umbringen lassen darf. Dass diese Frage überhaupt im Raum steht, ist einfach atemberaubend und zeigt, wie prekär die Lage ist. Donald Trump, ehemaliger und hoffnungsfroher zukünftiger Präsident der USA meint jedenfalls, dass ihm ein solches Recht zustünde. Ob er dieses "Recht" auch dem derzeitigen Präsidenten Joe Biden zugestehen würde?

Screenshot aus Alex Wagner Tonight, 10.01.2024


Wie geht's weiter mit Donald Trumps zahlreichen Gerichtsverfahren, in denen er unter anderem der "Verschwörung, andere an der Ausübung ihrer verfassungsmäßigen Rechte zu hindern, nämlich der Rechte, ihre Stimme abgeben und rechtmäßig zählen zu lassen zu können" angeklagt wurde (United States of America v. Donald J. Trump, Defendant)? 

Es geht hier nicht um Trump als Person, sondern um diesen historisch einmaligen Zeitpunkt, an dem wir uns befinden und an welchem sich in der mächtigsten Demokratie der Welt entscheiden wird, ob sie eine Demokratie bleiben kann. Nicht oft hat man im Leben das (Un-) Glück, solchen historischen Momenten beizuwohnen und sie in Echtzeit analysieren zu dürfen. Let's go.

3. Dezember 2023

Küsst du mit diesem Mund auch deine Mutter?

Anstand, Tugend und Würde in der Öffentlichkeit

Kaiser Nero: Man-child, Gopnik, Peter Pan (Abraham Janssens van Nuyssen: Nero, Ausschnitt)

Wir kennen alle die Geschichte vom Kaiser Nero als größenwahnsinnigen Tyrannen, der lasterhaft und mit Grausamkeit das antike Rom beherrschte. Inspiriert von Neros Niederbrennens seiner eigenen Stadt, wies Adolf Hitler am Ende des zweiten Weltkrieges mit dem sogenannten "Nerobefehl" die Zerstörung der deutschen Infrastruktur an. Wir alle haben sicher auch schon von Iwan dem Schrecklichen gehört, der schon als Kind durch Sadismus gegenüber Tieren auffiel und später seinem Volk Massenhinrichtungen, grausamste Foltermethoden und andere Grausamkeiten wie diese zukommen ließ:

"Einmal ließ er einen Fürsten in ein Bärenfell einnähen und auf das Eis bringen. Als seine großen Hunde den vermeintlichen Bären in Stücke rissen, belustigte der Zar sich so sehr, dass er vor Freude nicht wusste, auf welchem Bein er stehen sollte." (Peter Petrejus: Historien und Bericht im Großfürstenthumb Muschkow. Leipzig 1620 – Wikipedia)

Ich glaube, diesen historischen Figuren wurde in Games of Throns die Figur King Joffrey (Baratheon) gewidmet. Ein tyrannisches und grausames Kind mit absoluter Macht über ein ganzes Königreich und seine beklagenswerten Einwohner.

29. September 2023

Gesellschaftlicher Fortschritt und Überforderung

Ich würde mich einen progressiven Konservativen nennen (man könnte auch "Grünenwähler" dazu sagen). Gesellschaftlicher Fortschritt ist mir unheimlich wichtig, denn das ist es schließlich, was es heißt, Mensch zu sein, Kultur zu haben. Und das Bewahren ist mir ebenso wichtig, angefangen vom Bewahren der Natur über Bewahren der Demokratie und auch das Bewahren von Umgangsformen, Höflichkeit und Tugenden.

Ernst Thälmann Denkmal im Ernst-Thälmann-Park Berlin-Prenzlauer Berg. Aufgenommen kurz nach einer Säuberungs-Aktion, daher ohne Graffiti
Was ist gesellschaftlicher Fortschritt und wo geht's jetzt lang? (Bildlizenz: CC BY-SA 4.0 Deed)

Was ist denn gesellschaftlicher Fortschritt?

"Fortschritt bezeichnet die in einer Folge von natürlichen, kulturellen oder politischen Ereignissen nachträglich erkannte, für die Gegenwart angenommene oder für die Zukunft erhoffte Entwicklung von Zuständen zum Besseren hin." (Staatslexikon, Volker Gerhardt)
In meiner Interpretation ist gesellschaftlicher Fortschritt die Bewegung weg von allen vermeintlich "natürlichen" und hierarchischen Herrschaftsformen ("Recht des Stärkeren", "Gnade der Geburt") und die Bewegung hin zur Inklusion aller und v.a. auch benachteiligter Menschen, die Ausweitung partizipativer Möglichkeiten von "Randgruppen", Minderheiten und "Misfits". Immer dort, wo Stereotype aufgelöst werden und Restriktionen aufgrund von persönlichen Merkmalen abgebaut werden, ist gesellschaftlicher Fortschritt. Beispiele:

  • Abschaffung von Sklaverei
  • Ausweitung des Wahlrechts
  • Recht auf Asyl
  • Ehe für alle 
  • Barrierefreiheit
  • Gleichberechtigung von Frau und Mann 
  • Aufspüren und Beseitigen von strukturellem Rassismus
  • Selbstbestimmung über das eigene Leben und den eignen Körper
  • Bewusstwerden und Veränderung von zuvor unbewussten Vorannahmen

5. August 2023

United States of America v. Donald J. Trump, Defendant

Ein politisches Theater, ohne das die Demokratie einpacken müsste

Zum ersten Mal in der Geschichte der USA wird ein ehemaliger Präsident von einzelnen Bundesstaaten wie Georgia oder New York und vom Staat USA selbst wegen krimineller Handlungen während seiner Amtszeit angeklagt. Zum ersten Mal mussten wir das Spektakel sehen, dass einem kürzlich abgedankten Präsidenten in einem Washingtoner Gericht die Fingerabdrücke genommen und ihm seine Rechte vorgelesen wurden. Was für ein Theater! Und so beginnt die Anklageschrift gegen den früheren Präsidenten:

"Der Angeklagte, DONALD J. TRUMP, war der fünfundvierzigste Präsident der Vereinigten Staaten und ein Kandidat für eine Wiederwahl im Jahr 2020. Der Angeklagte verlor die Präsidentschaftswahl 2020. Trotz seiner Niederlage war der Angeklagte entschlossen, an der Macht zu bleiben."

Was geht uns das an?

Wenn ich mich mit Freunden und Bekannten hier in Deutschland über die historischen Entwicklungen unterhalte, die wir gerade in den USA beobachten können, dann sehe ich zum Teil Desinteresse oder auch Hoffnungslosigkeit. Das ist verständlich, denn wir haben unsere eigenen politischen Herausforderungen. 

Ich sage es mal so klar wie ich es empfinde: Die USA kämpfen gerade um ihre Zukunft als Demokratie und damit um ein Fortbestehen als eine fundamentale Macht, die der politischen Weltordnung eine gewisse Stabilität gibt. Als Beispiel: Stellen wir uns vor, welchen Vorteil Russland in seinem Angfriffskrieg auf die Ukraine gehabt hätte, wenn nicht Joe Biden, sondern Donald Trump regiert hätte, der die Nato sowieso abschaffen wollte und Selenskyj und die Ukraine schon vor dem Krieg in seinem ganz persönlichen Interesse erpresste (wofür er ja auch impeacht wurde).

Mit anderen Worten, was in den USA passiert, ist schon in ganz praktischer Hinsicht relevant für uns und es hat eine noch andere, vielleicht größerer Relevanz: Wenn die USA von der Demokratie in die Autokratie rutschen, dann könnte damit die gesamte Machtbalance zwischen Demokratien und anderen Staatsformen ins Rutschen kommen. Staatsformen wie die in China, in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder in Russland bekämen einen mächtigen Aufwind und Marine Le Pen, Orbán, Giorgia Meloni und andere wüssten das mit Sicherheit auszunutzen, z.B. um die EU wieder abzuschaffen.

Nur noch einmal zur Einordnung, worum es diesen demokratiefeindlichen Kräften geht: Sie wollen zurück in eine Welt, die nicht durch Institutionen auf nationaler und übernationaler Ebene reguliert ist, weil sie dann ihre eigenen Interessen auf Kosten von Sicherheitsstandards, Arbeitnehmerrechten, Klima- und Umweltschutz, Frieden in der Welt, Menschenrechten usw. schrankenlos durchsetzen können.

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